steinernes (Knochen)Kuriosum

Begonnen von Denarius, 26. Januar 2008, 22:40:13

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Denarius

Abend Kollegen!

Bei einer Begehung des Hochufers der Rur nahe Jülich fand ich heute inmitten eines immensen Paketes von Rurschotter diesen merkwürdig anumtenden und wohlklingenden Stein. Wohlklingend deshalb, weil er ebenso hübsch "klingt" wie übliche Silexstücke. Als Opfer meiner eigenen Phantasie wirkt das 17cm lange und bis zu 4,5cm breite Stück wie ein versteinertes Kochenfragment eines mutmaßlichen Fuß- oder Oberschenkelknochens. Massgeblicher Grund für diese Spekulation ist die innenseitige Kehle und Aussparung (zwischen 1,5 und 2cm DM), wie man sie insbesondere von Röhrenknochen kennt. Das Objekt ist also realtiv exakt halbiert. Als 100%-tiger Dilettant in solchen Fragen frage ich mich daher, aufgrund welcher geologischen Prozesse diese Röhre ansonsten hätte entstehen können. Irgendjemand eine Idee?

Besten Dank und ein schönes Wochenende noch,
Denarius

P.S.: Aufgrund von "time out problemen" beim Hochladen die Bilder einzeln ......
Ich kam, sah und fand !

Denarius

Ich kam, sah und fand !

Denarius

Ich kam, sah und fand !

Silex

sieht auch siliziös aus, Denarius.
Die Biegung scheint mir für einen Röhrenknochen zu jäh (aber wer weiß was mit dem Ding  posthum alles passiert ist)
Trotzdem tippe ich auf einen Röhrengang (Wurm etc.)
Und würde nicht ruhn bis ich wüßte was das ist....
Respekt an Dein Auge und Gespür
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Denarius

Besten Dank, - die Welt ist voller Wunder. Man muss sie nur sehen (wollen)  :-)

Silexfressendes Geziefer? Hoffentlich machen die sich nicht über entsprechende Fundstellen her :cop: 

Ich schlepp dat Dingen nächsten Monat mal mit zum Amt. In punkto der Krümmung hast Du sicherlich nicht unrecht. Lamgknochen der Extremitäten sind in der Regel gerader, - aber wer weiss schon genau, was damals so kreuchte und fleuchte. Imho das einzige Belegstück für die Existenz der gemein-grausigen Rurechse.
Ich kam, sah und fand !

RonnyNisz

Hallo Denarius,
als Norddeutscher latsche ich hier ständig über Feuerstein, und meine Sammelleidenschaft gilt (u.a.) dem norddeutschen Geschiebe.

Im Flint fossilierte Knochen sind mir auch aus der Literatur unbekannt. Ich vermute eher einen unbestimmten Schwamm, aber das ist leider auch die Standardantwort (oder Ausrede), die bei fast allen unbestimmbaren Feuersteinfunden kommt. Da sich der Feuerstein gelartig gebildet hat, nimmt er auch ohne Fossilien die absonderlichsten Formen an.

Bei Deinem Bild war wohl der ursprüngliche Schwamm an der Stelle, wo jetzt der innere Hohlraum ist, den man auf den ersten Blick für das Innere eines Röhrenknochens halten kann. Knochen würde ich ausschließen, das wäre dann eine mittelschwere Sensation.

Wenn Du mehr Sachverstand suchst, schau doch mal bei meinen Kollegen vom Steinkern.de vorbei. Da herrscht auch ein netter Umgangston und man hilft gerne.

Gruß Ronny
Jeder Steinbruch ist meine Heimat

Khamsin

Moin und salaam!

Solche "versteinerten Knochen" exakt dieser Art sind im Rheinland alles andere als selten! Und wenn man "Hochufer der Rur" liest, dann ist alles sonnenklar! An fosslilisierten Knochen zu denken liegt ja auch irgendwo nahe bei den

1. langgestreckten Formen und 
2. dem "Markkanal" und dies natürlich in Verbindung mit 
3. der bekannten Tatsache, dass im Flint sehr oft Fossilien anzutreffen sind.

Aber wie das eben so ist mit Mutter Natur, hat sie in all diesen Fällen den Findern/Nachdenkern mal wieder ein Schnäppchen geschlagen.

Die rheinischen eluvialen, d.h. sekundär verlagerten Feuersteine stammen alle aus den niederländisch-belgischen Kreidevorkommen. Die darin enthaltenen Feuersteine besitzen in der Regel immer Knollen- und Fladenform, manchmal unglaublicher Grösse.

Aber es gibt daneben noch eine sehr spezielle Form, den sog. Paramoudra-Flint. Paramoudras sind wahrhaft erstaunliche Gebilde, sehen sie doch in der idomorphen Form aus wie kleine Baumstämme mit seitlich in unterschiedlichen Höhen und unterschiedlichen Längen abgehenden Ästen. Die "Stämme" sind manchmal etliche Meter lang und besitzen z.T. einen Durchmesser von mehreren Dezimetern.
Der "Knochen" von Denarius ist ein Teil eines ehemaligen "Astes" einer Paramoudra.

Wie die entstanden sind? Nun, im kreidezeitlichen Meer hat sich so einiges getummelt, darunter auch Wohhöhlen grabende Krustaceen. Irgandwann hat es die Kerlchen geschmissen, und Flintgeel ist in die verzweigten Gänge infiltiriert und dort diagenetisch ausgehärtet. Bei rd. 120 Millionen Jahren bleibt halt viel Zeit um vom Zustand des Brotaufstrichs zu einem der härtesten Gesteine überhaupt zu gelangen.

Später tat die Erosionskraft des Tertiärmeeres ihr Werk, erodierte die Kreidekliffs und löste damit den Flint aus seinem Gefüge und verlagerte schliesslich ungeheure Mengen davon in die gesamte Rheinische Bucht. Das führte sogar dazu, dass sich in Rheinschottern im heutigen rechtsrheinischen Gebiet sog. Maaseier finden, zur Freude der dortigen Mesolithiker.

40 Millionen Jahre später läuft Denarius über exponierte Maas- oder Rhein-Maas-Schotter irgondwo bei Jülich und findet ein merkwürdiges Flintstück, das schön klingt und aussieht wie ein versteinerter Knochen. Ab damit ins Steinforum, denkt er sich...

Herzliche Grüsse KIS

 

"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"