Nachlass vom Großvater

Begonnen von Hanseat, 21. September 2005, 18:52:47

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Hanseat

Hallo Forum,
über "andere Hobbies" bin ich nun hier gelandet und stelle Euch einige Aufzeichnungen meines Großvaters rein.
Unter
http://www.sucherforum.de/index.php?topic=12397.0
gibt es die Vorgeschichte
Viele Grüße
Hanseat

Hanseat


Hanseat


Hanseat


Hanseat

Hallo,
klappt das problemlos mit dem runterladen. Hatte bislang noch keine pdf. hier in das Forum gestellt !
Viele Grüße
Hanseat

Ruebezahl

Grüße aus Ostfalen
Ruebezahl

"Große Erfolge sind weniger spürbar als persönliche Vorteile"
Napoleon Buonaparte

Hanseat

Hier mal etwas zum schmunzeln:

Zeitraum: Hindenburg-Regiment

..........   An diesem Tage spielte übrigens noch eine andere Geschichte, die erst in der gleichen Nacht ihren Abschluss fand. Am Vormittage hatten wir alle drei Schröder, Kalff und ich mal wieder so auf unserem Lager gelegen, dösig an die Decke gestarrt, von der bei jeder kleinen Erschütterung der feine Sand herunter rieselte und uns dabei vor Augen geführt, dass heute am 2. Oktober der Geburtstag des Feldmarschalls Hindenburg, unseres berühmten Regimentschefs sei. Ob er uns wohl was schenken würde ? Kaum anzunehmen !

   Plötzlich hatte das Telefon geklingelt, ich nahm es in die Hand und meldete mich:
   "Hier drittes Bataillon!"
   "Adjutant für Herrn Major!"
   "Selbst am Apparat, hier Oberleutnant Tröbst!"
   "Bitte am Apparat bleiben!" schallte es zurück. "Kliff, bleiben Sie ruhig liegen, ich werde selbst mit dem Kommandeur sprechen, wird wohl nichts besonderes sein!"
Einige Augenblicke vergingen.
   
   "Hier Major Beerbohm, Kommandeur Infantrie Regiments Generalfeldmarschall von Hindenburg" scholl es plötzlich feierlich aus weiter Ferne, "sind die Adjutanten alle am Apparat?"

   "Jawohl Herr Major!" – "Jawoll Herr Major!" – "Jawoll Herr Major!" liessen sich drei diensteifrige Stimmen vernehmen.

   "Was heisst "Jawohl Herr Major!" melden Sie sich gefälligst mit ihrem Namen meine Herren!" – Aha! Beerbohm hatte augenscheinlich schlechte Laune! Na denn schön!

   Hier Leutnant von Busekist, Adjutant erstes Bataillon von Hindenburg
   Hier Leutnant Schwieger, Adjutant zweites Bataillon von Hindenburg
   Hier Oberleutnant Tröbst, Führer drittes Bataillon von Hindenburg.

   "Sehn Sie meine Herrn, warum nicht gleich so?" liess sich die Stimme unseres Herrn und Meisters wieder vernehmen. Der Name "Hindenburg" dreimal hintereinander hatte anscheinend seine besänftigende Wirkung ausgeübt.

   "Also" fuhr die Stimme aus der Ferne fort, "also meine Herrn, hören Sie mal her. Etwas sehr wichtiges! Verstehen Sie mich, etwas sehr wichtiges! Notieren Sie, aber gleich. Machen Sie sich Notizen. Stichworte. Also passen Sie auf: "Das III. Garderegiment zu Fuss, dessen Chef Hindenburg ja auch ist, hat heute unserem Regiment einen Glückwunsch telegrafisch geschickt. Ein Gedicht ! Verstehen Sie meine Herrn, ein Gedicht! Und zwar gratuliert uns das Offizierkorps des III. Garderegiments zu der grossen Ehre, die uns S.M. durch die Ernennung des Feldmarschalls zu unserem Chef hat zuteil werden lassen, und es gedenkt am heutigen Tage mit uns des...des...na, wie soll ich mich ausdrücken – also an Hindenburg. Das Gedicht lasse ich jetzt abschreiben und den Bataillonen zugehen. Es ist nun selbstverständlich, dass das Infantrie Regiment von Hindenburg diesem Garderegiment da, eine Antwort schickt, in welcher wir uns für den Glückwunsch bedanken. Und zwar werden wir ebenfalls ein Gedicht schicken. Was die können, können wir schon lange. Und zwar muss das Gedicht noch heute weg. Und jetzt kommt also das, was ich Ihnen sagen will. Haben Sie mich bis jetzt verstanden?

