Holz mit Bearbeitungsspuren?

Begonnen von hochwald, 07. Juli 2011, 20:24:26

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hochwald

Moin Gemeinde!


Wer von euch hat solch ein Stück Holz, evtl. im Zusammenhang einer Ausgrabung gesehen?

...und kann dazu eine Erklärung abgeben?

Ist es möglich anhand der Bilder eine Zeitstellung zu wagen, ohne teure Analysen?

Vergleichsstücke wären mal wieder ganz easy.  :glotz:


Mein ehrenamtl. Kollege und ich sind der Meinung, das Innere (der Kern) des Holzes könnte herausgeschabt worden sein.

Zudem glauben wir, Bearbeitungsspuren (siehe Fotos) an den beiden, großen Schnitt/Spaltflächen zu erkennen.

Auch hat dieses Stück Holz mal ordentlich Feuer abbekommen.
Komischerweise jedoch nur äußerlich... als ob erst nach dem Brand bearbeitet wurde.

Das Holz entstammt einer Ausbaggerung und lag in ca. 50-150cm Tiefe, in humosen- torfigen -sehr feuchtem Boden.
Beifunde sind Neolith., BZ und Eisenzeit (Keramik und Silex).

Oder ist die Aufregung umsonst...da quasi Geo/Biofakt :-D?

hochwald

Vielen Dank fürs drüberschauen und Gruß!
Robert

steinwanderer

#2
Moin Robert,
für mich sieht es eher so aus als das harte Kernholz rausgefallen ist. Man kann in der Höhlung noch die Holzmaserung sehen.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

Silex

Servus Robert! Der Klaus wird Recht haben. Die Längsfaserrelikte im "Tunnel" machen das sehr wahrscheinlich .
HG
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Marienbad

mit dem Kernholz stimme ich dem Klaus zu  :super:
Die Bearbeitungsspuren können evtl. von einem Scheibenbeil stammen.
Ich kenne ertebölle Zeitliche Einbäume, die sehr ähnliche Spuren aufweisen.
Zeitlich wird da wohl nur die Dendrobestimmung weiterhelfen.

:winke:  Manfred

hochwald

Moin Klaus!

Hm.
Diese Möglichkeit besteht natürlich auch.
:super:

Gruß!
Robert

steinwanderer

Moin Moin,
für eine Dentrountersuchung ist das Stück ungeeignet. Es müssen nähmlich auf dem halben Durchmesser mindestens 25 Jahresringe vorhanden sein.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

StoneMan

Zitat von: steinwanderer in 07. Juli 2011, 20:35:02
Moin Robert,
für mich sieht es eher so aus als das harte Kernholz rausgefallen ist. Man kann in der Höhlung noch die Holzmaserung sehen.
Gruß Klaus
Moin,

das halte ich auch für sehr wahrscheinlich. Habe ich bei rezentem Holz bereits selber gehabt.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

hochwald

Vielen Dank natürlich auch Edi, Manfred und Jürgen!  :Danke2:

Eure Aussagen, wie auch die von Klaus, haben bei mir ein sehr hohes Gewicht.


Die Bearbeitungsspuren hat dann wohl ein neolithischer Schreiner ausgeführt.

Denn Meso wurde an diesem Platz NOCH nicht nachgewiesen.

Dafür aber ab Neolithikum.


Ich finds einfach irre, im positiven Sinne, daß man anhand von, im Manfred`s Falle selbstgemachten Erfahrungen in Eigenregie, einer Dentrountersuchung vorweggreifen kann.
Zumindest in diesem Fall.


Ihr habt mir wirklich sehr geholfen!  :super:
Robert

teabone

Hallo Robert,

glaube auch das der Kern herausgefallen ist; sehe einen Faserverlauf, der allerdings auch nicht gegen das "Schaben" sprechen würde, da der Faserverlauf das Schaben sozusagen dirigieren könnte. Da ich aber davon ausgehe, daß das Holz von der Eiche stammt, stelle ich mir das Schaben äußerst mühsam vor und das ist eher unglaubwürdig.
Die Bearbeitungsspuren schließe ich nicht aus.
Sollte das Äußere des Holzes angebrannt sein, könnte es auf ein altes Verfahren verweisen, Holz durch Ankohlung dauerhafter in der Erde zu machen.

Gruß
Augustin
Such- und Fundgebiet: Weinviertel, Nö.

hochwald

Zitat von: teabone in 07. Juli 2011, 22:42:50
Sollte das Äußere des Holzes angebrannt sein, könnte es auf ein altes Verfahren verweisen, Holz durch Ankohlung dauerhafter in der Erde zu machen.


...auch äußerst interessant!
Vielen Dank auch Dir, Augustin!  :super:

Möglicherweise gehörte das Stück gar mit zum Siedlungsinventar jener neolithischen Siedlung, welche durch die Bauarbeiten angebaggert wurde.
Jener Siedlungsplatz wurde dann im Nachhinein, mehrperiodisch, wenn auch nur geringfügig umplatziert, weiter genutzt.

