Anfängerfrage

Begonnen von Lutze, 09. Mai 2005, 21:05:01

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Lutze

Hallo,
als absoluter Laie frage ich mich, was der dunkle Mittelteil in dieser Scherbe darstellt. Gibt es sowas auch bei neuzeitlichen Scherben ? Das muß irgendwie eine Ziegelscherbe sein.

Gruß Lutz

rolfpeter

Hei,
im Ton ist immer ein kleiner Anteil Eisen, so entsteht grundsätzlich die rote Farbe beim Brennen.
Wenn während des Brennens die Atmosphäre im Ofen mit Sauerstoff angereichert wird, oxidiert das Eisen und der Scherben wird rot. (oxidierendes Brennen)
Wenn der Sauerstoff entzogen wird (Brennraum mit anderm Gas gefüllt....meistens irgendwelches Kohlenoxid vom Verbrennungsvorgang der Ofenheizung) wird der Scherben dunkel. (reduzierendes Brennen)
Also wird bei Deinem Ziegel nicht genügend Sauerstoff über den gesamten Brennvorgang im Ofen gewesen sein.l

bis dann
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Lutze

Hi Rolfpeter,
erstmal danke für die Antwort. Jetzt trau ich mich auch nachzulegen. Folgende Ziegelscherbe lag mit noch zwei weiteren und der obigen auf einem Haufen. Lesefundort ist eine Wüstung.
Ich mag das immer noch nicht glauben, daß das alte Bruchstücke sein können. Ich kenne hier nur Bauern, die ihre Feldwege mit Ziegelbruch tonnenweise auffüllen, damit die Wege besser befahrbar sind.
Das "Weiße" an der Ziegel ? Mörtel ? Kalkablagerung?

Gruß Lutz

Erstmal der Ziegel von oben (draufsicht).

Lutze


Lutze

von der Längsseite

Lutze

von der Querseite

Lutze

un der anderen Querseite.

confetti

Hallo,

ich wage mich mal, zu sagen daß dein Ziegel recht alt ist. Ich würde sagen, MA / frühe Neuzeit. Beim letzten Bild sieht man die grobe Margerung.
Ich selber habe schon viele solcher Ziegel bzw Bruchstücke gefunden die ich nach dem Fundzusammenhang/Fundort ins MA datieren kann.

confetti

Lutze

Dann leg ich auchnochmal nach, was ich an Infos zusammengetragen habe. Der wüste Ort wird 1505 als wüst erwöhnt/dokumentiert. Die Wüstung wurde 2003 "wiedergefunden". Dort sind "Podeste" im Wald, worauf wahrscheinlich Häuser gestanden haben sollen. Das flächenmäßig größte Podest soll die Kirche gewesen sein, was aus Ziegelscherben zu deuten ist, die auf dem Podest gefunden worden. Nachdem ich diese Info hatte, bin ich da mal hingelatscht und fand meine 4 Teile zusammen unter Laub auf dem Kirchenpodest knapp neben einem Baum. Irgendwie hatte ich den Eindruck, daß eine Wurzel des Baumes die Ziegel hochgedrückt hatte. Wenn das so ist, müßten sie mehr als 500 Jahre auf dem Buckel haben.

Lutz

Basilios

Joa, die könnten schon so alt sein. Hätte ich alle mitgenommen, hätte ich schon kiloweise solche Ziegel aus MA-Kontext - teilweise übrigens auch mit dieser grauen Schicht in der Mitte, danke hierbei für die Erklärung.

[Bearbeitet am 13-5-2005 von Basilios]

Mad Matz

@ Lutze,

Confetti hat absolut recht

Das Ziegelfragment ist warscheinlich Mittelalter ( Rundziegel )
15tes - 16tes Jhd wär denkbar

Das Weiße können durchaus Mörtelreste sein

Hier mal ein Rundziegel Teil mit zugehörigem Mörtelunterbau

Gruß Matze :-)
Sonde : Whites IDX Pro Turbo
Cam: Olympus E-3

Lutze

Danke Matze für die Info.
Wie groß in etwa sind denn solche alten Ziegel etwa?
Mich würde mal interessieren, wieviel Prozent von einem Ziegel ich etwa habe.