   "Jawohl, Herr Major!" – Jawohl, Herr Major!" – "Jawohl Herr Major!"
"Also, dann passen Sie auf! Die Bataillone werden jetzt sofort einen Bataillonsbefehl erlassen, wonach  j e d e r  Offizier, hören Sie mich? – je.....der.....Offi.....zier, einschliesslich der Adjutanten, sofort ein Gedicht zu machen hat. Ich sage ausdrücklich auch die Herrn Adjutanten, damit Sie sich nicht darum drücken, und denken Sie hätten das nicht nötig. Meine Herrn, haben Sie mich verstanden?"

   "Jawohl Herr Major!" –"Jawohl Herr Major!" – "Jawohl Herr Major!"

   "Diese Gedichte sind dann von den Bataillonen einzusammeln, zu prüfen und mir das beste bis sieben Uhr Abends durch einen Meldereiter zu schicken. Was in dem Gedicht drin zu stehen hat, das müssen Sie natürlich allein wissen, das ist nicht meine Sache, Ihnen das auseinanderzuklauben. Also bis sieben Uhr Abends habe ich von jedem Bataillon ein Gedicht. Noch eine Frage meine Herrn?"

   Man hörte am Apparat Stimmengemurmel, anscheinend begannen die andern schon zu dichten. Ich wagte eine schüchterne Frage:

   "Verzeihen Herr Major, was soll denn aber geschehen, wenn nicht jeder Offizier dichten kann?"

   "Das ist mir ganz pi-pa-peh, mein Lieber! Wenn ich sage, jeder Offizier macht sofort ein Gedicht, dann macht er eben eins. Das wäre ja noch schöner, das ist bei den Preussen immer so gewesen, was befohlen wird, wird gemacht. "Jawohl Herr Major!" – "Sonst noch einer der Herrn eine Frage? Nein? Dann danke ich sehr......Schluss!"

   Schluss!...Schluss!...Schluss!

   Beerbohm verschwand vom Apparat, die Leitungen blieben noch einen Augenblick zusammengekoppelt, sodass ich mich mit meinen beiden andern Kollegen unterhalten konnte.

   "Halloh! Busekist! Schwieger! Sind Sie noch da?

   Jawoll! Jawoll! Hier! Hier!

   "Also was sagen Sie denn zu der Kiste? Haben  S i e  schon mal gedichtet ?"
"Nee!" antworteten zwei Stimmen mit ehrlichster Überzeugung. Und der brave Schwieger fügte mit Entrüstung hinzu: "Na so was! Ik lese überhaupt grundsätzlich keine Gedichte in der Zeitung, wie soll ich da eins machen? Ich mache keins und wenn sich Beerbohm auf den Kopf stellt." Und wie.......

   "Wird noch gesprochen?...Wird noch gesprochen?...Trenne! Trenne!...........

   Hm! Ich nahm den Hörer vom Ohr und sah einen Augenblick tiefsinnig an die Decke....... Richtig! Beerbohm hatte ausdrücklich befohlen, dass die Adjutanten auch dichten sollten. Von den Kommandeuren hatte er nichts gesagt. Ergo konnte ich mir die Entwicklung des Dramas von weitem ansehen. Wenn ich bis jetzt zwar auch Adjutant des II. Bataillons gewesen war: "Meine Herrn! Jetzt war ich König!" Und das Recht der Könige besteht ja bekanntlich immer darin unangenehme Aufträge pp. Den ebenso langen aber sicher zum Ziele führenden "Dienstweg" herunterpurzeln zu lassen.

   Ich wälzte mich auf meinem Lager etwas seitlich: "Also hören Sie mal zu, Cliff, Beerbohm hat mir da eben einen sehr ehrenvollen Auftrag für Sie übermittelt. Irgendeiner muss dem Kommandeur erzählt haben, dass Sie sehr gut dichten können.........

