Der Schatz im Saterland...

Begonnen von al, 06. April 2003, 21:39:20

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al

Text 1:

Die Scharreler Glocke in der Krätselgrube
 

In der Zeit, als die Mansfelder in Ostfriesland waren, fielen sie einige Male ins Saterland ein.

Einmal kamen sie mit ein paar hundert Mann und nahmen den Scharrelern die Glocke aus dem Turm und liefen damit weg. Die Männer aus Scharrel waren gerade nicht alle zu Hause. Die aber daheim waren, mussten mit eigenen Augen mit ansehen, wie die Mansfelder die Glocke aus dem Turm herausarbeiteten und sich beeilten, dass sie damit weg kamen. Während die Mansfelder damit zugange waren und zwischen Scharrel und Hollen mit der Glocke unterwegs waren, kam das Volk zusammen. Da sagte einer: ,,Leute, wollen wir uns die Glocke nehmen lassen von so wenig Volk? Das soll nicht geschehen! He, sofort hinterdrein!" Dazu waren die Scharreler gleich bereit. Sie holten die Mansfelder bald ein, nahmen ihnen die Glocke mit Gewalt wieder ab und schlugen die Soldaten, dass diese Reißaus nehmen mussten.

Als sie die Glocke wieder in Scharrel hatten, sagte einer, der das Wort führte: ,,Damit ist es nicht genug, dass wir denen die Glocke wieder abgenommen haben, wir hatten es jetzt mit zweihundert Mann zu tun, aber nicht mehr lange, dann kommen zweitausend, und dann müssen wir sie doch noch missen, wenn wir sie nicht an die Seite bringen. Dann wird das letzte noch schlimmer als das erste, und das Geld, welches in Scharrel ist, das nehmen sie dann noch dazu mit. Wir tun nichts Besseres, als wir gehen bei, nehmen all das Geld, das wir haben, tun dieses in die Glocke, lassen dann das unterste von der Glocke nach oben in die Krätselgrube sacken und legen darauf einen großen Stein. Wenn die Mansfelder dann weg sind, gehen wir hin und holen die Glocke mit dem Geld wieder aus der Grube heraus."

Den Vorschlag nahmen alle an, und machten es dann auch so.

Später, als die Mansfelder weg waren, wollten sie auch einmal hin, um die Glocke mit dem Geld wieder aus der Grube herauszuholen. Aber, was war da zu tun? Die Glocke mit dem Geld und dem Stein war so weit in den weichen Grund hinuntergesackt, haushoch Wasser stand darauf. Die Glocke war unmöglich zu bekommen, und so soll die Glocke mit dem Geld und dem Stein obenauf noch darin sitzen bis jetzt.

Lange Zeit danach setzten einige aus Scharrel es sich in den Kopf, die Grube leer zu schöpfen, so wie Lümke Gaarelt, Häärbärchs Ailt, Büterjans Aljert, Bette Wääd und sein Bruder Ailt, die nun schon lange tot sind. Sie nagelten Teerfässer und Stöcke zusammen und mit zwei Mann darauf fingen sie an zu schöpfen, einige mit Wannen, einzelne mit Fässern. Sie bekamen das Wasser so weit heraus, so dass sie den großen Stein zu sehen bekamen, unter dem die Glocke liegen soll. Fokke Wilke, der noch lange danach lebte, erzählte, dass er den Stein gesehen habe, als er zum Vorschein kam. Und einige Scharreler, so auch eine alte Frau, Liesbeth Borchmann, haben auf dem Stein gestanden.

Nun ging das Schöpfen und das Lärmen los, dass die Leute im Dorf dieses hörten. Dann liefen alle dorthin und wollten auch etwas von dem Geldsegen haben. Das wollten die ersten denen nicht zugestehen, so dass fast eine Schlägerei entstand, und die Wasserquelle in der Grube warf so stark auf, dass sie das Wasser nicht niedriger bekommen konnten. Da mussten sie aufgeben und liegen lassen, was da liegt. Die Grube lief wieder voll mit Wasser und an Leerschöpfen wurde nicht wieder gedacht.

In der Hitlerzeit wurde von der Ziegelei die Motorpumpe mit langen Schläuchen aus der Lehmkuhle geholt und die Krätselgrube leer gepumpt. Die Grube wurde bis auf den harten Grund untersucht. Mit Schlamm zugedeckte Steine wurden gefunden und umgedreht, aber die Glocke war nicht zu finden. Nun ging das Raten los, wie dieses möglich war. Als im Herbst 1959 die Sagter Ems gerade gegraben wurde, war noch einmal Hoffnung. Die Bagger brachten keine Glocke nach oben.

Quelle: http://www.literaturatlas.de/~la4/glockede.htm


Text 2:

Die Geschichte über die Glocke im Krätzeldobben (mögliche Worterklärung: Krätzeldobben kommt von Katdobbe = Katzengrube. Diese Katzengrube hat ihren Namen von einer Sage erhalten. Zigeuner sollen dort einst ein Kind ertränkt haben) von Scharrel ist weithin bekannt. Den Namen Krätzeldobbe (etwa 15 bis 20 Fuß tief) hat eine Parzelle im Scharreler Maiglöckchenwald.

Auf einem der Mansfelder Raubzüge, die das Saterland schwer verwüsteten, kamen im Winter 1622/23 einige hundert Mansfelder über das gefrorene Moor ins Saterland. Sie wollten die Glocken im Scharreler Kirchturm rauben. Nachdem sie die Glocke aus dem Turm herausgeschafft hatten, zogen sie damit in Richtung Ostfriesland. Die Daheimgebliebenen mußten mit ansehen, wie die Glocke abtransportiert wurde, denn unglücklicherweise waren die meisten Männer in Scharrel nicht zu Hause.

Man kam zusammen und überlegte, was man tun könnte. Einer äußerte einen Gedanken, der von allen gleich akzeptiert wurde:" Wollen wir unsere gute Glocke von so wenig Leuten nehmen lassen? Das wollen wir nicht zulassen, also hinterher!"

Bewaffnet mit Sensen und Dreschflegeln eilte man den Mansfeldern hinterher, die inzwischen schon zwischen Scharrel und Hollen waren. Den Scharrelern gelang es mit vereinten Kräften, die Glocke zurückzugewinnen und den Mansfeldern eine gehörige Lektion in Form einer Tracht Prügel zu erteilen. Nach der Eroberung machte sich die Sorge breit, was mit der Glocke geschehen sollte. Man befürchtete nämlich, daß die Mansfelder mit 2000 Mann zurückkommen würden, um den Scharrelern alles zu nehmen. Der Wortführer meinte, daß man die Glocke verstecken müßte, und beschloß, alles Geld und Schmuck in die umgestülpte Glocke zu geben, um diese im Krätzeldobben zu versenken.

Gesagt - getan. Man versteckte die Glocke und legte einen Stein obendrauf. Sollten die Mansfelder wiederkommen, würden sie nichts finden. Wenn die Zeiten ruhiger würden, wollte man die Glocke, das Geld und den Schmuck wieder heben. Nachdem die Mansfelder abgezogen waren, wollte man die Glocke aus dem Moortümpel herausholen, aber diese war so tief in den weichen Moorgrund eingesunken, daß es unmöglich war, sie herauszuziehen.

Im Laufe vieler Jahre überlegte man, wie man an diese Glocke kommen könnte. 1770 unternahm man einen ersten Versuch, um die Glocke zu heben, und es wird berichtet, daß einige Leute den Stein auf der Glocke haben liegen sehen. Die Mühe war vergeblich. Das Wasser im Dobben stieg stark an. Mittels einer, von der Strücklinger Ziegelei geliehenen Wasserschnecke hatten ca. 80 Mann im Jahre 1860 einen Stein bloßgelegt und ein Stück davon abgesprengt. Ein Gewitter mit starkem Regen füllte wieder den Dobben mit Wasser.

Vor dem 2. Weltkrieg machte man erneut Anstrengungen. Wieder konnte man nur den Stein sehen, auf dem auch einige Einwohner gestanden haben sollen. Der Ziegelpächter Brinkmann ließ am 5.5.1934 mit einer Kreiselpumpe und einem Motor den Dobben in 10 Tagen leer pumpen. Am Rande lag ein etwa 2x2x1 Fuß großer abgesprengter Granitstein mit einem 1 Fuß tiefen Bohrloch. Mittels eines Erdbohrers und einer 4,50 m langen Eisenstange stellte man 1934 am Nordrand des Dobbens, 2,5 m unter der Erde einen Stein fest, der wohl die Glocke mit dem Geld und dem Goldschatz zudeckte. Ziegeleiarbeiter und Dorfleute schachteten die Erde aus, aber ein großer Wasserzufluß erschwerte die Arbeit. Schließlich legte man Drahtseile um den Stein und zog ihn mittels einer Laufkatze an Land. Unter diesem großen Stein lag aber nichts. Man suchte das Gelände im Umkreis mit einer Eisenstange nach einem anderen Stein ab, fand aber nichts. Nach alten Überlieferungen sollte der fragliche Deckstein der Glocke ein Mühlenstein sein.

Einen letzten Versuch gab es 1959, anläßlich der Begradigungsarbeiten an der Sagter Ems. Ein eingesetzter Bagger konnte einen großen Stein zur Seite heben, und schließlich stieß man auf einen metallenen Gegenstand. Die Spannung wuchs. Leider mußte auch dieser Versuch erfolglos abgebrochen werden, da die eingesetzten Bagger in den Dobben zu rutschen drohten. Heute liegt der Krätzeldobben an der Böschung der B 72 in der Nähe des Luker - Wegmannschen Getreideschuppens.

Quelle: http://www.ph-cip.uni-koeln.de/~imig/sater/Sagen.html

GF!

al

Jotonius

Super Sage! :super:

Solche "greifbaren" Schatzsagen sind einfach die besten. Leider sehr rar...

Wenn bei der Suche im Schlamm ein Skelett mit Betonschuhen gefunden wird, dann ist die Glocke sicher nicht mehr weit weg. Das Skelett ist dann von dem, der den Einfall hatte, die Glocke dort einzubuddeln. :-D

al

Es gibt noch Bilder der 1959er Suchaktion...

Vielleicht finde ich die noch, dann mehr...

al

"Beton" gabs aber um 1623 noch nicht, oder...? :-):-):-)

[Bearbeitet am 6-4-2003 von al]

Jotonius

Stimmt, Beton gabs noch nicht, aber Mörtel (mit dem man ganze Burgen zusammenklebte). :-)

SheepThought

ZitatOrginal gepostet von Jotonius
Stimmt, Beton gabs noch nicht, aber Mörtel (mit dem man ganze Burgen zusammenklebte). :-)

Moin zusamm!

Also Beton gab es schon seeeeeehr lange... :besserwiss:
Das ist eine der Erfindungen (?) der Römer (vielleicht waren sie wie bei anderem auch nur schlau genug es abzuschauen...)!

Wer mehr wissen will kann ja mal nach Augsburg fahren: Sonderausstellung

Bye

Derk

pfannenwäscher

Was ist hier eigentlich das Problem?
Man könnte die Glocke doch sicher mit ner anständigen Pi-Rahmenspule orten, sonst ohne probleme mit einem Bodenradar(obwohl noch schweineteuer, aber sicher zu mieten?)!

Und das Ausgraben? Großer Bagger und eine neue Hochleistungspumpe, ebenfalls mieten!

Hab ich was vergessen, das sieht alles so verdammt machbar aus!:-D

Spuernase

Was ich mich schon immer gefragt habe (die Geschichte steht ja auch schon in Ostlers Schatzsucherbuch), warum legen die einen Stein auf die Glock und wie geht das???:irre:
Um die Glocke zu beschweren, damit sie nicht auftaucht? :irre: :irre:
Lag die Glocke auf dem Kopf drunter, damit das Geld etc. nicht rausfällt?
Wie haben sie den Stein drauflegen können, war das Wasser damals nicht so hoch?


"Mörtel" gibts schon ur-lange, oder auch den Indianerzement "Calice". Das ist aber alles kein moderner Beton, der ja erstmal gebrannt wird, um Kristallwasser aus dem Kalk zu vertreiben und dann mit verschiedenen Zuschlägen (zum Bsp. Silizium ) erst die Härte bekommt.
Situs vi late in, is et ab an et!

pfannenwäscher

Ich nehme an, der Mühlstein sollte als eine Art Sicherung bzw. "Siegel" fungieren, d.h. verhindern, dass irgendjemand mal den Tümpel betaucht (ohne Ausrüstung natürlich) und so oder auch anders an einen Teil des Depots herankommt.
Vielleicht sollte der Stein die Glocke noch tiefer ins Sediment drücken oder aber irgend ein Scherzkeks hat mal einen alten Mühlstein in die Grube geworfen und behauptet da läge ein Schatz drunter und alle Idioten sind drauf reingefallen während unser Freak einen Laden für Bagger aufgemacht hat:baller2::lol:

Was heißt eigentlich, "Die Grube wurde bis auf den harten Grund untersucht" ???
Gibt es in der Gegend so eine Art niedrigen"Bedrock", also Muttergestein???

@Spuernase :"und wie geht das???:irre: "
Wüsste ich auch mal gern, so ein Mühlstein ist doch sauschwer (und damals sicher auch sehr wertvoll!!!)
Den mit der Glocke kurz aus dem Dorf zu holen und dann einfach so in einen Sumpf zu werfen... ?naja!
:cool1:

Bigfoot

Hole diesen Uralt-Treat mal wieder hoch. Habe mich aufgrund Funde in unmittelbarer Nähe dort sehr mit dieser Sage beschäftigt. Bin mittlerweile soweit, mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen zu können, was sich vermutlich in der Glocke befindet, dass diese Glocke aus dem 15. Jahrhundert stammt und  warum der Stein auf die Glocke gelegt wurde und wo genau sich die Scharreler Ihre Glocke von den Mansfeldern mit Waffengewalt wiedergeholt haben. Habe mittlerweile einige Vorträge über diese Sage im Saterland gehalten.   

Mittlerweile werden auch die meisten auf den ersten Blick unlogischen Begebenheiten in der Sage, bei genauerer Betrachtung immer logischer. Wie das Verschließen der Glocke mit einen Stein, warum die Scharreler einen eher ungewöhnlichen Gemeinschaftshort anlegten, warum die Glocke versenkt wurde. Warum es Krätzeldobben heißt (nicht wegen dem Kätzchen) usw.

könnte die meisten der o. g. Fragen beantworten, aber denke die Personen sind hier kaum mehr aktiv.

Viele Grüsse aus dem Saterland.