Lutz

Mad Matz

Das Teil das ich zeige ist auch nur ein Bruchstück ...
Der gesammte Ziegel war ca 10 - 20 cm breit und 30-40 cm lang

Die Wölbung ist verschieden je nach Zweck und Positiion wo die verwendet wurden

Also den den ich dir gezeigt habe ist 16tes Jhd oder etwas früher

Ich such grad noch ein Bild raus wie die eingesetzt wurden ...

Gruß Matze :-)
Sonde : Whites IDX Pro Turbo
Cam: Olympus E-3

Mad Matz

Soo hier nun das Bild

Das unten in rot ist die schematische Darstellung wie die Ziegel verwendet wurden
Man verzeihe mir die Stümperhafte Skitze :narr:

Gruß Matze :-)
Sonde : Whites IDX Pro Turbo
Cam: Olympus E-3

leander

Hallo,
leider kann ich den Ausführungen von Mad Matz nicht zustimmen.Die Deckung welche da skizziert wird kam in unserem Raum so nicht vor,zumindest nicht im Mittelalter.Bei den ziegeln handelt es sich eindeutig um Firstziegel auch Reiter genannt.Ich denk auch nicht daß es Mörtelreste sind ,sondern Salpeterausblühungen.Bin zwar Dachdecker aber ich kann mich auch irren.
gruß Leander

Mad Matz

#15
@ Leander,

Ich hab keine Ahnung wie das um Braunschweig gehandhabt wurde

Hier im Süden war das ne übliche Methode Dächer zu decken ...

An fast jeder Burg kann man hier massig solche Rundziegel finden
Bei den Mengen ist Firstziegel / Reiter fast ausgeschlossen
Flachziegel / Bieberschwänze findet man eher Selten hier vom 14. - 15.  Jhd

Gruß Matze :-)
Sonde : Whites IDX Pro Turbo
Cam: Olympus E-3

Lutze

Also ich bin wie gesagt Laie.
Allerdings lag im gleichen Fundhaufen folgendes Stück. Etwas unschraf, aber deutlich ist links eine fast 90 Grad Ecke zu sehen.

Lutz

tholos

ZitatMan verzeihe mir die Stümperhafte Skitze.

Hi Mad Matz,

das Prinzip kann man doch gut erkennen, werden auch als Mönch/Nonne Ziegel bezeichnet. Der Mönch liegt immer oben. :zwinker:

Siehe auch:

http://www.ziegeldach.de/content/themen/entwicklung.htm
http://www.baumarkt.de/b_markt/fr_info/dach/dach4.htm#5

Gruß

tholos :super:


Lutze

Danke tholos für die links.
Anhand meines letzten Bildes muß es sich dann also um Krempziegel handeln.
Das paßt dann auch zur Zeitstellung.

Lutz

traveller1

Hallo,
links : römischer Ziegel,
rechts :Hohlziegel mit aufgesetzter Nase (15.JH),

Grüße

Mad Matz

@ Traveller1

der Rundziegel mit Nase war einer der Ziegel die "unten" lagen also so " u "
Die Obenliegenden brauchten die Nase nicht

Habe beide Sorten schon recht häufig gefunden

Die beiden Sorten verjüngen sich gegenläufig konisch
Somit hielten die Deckziegel " n " ohne weitere Befestigung

Gruß Matze :-)
Sonde : Whites IDX Pro Turbo
Cam: Olympus E-3

Lutze

Heute hatte ich nach Fundhinweis den Archäologen zu Besuch, der die besagte Wüstung archäologisch untersucht hat. Er selbst fand dabei nur etwa  Eurostückgroße Ziegelscherben. Die Wüstung ist seit 1505 wüst erwähnt.
Er selbst nahm eine erste Wertung vor:
Die weißen Ablagerungen am Ziegel (Mönch/Nonne) sind Mörtelreste, die um 1500 hier noch nicht vorgekommen sein sollen. Das läßt den Schluß zu, daß der Ort zwar wüst wurde, die Kapelle aber weiter bis ins 1800 Jahrhundert genutzt wurde. Sie ist in einer alten Karte (1750) auch noch handschriftlich eingetragen. Damit stammt der Ziegel wahrscheinlich nicht aus der ersten Dachdeckung und ist deshalb wahrscheinlich auch nur halb so alt, wie erst angenommen.

Lutz

Der Wikinger

#22
Hallo Lutze

Möchte mal fragen, ob die Stelle auf der Karte auch mit einer Signatur abgebildet ist, den oft wurde ein Ort / Gebäude viele Jahre nach dem Niederriss
immernoch so genannt.

Ich frage, weil wir hier auf Ärö genau so einen Beispiel haben, eine Kirche, die schon bei der Reformation um 1536 abgerissen wurde, weil es eine Heiligenkirche war.
Der Name St. Alberts Kirche oder Friedhof hat sich aber auf viel jüngeren Karten noch gehalten.

MfG agersoe

Lutze

Hallo agersoe,

ich habe hier eine Karte von 1750 von dem Gebiet vorliegen. Und in solch einer Karte soll die Kapelle/Kirche handschriftlich eingezeichnet sein. Das Dorf selbst ist 1505 als wüst erwähnt.
Daraus wurde geschlossen, daß die Kapelle noch weiter benutzt wurde.
An dem von mir gefunden Ziegel befindet sich auf den ersten Blick noch Mörtel, was ebenfalls darauf schließen läßt, das die Kapelle weiter benutzt wurde, da Mörtel hier um 1500 noch nicht benutzt worden sein soll. (so der Archäologe).

In der alten Karte ist an der Stelle ein Flurname mit Kirchenkamp verzeichnet.

Lutz

Der Wikinger

Hallo wieder Lutze  :-)

Ich finde es merkwürdig  :cop: Ich bin total verwirrt !!  :irre:

Die Kirche, die ich erwähnte ist mit sicherheit um ca. 1536 abgerissen worden. Eine sehr gründliche Untersuchung und Ausgrabung des Fundortes hat dies bestätigt.
Ausserdem, die Kirche datiert auf ein Baujahr um 1300.
So weit so gut.
....ich möchte dann ein bisschen vom Buch über die archäologischen Ausgrabungen zitieren vom Dänischen übersetzt:

... Zusammen mit einer sehr grossen Menge Ziegelsteinfragmente sind ziemlich viele bis zu 20 cm langen fragmente von Mörtelstaben gefunden worden.
Diese sind auf der Oberseite halbrund und haben parallelle Rinnen auf der Unterseite um die Mönche auf die Nonnen befästigen zu können.

(Ich hoffe meine Übersetzung ist verständlich)

Es wäre für mich ein Rätsel, wenn hier in Dänemark Mörtel benutzt wurde und bei euch nicht ????  :irre:

Ich möchte mal fragen, wohnst du im evangelischen oder katholischen Teil Deutschlands ??

MfG agersoe

Rambo

Obwohl ich kein Dachdekcer bin, beobachte ich diesen Beitrag nun schon sehr lange. Jetzt will auch ich noch meinen Senf dazugeben  Es handelte sich hier ursprünglich um DACHZIEGEL., eigentlich FIRSTZIEGEL aber dazu komme ich noch,  das hat im Allgemeinen nichts mit ZIEGEL zu tun, welche mit Mörtel vermauert werden. Deswegen ist es auch erklärbar, das man ZIEGEL mit Mörtelstegen gefunden hat, so ähnlich vermauern die Maurer noch heute die Vollziegel. Auf einer Reihe von Vollziegeln kommt jeweils an den Außenseite ein Mörtelsteg, darauf  kommt die nächste Ziegelreihe usw.
Als nächstes müssen wir unterscheiden zwischen DACHZIEGEL und FIRSTZIEGELN. Jeder der ein Haus gebaut hat oder der schon einmal beim Decken eines Hauses dabei war, wird das wissen. Dachziegel sind im Normalfall gerade meist mit einer Nase versehen zB Biberschwanzziegeln, mit dieser Nase wird  der Ziegel in die Lattung eingehängt. Firstziegel sind halbrund und sie schließen das Dach nach oben ab, so das kein Wasser unter die Ziegel eindringen  kann.
Leider muß ich allerdings muss ich allerdings auch Mad Max ein Wenig widersprechen, der Dachziegel mit der Nase ist nicht  ein untere Ziegel sondern es ist ein Firstziegel welcher  zu 1/3 überdeckt wurde, so das man auf dem First die Nasen sehen konnte. Solche Ziegel findet man auch heute noch auf älteren Bauwerken.  Éine Deckform wie die von MadMax angesprochen, findet man vor allem in südlichen Ländern, wo es wenig bis gar keinen Schnee gibt. (Ich war heuer in Istrien da ist diese Deckweise sehr verbreitet) Bei uns wird man eine Deckung mittels Ziegelschalen selten antreffen, der Schnee könnte unter die Ziegelschalen eindringen und beim Gefrieren das Ziegeldach heben oder beschädigen, so das Wasser unter die Zieglschalen kommt.
Die Mörtelreste die man erkennen kann stammen entweder davon, das man Firstziegel mittels Mörtel befestigt hat (normalerweise werden Firstziegeln genagelt deswegen habe sie auch ein Loch)  oder die außenliegenden Firstziegel wurden mittels Mörtel geschlossen , so das kein Vogel oder sonstiges Tiere den Hohlraum zwischen dem Dachziegel und dem Firstziegel nutzen konnten.
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

Lutze

@agersoe
Ich wohne bei Braunschweig, 200 km südlich Hamburg, man kann das wohl noch als Norddeutschland bezeichnen. Die Bevölkerung ist überwiegend evangelisch.

@rambo
Ich stimme Rambo in seinen Asuführungen zu.
Irgendjemand hatte ja anfangs auchmal gesagt, das Weiße am Ziegel wären Salpeterausblühungen. Das glaube ich nicht. Ich habe bei weiteren Nachschauen ca. 30 - 40 bierdeckelgroße Ziegelstücke in der Hand gehabt. Keine weitere zeigt diese "Mörtelreste". Keiner hat auch die Wölbung (wie ein Mönchziegel) wie der hier gezeigte. Das Dach war, denke ich (und andere) mit Linkskremper gedeckt und ebend diesen Firstziegeln.

Ich werde hoffentlich erfahren, was die genauere Draufschau auf meine Ziegel bei der Archäologie erbracht hat.
Irgendwas passt jedenfalls nicht:
In der Karte von 1750 ist wohl die Wüstung, aber nicht die Kirche verzeichnet. Eben nur auf einer
Karte von damals, wo jemand handschriftlich die Kirche eingezeichnet hatte. Daraus zu schließen, daß sie ggf. zu diesem Zeitpunkt noch in Betrieb war bzw. existiert hat, ist mir zu weit hergeholt. Dann hätten die Landvermesser von damals sie bestimmt in der offizielle Karte vermerkt.
Wenn das so ist, dann wurde schon viel früher hier Mörtel verbaut als bisher bekannt oder es ist kein Mörtel, sondern Salpeter oder irgendwas. Wobei, wen es Salpeter wäre, ich bei den anderen Fundstücken, die unter nahezu gleichen Bedingen lagerten, auch hätte welchen entdecken müssen.

Lutz

skoll*

Fachregel:
Ein Mönch deckt 2 Nonnen!  :narr: :narr:

Ich glaube aber nicht,daß es sich hier um ein Stück eines Mönch oder Nonne Ziegel handelt.Dafür ist die Wölbung einfach zu flach.
Es wird eine Hohlpfanne / Hohlzigel sein auch S Pfanne/Ziegel genannt.
Der Mörtel an der Rückseite erklärt sich folgendermaßen,nachdem das Dach eingedeckt war wurden (von innen) die Seiten und Höhenüberdeckungen
mit Mörtel abgedichtet (verstrichen).
Einen Firstziegel schließe ich ebenfalls aus,da der Mörtel dann in und nicht auf der Wölbung sein muß.