   "Was?...Ich?  Dichten? Unterbrach mich Kalff beleidigt.

   "Faktisch! Das sind seine eigenen Worte. Er wüsste, dass Sie sehr gut dichten könnten, ausserdem wären Sie Adjutant und Sie sollten also jetzt sofort ein Gedicht machen. Das III. Garderegiment zu Fuss hat heute dem Regiment ein drahtliches Glückwunschtelegramm geschickt und uns zu Hindenburg gratuliert, dafür wollen wir uns poetisch, so nennt man das ja wohl, bedanken und die drei Bataillonsadjutanten haben also vom Major den ehrenvollen Auftrag bekommen, je ein Gedicht zu verfassen und das beste will Beerbohm dann einreichen. Bis heute Abend um sieben muss er es haben. Sie haben also noch reichlich drei Stunden Zeit. Am besten ist es wohl, wenn Sie gleich anfangen, man kann nie wissen, was einem beim Dichten so alles dazwischen kommen kann!"

   Kalff richtete sich auf seinem Lager etwas auf und starrte mich ziemlich verblüfft an.

   "Tatsächlich lieber Kliff! Es ist so, ich mache keine Witze, es ist mein voller Ernst."

   "Aber Herr Oberleutnant, ich kann beschwören, ich habe in meinem Leben noch nie gedichtet, ich habe überhaupt keine Ahnung, wie man so etwas anfängt!"

   "Ach wissen Sie, das ist doch weiss Gott nicht schwer! Sie machen einfach so ein Ding von vier Teilen, länger nicht, denn es soll ja als Telegramm weggehen. Also Ode oder so etwas ähnliches brauch es nicht zu werden. Je zwei Zeilen machen Sie dann immer so, dass sie sich reimen, am Ende versteht sich, das ist das ganze Kunststück. Und was drinnen stehen soll, das ist noch einfacher. Das wissen Sie ja selbst am besten. Ausserdem hat Beerbohm noch gesagt, dass wenn Sie als Adjutant nicht damit zu Rande kommen, das Bataillon irgend einen andern Offizier damit beauftragen kann. Aber um sieben Uhr will und muss er das Gedicht haben.

   "Aber Herr Oberleutnant, ich kann beim besten Willen nicht!"
   "Ach Gott, nun machen Sie doch keine Geschichten! Die ganze Sache ist doch bloss halb so wild! Sie brauchen doch nur irgend etwas aufzuschreiben, was sich reimt. Dann kann Beerbohm doch nichts wollen. Ich glaube aber das ganze Reden hat wenig Zweck, Sie müssen allmählich anfangen, sonst wird Beerbohm feindlich!"

   Kallf stöhnte tief auf. "Wissen Sie, Herr Oberleutnant was ich machen werde? Ich werde einfach einen Bataillonsbefehl rausgeben und bei den Kompanien so eine Art Wettbewerb ausschreiben. Termin beim Bataillon in Reinschrift um sechs Uhr. Ich glaube, das ist das gescheiteste!"

   "Mir soll es Recht sein, Hauptsache, ein Gedicht muss mindestens um sechs hier sein, entweder von Ihnen oder von jemand anders!"

   Kallf stürzte an den Apparat, liess sich mit den Kompanien verbinden und verlangte in Form eines kategorischen Bataillonsbefehls die Lieferung eines Gedichtes bis sechs Uhr Abends.

   "So" stöhnte er, als er jedem entsetzten Kompanieführer des langen und breiten die Einzelheiten auseinandergesetzt hatte, "so Kardinal, ich habe das meinige getan! Tut ihr das Eure!"

   Und mit Donnergepolter rollte der Stein des Anstosses , das ominöse Gedicht den Dienstweg hinunter. Mochten die Kompanieführer sich anstrengen und irgend einen Dummen, das heisst einen Dichter ausfindig machen.

   Die Hoffnung bis sechs Uhr im Besitz eines Poems zu sein wurde allerdings reichlich getrübt und beinahe in Frage gestellt. Es vergingen nach jenem Telefongespräch keine 10 Minuten, als von allen Seiten bereits Sturm geläutet wurde. Ein Kompanieführer nach dem andern schwor bei allen Heiligen, dass er weder bisher gedichtet habe noch in dies Laster zu verfallen gedenke.

   "Tja meine Herrn, das tut mir sehr leid, aber Befehl ist Befehl! Ich kann an der ganzen Geschichte auch nichts ändern, im Gegenteil, ich  d i c h t e  seit einer Stunde auch schon! Beerbohm hat die Sache befohlen und Sie wissen wie feindlich er werden kann. Die Kiste ist doch auch so einfach! Sehen Sie mal was reimt sich nicht alles auf Hindenburg"? "Hintendurch" zum Beispiel, das fällt mir eben gerade ein. Oder "unten durch" – ich könnte Ihnen tausend Beispiele nennen. Also versuchen Sie es nur! Ausserdem habe ich zur Zeit für Telefongespräche sehr wenig Zeit, ich muss auch meine Ode an das III. Garderegiment zu Fuss fertig machen. Also um sechs habe ich Ihre Arbeiten, auf Meldekarte, Bleistift genügt. Na – dann also viel Spass! Mahlzeit!

   Neben mir auf seinem Lager lag Schröder, zog sich dauernd an seinem langen blonden Spitzbart und meckerte permanent höhnisch und schadenfroh vor sich hin.

   "Na, wie ists Schröder? Wollen Sie sich nicht auch am Kampf der Wagen und Gesänge beteiligen? Der Befehl gilt nämlich auch für Sie. Kraft meiner "Stellung, Alters und Patente" brauche ich ja glücklich nicht mehr in die Schranken zu treten. Aber das ist doch klar, aus der engeren Umgebung des Führers des II. Bataillons Infantrie Regiments von Hindenburg muss die preisgekrönte Arbeit hervorgehen. Also! En avant Nessieurs!

   Kallf wälzte sich auf die andere Seite: "Ich kann nicht! und Schröder lachte permanent, aber er spielte wenigstens schon mit einem Bleistift. War die Muse bei ihm etwa schon im Anzuge? – Mit grosser Spannung sah ich den kommenden Ereignissen entgegen.

   Kurz vor sechs Uhr erschienen fast gleichzeitig die Melder von den Kompanien. Ich riss die Kuverts auf.

   W.a.a.a.a. s??

   Fünfte Kompanie: "Fehlanzeige betr. Hindenburggedicht."
   Sechste Kompanie: "Fehlanzeige"
   Siebte Kompanie: "7. Kompanie hat keinen Dichter. A.B. Meier Feldwebel.
   Achte Kompanie: "Fehlanzeige!"

Na, da hörte sich doch die Weltgeschichte auf! Das war wirklich die Höhe "Ba".

Kallf, wo ist ihr Gedicht? Die Kompanien haben alle Fehlanzeige gemeldet. Eins müssen wir haben! Kinder! Kinder! Was machen wir bloss ? Ein Königreich für ein Gedicht! Beerbohm hängt ja sich und uns auf, wenn er um sieben das Opus nicht hat.

In diesem Augenblick klang eine Stimme wie Sphärenmusik an mein Ohr, wie eine Engelsstimme aus lichten Höhen:
"Herr Oberleutnant,  h i e r  ist das Gedicht!

   Der wackre Schröder wars! Tatsächlich! hoch klingt das Lied vom braven Mann. Schröder hatte es gewagt, er hatte die Muse überwältigt und vergewaltigt. Und mit seinem undefinierbaren Lächeln überreichte er mir ein Papier.

   Molles! Bringen Sie mir erst mal einen Schnaps! Aber schleunigst! So........ Ich entfaltete das Blatt.

Überschrift: An das III. Garderegiment zu Fuss.
Inhalt:
"Dass wir mit Stolz uns "Hindenburger" nennen,
Das müsst Ihr neidvoll anerkennen
Ein "Ha" auf unserem Achselstücke
Was fehlt uns noch zu unserem Glücke

   Donnerwetter noch einmal! Ich fuhr von meinem Lager auf. Das war ja ein Gedicht! Ein richtiges Gedicht! Vier Zeilen, so wie ich es mir immer gedacht hatte. "Nennen – anerkennen", "Stücke – Glücke!" Tadellose Reime! Und ausserdem: Tam-ta-ta, Tam-ta-ta-tam, das Ding hatte sogar Versfüsse, Daktylusse oder wie die Biester hiessen.!

   Mensch! Schröder!, Schröder! Sie sind ja ein Engel! Donnerwetter – Sie hat ja die Muse lausig geküsst! – Retter des Vaterlandes! Retter des alten Ruhms des III. Bataillons von Hindenburg! "Nehmt meinen Dank für Eure Müh! Wenn ich ein Fürst wäre, könnten Sie aus meinen Schlössern wählen wonach Ihnen das Herz steht! So werden wir bei nächster Gelegenheit mal eine Pulle trinken – Nun aber dalli! Meldekarte und Bleistift her – So! –

   Absender: "III. Bataillon von Hindenburg."
   Ort: Bataillons Gefechtsstand. – Das machte sich tadellos! Inter arma silent musae! Bei uns Hindenburgern war die Sache umgekehrt. Da schwiegen die Musen in Waffenlärm nicht, nein, bei uns, da brüllten sie, da tobten sie. Wird der Beerbohm Augen machen!

So! Zeit: 6 Uhr 15 Abends. – Nein! Schreiben wir besser 5 Uhr 12, das macht immer einen guten Eindruck, wenn man reichlich vor der festgesetzten Zeit fertig war.

An: Kommandeur des Infantrie Regiments Generalfeldmarschall von Hindenburg.

Inhalt: Das III. Bataillon von Hindenburg schlägt unter Bezugnahme auf mündlichen Regimentsbefehl vom heutigen Tage, beifolgendes Gedicht nach Prüfung aller Eingänge zur Absendung vor:

An das II. Garde Regiment zu Fuss! 
Dass wir mit Stolz uns Hindenburger nennen,
Das müsst Ihr neidvoll anerkennen.
Ein "Ha" auf unserem Achselstücke!
Was fehlt uns noch zu unserem Glücke??

Unterschrift: Tröbst
Oberleutnant und stellvertretender Führer des III. Bataillons Infantrieregiment Generalfeldmarschall von Hindenburg.

Durch Meldereiter

   Ich legte den Bleistift weg und betrachtete befriedigt das Werk.
Schön! Sehr schön!

   "Also meine Herrn, dafür muss uns Beerbohm mindestens mal zum Mittagessen einladen! Wenn der Schröder doch immer nicht so infam grinsen wollte!

  "Der Melder von der 9. Kompanie soll kommen!" – der Gewünschte erschien.

   "Also, mein Sohn, hier haben Sie eine sehr wichtige Meldung. Einen Befehl. Damit gehen Sie, nein!  –  l a u f e n  Sie so schnell wie möglich zur Gefechtsbagage. Unteroffizier Tegge soll den besten Gaul aus dem Stall nehmen und ein Reiter soll mit dieser Meldung sofort zum Regiment reiten. Aber drei Kreuze? Verstanden! Karacho! Drei Kreuze! Spätestens um dreiviertel sieben muss diese Meldung persönlich dem Regimentskommandeur übergeben werden. Die Sache ist ausserordentlich wichtig. Und nun los!

   Der Melder verschwand als ob der Gottseibeiuns ihm im Genick sässe.

   "So! Das hätten wir wieder mal fein gemacht! Tiefbefriedigt reckte ich mich auf meinem Lager. Tja! Das III. Bataillon! An uns konnte eben doch so leicht keiner heran! Bei uns klappte alles. Bei uns war alles tip top. Sogar ein adliger Bataillonsarzt, der nicht nur lesen und schreiben konnte, was vieler seiner Sippschaft ja oft wegen allzualten Adels verlernt hatten – nein! Er konnte sogar dichten! Und wie! Aus dem Handgelenk, ohne dass die Umsitzenden etwas merkten.

   Tja, wir waren doch feine Leute! Und beim bläulichen Rauch der Zigarette malte ich mir die Wirkung aus, die das Werk beim Regiment hervorrufen würde.

   Es war ein halb Acht Uhr Abends.
   Tüt---Tüt---Tüt---Tüt---Telefon!
  Aha Herrschaften! Das Regiment! Nun bin ich aber gespannt. Ich nahm den Höhrer. Die Stimme des Regimentstelefonisten schlug an mein Ohr.

   Herr Oberleutnant  s o f o r t  für Herrn Major an den Apparat.

   "Na, Mensch, nun brüllen Sie mich mal nicht so an. Ihnen ist wohl nicht ganz wohl?"

Donnerwetter dachte ich, soll da Sturm beim Regiment herrschen? Ich hatte keine Zeit, weiter zu denken, Aha! Jetzt kommts!

   "Hier Major Beerbohm, Kommandeur Ínfantrie Regiment Generalfeldmarschall von Hindenburg. Ist der Oberleutnant Tröbst da?

   "Jawoll Herr Major. Hier Oberleutnant Tröbst, III. Bataillon von Hindenburg!"

   "Also mein Lieber, Sie haben mir doch da vorhin ein Gedicht geschickt?"

   "Jawoll, Herr Major!" – "Wissen Sie was das ist?" – "Herr Major??????!"
   "Das ist eine Frechheit mein lieber! Sie dürfen mich nun nicht für Dummer halten, als ich wirklich bin. Wissen Sie,   a n ö d e n  lasse ich mich nicht und das III. Garderegiment schon lange nicht. Es ist mir einfach unverständlich wie Sie als Kommandeur ein solches Gedicht machen können!"

   "Verzeihen Herr Major! Von mir ist es ja auch gar nicht!"

   "Von wem denn sonst?"

   "Von von Schröder!"

"So! Na  d e m sieht das ähnlich! Der muss ja mit seiner Kodderschnauze alles in den Dreck ziehen, was andern Leuten heilig ist. Desto unglaublicher von  I h n e n  so etwas kritiklos weiter zu geben. Also diese Anöderei verbitte ich mir auf das energischste, sonst werde ich feindlich. Und dem Schröder sagen Sie das gleiche von mir. Der Hauptmann Kramme vom II. Bataillon hat ein grossartiges Gedicht gemacht, mit dem kann das poplige III. Bataillon ja überhaupt in keiner Weise konkurieren. Also bessern Sie sich mein Lieber, wenn wir gute Freunde bleiben wollen!

   "Jawoll, Herr Major!" – "Schluss!" – "Schluss!"

Ich fiel erschossen auf mein Lager zurück! Das mir? Nein! Das war zuviel! "Also, Schröder! Na wissen Sie, Sie haben da was schönes angerichtet mit ihrem sogenannten Gedicht.!"

   Der also apostrophierte streckte beide Beine in die Luft und stiess eine gellende Lache aus.

   "Wissen Sie? Angepfiffen hat mich der Major, wo ich doch überhaupt keine Schuld daran habe! Wie konnten Sie überhaupt so ein Gedicht machen? Beerbohm tobt! Und Sie will er sich noch ganz besonders vorknöpfen. Sie können sich gratulieren. Beerbohm ist im Stande und bringt Sie wegen Beleidigung des Feldmarschalls vor ein Kriegsgericht. Na – mir ist die Sache wurscht. Ich kümmre mich jetzt um nichts mehr!"

   Aber auf den hartgesottenen Schröder machte das alles keinen Eindruck. Er bekam fast Erstickungsanfälle vor Lachen und rief nur immer ein über das andere Mal: "Herrlich! Herrlich! Und strampelte dabei mit den Beinen in der Luft.

   Wütend rief ich meinen Burschen: "Molles! Machen Sie mir mal rasch einen Grock zurecht, aber einen ordentlichen!

   Dadurch kehrte mein Gleichgewicht etwas wieder und ich beschloss im Stillen: "Wenn Du später mal als Major verabschiedet wirst, dann wirst Du alles was es gibt. Nur nicht Dramaturch oder so etwas ähnliches. Auch wenn es sich auf Hindenburch reimen tut.

   Tja – das waren also die Begleiterscheinungen unter denen wir den Geburtstag des Feldmarschalls feierten. Humor und Tragik wohnten mal wieder dichte beieinander...............

Bibo

Hallo Hanseat

Habe die Tagebücher schon bei Heimdall alle mit Begeisterrung gelesen. Gibt es hier auch neues zu lesen?
Hoffe es klappt noch mit einer Veröffentlichung, denn die Tagebücher sind sehr lesenswert.

Gruss Bibo

Hanseat

Hallo Bibo,
lies doch mal. Die Auszüge hier sind alle neu und ehemals bei Heimdall nicht ins Forum gestellt worden. Das Erfassen ist ldgl. eine Mordsarbeit, viele Seiten der Tagebücher in handschriftlicher Form, bzw. mit Schreibmaschine im alten A4 Reichsformat. Die Texte gehen dann bis in den Bund und sind auch mit einer Schriftenerkennung schwierig zu erfassen. Also...... abtippen und nochmals abtippen. Bis 2014 bin ich bzw. mein Großvater dann aber reif für einen Verlag.
Viele Grüße
Hanseat

Hanseat

Hallo Forum,
wer Lust auf mehr hat und die Auszüge "Narew Übergang" und "Marsch in die Weite" (ehemals bei Heimdall im Forum) nicht kennt, dem kann ich die pdf. Dateien davon gerne zukommen lassen. Natürlich würde ich auch gerne wissen, ob es hierfür genügend interessierte Leser gibt, im Hinblick auf eine mögliche zukünftige Veröffentlichung der Tagebücher meines Großvaters. Somit bin ich also für jede Meinung dankbar. Die Auszüge die ich bereits erfasst habe stellen ldgl. einen Bruchteil dessen dar, was mein Großvater den Nachkommen hinterlassen hat, geben aber zumindest schon einmal einen guten Einblick in die damalige Zeit.
Viele Grüße
Hanseat

petcas

Vor einigen Jahren las ich gerne Kriegsstories. Die Qualitaet von der hier, kann sicherlich mithalten. Es ist bildhaft geschildert und hat eine fluessige Schreibweise. Ein Lektor haette nur noch wenig Arbeit.

Das Problem ist sicherlich der zu erwartende Leserkreis. Anfang der 90er Jahren haette so eine Geschichte sicher einen guten Absatz gefunden. Ob heute ein Verlag sich dessen annimmt, ist unklar. :belehr:

Dennoch wuerde es mal versuchen. Einfach ein Auszug und Beschreibung vom Rest an mehrere Verlage schicken. Kleiner Tipp: Bei kleineren Verlagen sind die Chancen groesser. :super:

Wenn nicht; bleibt noch der Selbstverlag. Tipps dazu unter www.autorenhaus.de  :smoke:

Hanseat

Hallo pectas,
vielen Dank für den Link. Einige Verlage hatte ich bereits angeschrieben, jedoch ist diesen eine Veröffentlichung zu riskant.

Eine Absage lautete wie folgt:
".......ohne Zweifel sind die Ausführungen Ihres Großvaters von großem historischen Interesse. Wir haben aber berechtigte Zweifel, ob wir durch die Verkauf dieser Publikation(n) unsere Kosten wieder erwirtschaften können. Dies ist leider bei vielen zeithistorischen Dokumenten der Fall: wünschenswert und sinnvoll, aber nicht
betriebswirtschaftlich  machbar. Wir können uns nur vereinzelt Buchprojekte "leisten", die offensichtlich ökonomisch nicht kalkulierbar sind."

Ich bin jedoch sicher dass sich ein Verlag finden wird und spätestens im Jahr 2014 jährt sich der Ausbruch des 1. Weltkrieges.

Vielen Dank für Deine Beurteilung.

Viele Grüße Mario

petcas

Hallo Mario,

ist ja interessant, was der Verlag geschrieben hat. Ich habe welche kennengelernt, die haben bis zu 50 Verlage angeschrieben. Spaeter mussten sie noch warten.

Von Druckangeboten mit Selbstkostenzuschuss ist abzuraten. Da zahlt man drauf und dann tut der Verlag kaum was fuer den Vertrieb oder Werbung. Die verdienen nur an den gezahlten Zuschuessen, in der Regel ist es meistens so.

Also weiter versuchen und/oder noch 9 Jahre warten.

Viel Glueck

Petcas

Hanseat

Hallo pectas,
vielen Dank für Deine Nachricht. Die Tagebücher liegen schon so lange in den Kisten und ich denke 2014 ist ein guter Zeitpunkt für eine Veröffentlichung.
Viele Grüße
Mario