Von den Steinkreuzen im Allgemeinen

Begonnen von wogixeco, 10. November 2005, 09:53:28

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wogixeco

Hallo zusammen,

nachdem mir immer wieder Steinkreuze beim sondeln über den Weg laufen hab ich mich mal etwas näher damit befasst. Dank eines sehr interessierten Heimatforschers der sich in den Jahren zwischen 1925 und 1960 mit den Steinkreuzen um Nürnberg beschäftigt hat gibt's dazu einige Interessante Infos die ich euch nicht vorenthalten will. Der Textauszug stammt aus seinem Buch ,,Flurdenkmale um Nürnberg".



Die mittelalterliche Bedeutung der Steinkreuze

Die Steinkreuze, so wie sie heute noch in Tausenden von Exemplaren vor uns stehen, sind in der Mehrzahl mittelalterliche Rechtsmale und stammen aus der Zeit des ausgehenden 13 Jahrhunderts bis zum Ende des 16 Jahrhunderts. Über diese Kreuze geben uns noch sehr viele Urkunden Aufschluss.

Im Zeitraum dieser 300 Jahre war es üblich, an der Stelle, wo ein Mensch eines gewaltsamen, aber nicht beabsichtigten Todes durch einen Dritten starb, ein steinernes Kreuz aufzustellen. Der Totschlag, der im Affekt, also in der momentanen Erregung geschah, war im Mittelalter und in den vorhergehenden Zeiten eine Privatangelegenheit, um die sich Gerichte nur bedingt kümmerten. Konnte der Täter sich mit den Hinterbliebenen des Erschlagenen auf gütlichem Wege einigen, dann war er von jeder weltlichen Strafe frei. Diese Einigung zwischen Täter und Hinterbliebenen wurde durch Verträge festgehalten. In den Verträgen wurde bestimmt, was der Täter alles zur Sühne für den Totschlag zu erfüllen hatte.
In der Regel waren folgende Punkte aufgeführt:

1. Für das Seelenheil des Toten in einer Kirche Seelenmessen lesen zu lassen, deren genaue Anzahl bestimmt wurde.

2. Den Hinterbliebenen eine Summe Geldes, das Wer- oder Manngeld geheißen, zu bezahlen

3. Verschiedenen Wallfahrten zur eigenen Buße sowie zum Seelenheil für den Entleibten zu unternehmen und darüber beglaubigte Bestätigungen über den Vollzug beizubringen. Wenn nicht besonders bestimmt, konnte der Täter dieser Wallfahrten auch durch andere Personen ausführen lassen. Die am meisten vorgeschriebenen Wallfahrten gingen nach Rom, Aachen, Maria Einsiedeln in der Schweiz oder nach St. Jago de Compostella in Spanien. Für die Romfahrten konnten auch ähnliche Wallfahrten nach innerdeutschen Orten ausgeführt werden, die dann aber gleichfalls den Namen ,,Romfahrten" erhielten.

4. Bestimmte Mengen an Wachs der Kirche zu stiften

5. Dem Begräbnis in vorgeschriebener Bekleidung mit einer Anzahl Freunden oder Verwandten beizuwohnen, am Grabe den Hinterbliebenen Abbitte zu leisten und die Kosten der Beerdigung zu tragen.

6. Den Hinterbliebenen auf etliche Jahre aus dem Weg zu gehen, keine öffentlichen Lustbarkeiten zu besuchen, Wirtshaus und Badestube zu verlassen sobald einer der Hinterbliebenen des Erschlagenen sie betritt, ja sogar die Meidung der Heimat auf einige Jahre wurde oft vorgeschrieben. Der Täter musste vielfach sein Leben lang einen eisernen Ring oder einen Strick um den Hals tragen.

7. Die gesamten Gerichtskosten und die der Zeugen zu tragen.

8. Am Tatort ein steinernes Kreuz errichten zu lassen zur eigenen Buße und zum Seelenheil des Getöteten. ( Jeder Vorübergehende betet an solcher Stelle ein Vaterunser für den Toten, der ohne die Sterbesakramente verschieden war und dadurch die Seeligkeit nur schwer erlangen konnte. Die Gebete sollten dazu dienen, diese Frist des Toten zu verkürzen )

9. Der Täter musste sich auch öfters verpflichten, Kriegsdienst mit einer Anzahl geworbener Söldner, die er bezahlen musste, zu leisten.

Konnte der Totschläger alle die oben geschilderten Bußen erfüllen, dann war seine große Blutschuld gesühnt. Aus diesem Grund hat man die Verträge, um sie auch von anderen Privatverträgen zu unterscheiden, ,,Sühneverträge" genannt und die Erinnerungssteine ,,Sühnekreuze" wenn auch im Volk heute immer wieder von ,,Schwedenkreuzen" oder ähnlichem die Rede ist.

Kam ein Sühnevertrag nicht zustande, dann trat an seine Stelle die Blutrache der Hinterbliebenen, die sie an der Sippe des Täters vollzogen. Vielfach wurde der Körper des Erschlagenen so lange nicht der Erde übergeben, bis er gerächt war. Um den Toten zu konservieren, hat man ihn des öfteren in den Rauchfang ( Kamin ) zum Ausräuchern gehängt.
Etwas ,,in den Wind schreiben" hatte ursprünglich somit das Gegenteil von dem zu bedeuten was wir heute darunter verstehen.

Mit der Einführung der Halsgerichtsordnung Kaiser Karl V im Jahre 1533 wurden private Abmachungen nicht mehr geduldet, an ihre Stelle trat das ordentliche Gericht, das den Täter nach dem neuen Recht verurteilte. Mit der Einführung dieses neuen Rechtes wurden die Sühneverträge zwar offiziell abgeschafft, lebten aber je nach Landessitte noch durch das ganze 16 Jahrhundert fort, erst das 17 Jahrhundert räumte mit ihnen endgültig auf.

Steinkreuze vor dem 13 Jahrhundert

Durch das vorher Gesagte scheint es nun so zu sein, als ob es bei uns Kreuze irgendwelcher Art draußen auf den Fluren vor dem 13 Jahrhundert nicht gegeben hätte, dies trifft nicht zu, nur ist es fraglich ob diese Kreuze, die einer früheren Zeit angehören, aus Ursachen eines Totschlages entstanden sind. Wir wissen das es viele steinerne Kreuze vor dem Jahr 1000 gegeben hat, die ihren Ursprung in der Devotion hatten. So ist es bekannt das die Angelsachsen schon im 7 Jahrhundert den Brauch hatten, zur Verehrung Gottes und zum Gedächtnis der Vorfahren, Kreuze aufzustellen. In der Lebensbeschreibung des heiligen Willibald finden wir da recht interessante Hinweise, des weiteren sind Kreuze in Irland und Schottland, die sich bis auf den heutigen Tag herübergerettet haben, Zeugen dieser Erkenntnis. Aus Irland sind Hochkreuze bekannt die sich in das 7 Jahrhundert datieren lassen. Bei uns in Deutschland können diese Kreuze nicht vor dem 8 Jahrhundert in Erscheinung getreten sein, da die Missionierung nicht früher eingesetzt hat. Es ist eine Reihe von Steinkreuzen aus Deutschland bekannt und auch schriftliche Überlieferungen sind vorhanden, mit denen man den Nachweis des frühen Brauches bestimmen kann. Somit ist als gesichert zu betrachten: ,,Es gibt Steinkreuze in Deutschland, die vor das Jahr 1000 datiert werden können und diese sind meist religiösen Ursprungs, Steinkreuze nach dem Jahr 1000 sind als Sühnesteine zu betrachten":