Der Platz war wohl, auch aufgrund der direkten Wassernähe, äußerst atraktiv.

Neolithikum,...BZ,...EZ,...Germanen,...Slawen... und auch anfängliches Mittelalter.


Die Beliebtheit dieses Platzes scheint auch in der modernen Erdölzeit, in welcher wir uns bewegen, nicht abzureißen.

Das Zeichen welches unsere Generation dort setzen wird, ist aktuell in Arbeit und soll bis Ende dieses Jahres dort abgeschlossen sein.

Eine stark-frequentierte, vierspurige Bundesstraße !!!  :besorgt:


Beste Grüße an euch alle!
Robert


hochwald

#11
Moin Gemeinde!


Eigentlich fehlt mir der Antrieb, folgenden Text zu schreiben... aber der Vollständigkeit wegen, tue ich es trotzdem.  :heul:

Gestern war ich, zusammen mit einem langjährig-tätigen Ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger, beim hiesigen Landesamt.

Ich hatte uns telefonisch angemeldet, zwecks Übergabe (incl. Ansprache) des obig gezeigtem Holz, zuzüglich weiter Fundstücke, frisch von einer Baustelle.

Weitere Fundstücke waren:

- 2 zugespitzte (gebeilt) Baumstammstücke (ca. 1,40m lang u. 25-35cm Durchm.)
- 1 zugespitztes (gebeilt) Stück Baumstamm (ca. 45cm lang u. 25cm Durchm.)
- 1 zugespitztes (gebeilt) Sück Baumstamm (ca. 40cm lang und 8cm Durchm.)
- mehrere Knochenfragmente (siehe mein anderes Thema http://www.sucherforum.de/index.php/topic,50539.0.html ), mögl. Bison, Hälfte eines Schädels, 2 Unterkiefer, Rippen, Wirbelkörper, ect.....
- 1 eisenzeitl. Tüllenbeil (siehe mein anderes Thema http://www.sucherforum.de/index.php/topic,50504.msg312442.html#msg312442), nebst geschmiedeten Beifunden.

Die Holz-Sachen stammen aus einer über 3m! starken Torfschicht und lagen laut Aussage des freundlichen Baggerfahrers allesamt am Grund dieser Torfschicht!

Die Knochenfragmente stammen allesamt aus weißem-sandigen Sediment, befindlich unter! der 3m starken Torfschicht!

Das Tüllenbeil lag im lehmigen Matsch, der durch Baumaschinen zerwürgten Oberfläche.

Im Vorfeld gab es dort eine Grabung, welche aber im vergangenen Herbst, letzten Jahres, wetterbedingt abgesoffen ist.


Jetzt kommts:

4 Dr. Archäologen waren bei der Übergabe anwesend!


Das obig gezeigte Stück Holz wurde sporadisch wie folgt angesprochen:

Kern ist nicht herausgefallen.
Durchgangsloch wurde gebohrt!!
Die "Bearbeitungsspuren" stammen möglicherweise von dem Baufahrzeug (Bagger)!!
Mein Einwand, daß der Kern möglicherweise herausgefallen ist und das die Bearbeitungsspuren möglicherweise von einem Scheibenbeil stammen, wurden gehört aber verworfen.
Der Hr.Dr. blieb bei seiner Feststellung!  :heul:
Eine Erklärung wieso, weshalb, warum bekahm ich nicht!

Die gespitzt-gebeilten Baumstämme wurden zwar von der anwesenden Kollegschaft als solche anerkannt, aber das Amt hat keine Möglichkeit der Lagerung hies es.
Ich dürfe das Holzmaterial wieder mitnehmen und es dem Naturkreislauf wieder rückführen hies es.
Es werde verrotten und dann wachsen dadurch Pilze hies es!  :staun: :heul:

Aus den 2 dicken Stämmen soll ich je eine dicke Scheibe heraussägen... diese dann dem Amt schicken... zwecks Dendro.

Die Knochenfragmente wurden angenommen, aber es erfolgte keinerlei Ansprache.  :heul:

Die Metallsachen wurden angenommen und es erfolgte keine Ansprache.
Als ich meinte, daß Tüllenbeil ist möglicherweise eisenzeitlich, wurde geantwortet: jenen Typ gab es auch bis ins Mittelalter.


Habe fertig!

Gruß!
Robert



StoneMan

Zitat von: hochwald in 02. August 2011, 23:10:32
[...]
...

Eigentlich fehlt mir der Antrieb, folgenden Text zu schreiben... aber der Vollständigkeit wegen, tue ich es trotzdem.  :heul:...

Moin Robert,

...nanu (?) dachte ich. Gelesen - verstanden  :heul: :heul: :heul:

Danke für Deine Überwindung diesen aufschlussreichen Bericht zu schreiben.


Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry