Gedanken bei der Ackersuche

Begonnen von nagelbieger, 23. August 2011, 15:24:42

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nagelbieger

Hallo Mitsucher,
bei meinen Gängen über die Äcker und bei der Auswertung der Funde ist mir aufgefallen, dass der größte Teil meiner Funde auf das 19.Jh. entfällt. Weniger das 20.Jh., noch weniger die Jh. vor dem 19.Jh. Ich wähle mir meine Äcker sehr bewusst nach Recherche und Begehungen ohne Sonde aus, suche mgl. Dorf- und Stadtnah, an alten Wegen und Straßen, die Dörfer sollten dabei mgl. alt sein und "Geschichte geschrieben" haben.
Nun meine Frage: Ist dies bei euch ähnlich? Warum ist das so?
Ich habe natürlich selbst versucht, darauf für mich eine Antwort zu finden.
:kopfkratz: Es könnte mit dem Alter des Ackers zu tun haben. Die Dörfer wurden im Laufe der Zeit größer, die dorfnahen Flächen überbaut. Neuer Acker wurde erschlossen und Wald dafür gerodet...
:kopfkratz: Die älteren Fundstücke liegen tiefer - was ich nicht wirklich glaube bei der Pflugtiefe moderner Pflüge...
:kopfkratz: Die Bauern des Mittelalters haben weniger zu verlieren gehabt - weil auch weniger besessen...
:kopfkratz: Die Hauptzahl der Funde sind mit dem Mist auf die Felder gelangt. Auf den Mist kam damals alles, was auf dem Bauernhof anfiel. Auch der Kehrricht, der Inhalt der Klärgrube (wenn man nicht sowieso auf den Mist schiss), die Abfälle aus dem Haushalt... Vielleicht wurde im Mittelalter damit nicht so ausgiebig gedüngt wie in späteren Jahren?...

Noch warte ich also auf meine mittelalterlichen Ackerfunde und werde mir bis dahin weiter so meine Gedanken machen. Vielleicht hat ja jemand ähnlich Beobachtungen gemacht...

Gruß aus Thüringen
Nagelbieger

mc.leahcim

#1
Hallo Nagelbieger
Zitat von: nagelbieger in 23. August 2011, 15:24:42
:kopfkratz: Es könnte mit dem Alter des Ackers zu tun haben. Die Dörfer wurden im Laufe der Zeit größer, die dorfnahen Flächen überbaut. Neuer Acker wurde erschlossen und Wald dafür gerodet...
Das ist bestimmt ein Grund
Zitat
:kopfkratz: Die älteren Fundstücke liegen tiefer - was ich nicht wirklich glaube bei der Pflugtiefe moderner Pflüge...

Es wird nicht mehr Tiefgepflügt, ganz im Gegenteil. Daher kommen auch keine alten Teile hoch.
Zitat
:kopfkratz: Die Bauern des Mittelalters haben weniger zu verlieren gehabt - weil auch weniger besessen...

Das mag sein, das sie besser auf ihren Kram aufgepasst haben.

Zitat
:kopfkratz: Die Hauptzahl der Funde sind mit dem Mist auf die Felder gelangt. Auf den Mist kam damals alles, was auf dem Bauernhof anfiel. Auch der Kehrricht, der Inhalt der Klärgrube (wenn man nicht sowieso auf den Mist schiss), die Abfälle aus dem Haushalt... Vielleicht wurde im Mittelalter damit nicht so ausgiebig gedüngt wie in späteren Jahren?....

Da sie keinen Künstdünger hatten wurde nur mit Mist gedüngt.

Zitat
Noch warte ich also auf meine mittelalterlichen Ackerfunde und werde mir bis dahin weiter so meine Gedanken machen. Vielleicht hat ja jemand ähnlich Beobachtungen gemacht...

Es kommt nicht nur auf das alter der Dörfer an sondern auch ob sie in der Nähe von Handelswegen waren, ob es Markt gab. Also ob die Dörfer schon damals etwas größer waren.

Gruß

Michael
Gum biodh ràth le do thurus. = Möge deine Suche erfolgreich sein (Keltisch/Gälisch)
Die soziale Kälte hilft nicht die globale Erwärmung aufzuhalten!!

pflaume


platinrubel

naja, ältere funde sind auch seltener, weil mehr recycelt wurde - metall, glas, kleidereste, alles konnte und wurde wiederverwendet.
in ärmeren gegenden und dörfen war glas unter umständen noch gar nicht oft in verwendung, da einfach zu teuer.

wenn die felder zu weit von der stadt entfernt waren, ist auch selten der mist und abfall der stadt bis auf diese felder gelangt.
auf geld, sofern es regelmässig im umlauf war und nicht reiner tauschhandel vorherrschte, wurde auch mehr geachtet.
gruss platin
Ich warte immer noch auf meine erste Goldmünze!!!

Lojoer

Zitat von: nagelbieger in 23. August 2011, 15:24:42
Hallo Mitsucher,
bei meinen Gängen über die Äcker und bei der Auswertung der Funde ist mir aufgefallen, dass der größte Teil meiner Funde auf das 19.Jh. entfällt. Weniger das 20.Jh., noch weniger die Jh. vor dem 19.Jh.
Also das kann ich so nicht bestätigen. Die meisten meiner Funde stammen aus dem 20. Jhdt. (Colabüchsen, Abziehlaschen, Kronkorken, unterschiedliche Blechfragmente usw.)
Je weiter ich zurückgehe desto weniger Fundstücke tauschen auf.
Das rührt einfach daher, dass es sich bei den älteren Funden überwiegend um echte Verlustfunde handelt (seltener Hortdeponien) und nicht wie heute um Müllentsorgung. Gehe einmal auf einen Acker, auf dem jüngst Kompost aufgebracht wurde. Na Malzeit - pro qm zig Signale. Da kann man nur froh sein das Platik kein Signal gibt.
Gruß Jörg

nagelbieger

Hallo Jörg,
die von Dir aufgezählten Müllfunde aus dem 20.Jh. zähle ich hier nicht mit, die landen eh im Schrott. Mir ging es mehr um die verwertbaren Funde aus geschichtlicher Sicht. Bei diesen sind auch viele Fundstücke aus der Müllentsorgung unserer Vorfahren.
Auch hier habe ich mit dem "Kompost" zu kämpfen mit seinem hohen Metall- und Plastikanteil. Äcker die damit gedüngt wurden, besuche ich nicht mehr.

Hallo Platin,
Deine Argumente, vor allem des Recyclens alles Wiederverwendbaren füge ich dann meinen Argumenten noch bei. Auch dass auf das wenige Geld besser geachtet wurde ist ein wichtiger Punkt...

Hallo Michael,
suche seit Jahren an den größten Handelswegen meiner Heimat und den an diesen Wegen liegenden Ortschaften. Die größte Funddichte habe ich dabei in der Nähe von ländlichen Städtchen, die einstmals an der innerdeutschen Grenze liegend sich über lange Zeit nicht vergrößern konnten. Trotzdem fehlen mir hier die rein mittelalterlichen Funde. Die Orte sind z.T. 1300 Jahre alt...

Danke für alle Antworten

gruß Nagelbieger

Schmerlen-andy

Wenn ich noch einen Gedanken enfügen darf der mir grade neulich beim Sondeln kam:
Äcker auf denen Osterfeuer abgebrannt wurden können ebenfalls interessant - und auch nervig anstrengend sein: dort wurden sowohl alte Kanickel-kisten mit verbrannt (toll für "nägelfinder" :wuetend:) aber auch alte Münzen als "Glücksbringer" geopfert  :super:

Horschtl

Nagelbieger, die gleiche Beobachtung wie Du konnte ich kürzlich auch wieder machen. Auf einem Acker lag reichlich Metall aus dem 19. Jahrhundert. Fast nix 20. Jahrhundert (glücklicherweise auch kein moderner Schrott), und nix vor 19. Jahrhundert, wenn man mal von etlichen steinzeitlichen Artefakten absieht, die ich natürlich auch gerne mitgenommen habe. Die Sachen aus dem 19. Jahrhundert sind, wie ich vermute, mit dem Mist aufs Feld gekommen. Auf einem einzigen anderen Acker hatte ich bisher eine Häufung von Sachen aus dem 18. und 17. Jahrhundert. Älteres war mir bislang leider auch noch nicht beschert.

Grüße vom Horschtl  :winke:

DonCordoba

Ich habe auf jedem Acker innerhalb unserer Gemarkung Kriegsschrott des 20. Jahrhunderts dabei,
ich suche wenige Kilometer westlich einer schon im 2. Weltkrieg bedeutenden Chemieanlage (Anflugschneise)  :heul:

Liebe Grüße,  :winke:
Michael
LEGIO I FLAVIA MARTIS

Lojoer

Hi Nagelfinder,
Zitat von: nagelbieger in 25. August 2011, 14:40:37
die von Dir aufgezählten Müllfunde aus dem 20.Jh. zähle ich hier nicht mit, die landen eh im Schrott. Mir ging es mehr um die verwertbaren Funde aus geschichtlicher Sicht.
dass lass ich so nicht gelten. Die Fibel ist der Knopf der Antike und der Plastikkanister entspricht der Amphore  :frech:
Wo ist der Unterschied zwichen einem röm. Nagel und der Schraube vom Trekker. Wenn die in ein paar hundert Jahren gefunden würden wären sie geschichtsrelevant. Der Müll in den Abfallgruben der Römer zählst Du zu guten Funden, der neuzeitliche nicht. Bei mir wandert neuzeitlicher Müll auch in die Tonne, aber wenn man statistisch die Funde der Zeitstellungen zählt, gehört er dazu.
Bitte das ganze nicht so ernst nehmen, wenn auch ein Körnchen Wahrheit enthalten ist.
Gruß Jörg

platinrubel

gerade der punkt münzen ist zur bestimmung der nutzungsdauer eines ackers von grosser bedeutung.
lassen wir mal aussen vor, an dem acker wäre ein handelsplatz, festplatz, turnierplatz, zoll/mautstation oder sonstigeer hochfrequentierter ort gewesen.
dann ist die funddichte relativ gering, weil es einfach nichts zu finden gibt.
wichtig zu wissen ist, das die bevölkerungsdichte besonders in den ländlichen gegenden ziemlich gering war.
daneben gab es dichtbesiedelte ballungsgebiete. dazu kommt das in vielen gegenden bis ins 16. jahrhundert und darüber hinaus in vielen abgelegenen gebieten geld tatsächlich mangelware war, da tatsächlich noch der tauschhandel vorherrschte und sogar steuern und abgaben in naturalien abgegolten wurden. da kann von daher schon nicht viel geld herumliegen. knöpfe wurden generationenlang wiederverwendet, geschirr der landbevölkerung bestand aus holzschüssseln, holztellern und holzlöffeln.trinkgefässe aus ton oder ebenfalls aus holz. metall war meist nur bei den wohlhabenderen vorhanden.
wärend der adel und die reichen stadtbürger schon die gabel kannten, war sie bei der einfachen landbevölkerung noch weitgehend unbekannt.
selbst fensterglas war teuer und die bauernhäuser und hütten waren dunkel und hatten keine grossen fenster sondern meist nur kleine löcher.
und was nicht gerade aus recyclefähigem metall gefertigt war, das war aus biologisch abbaubaren naturprodukten hergestellt und hinterlässt daher wenige spuren.

guter indikator für einen fundträchtigen acker sind immer keramikscherben der verschiedensten jahrhunderte und epochen. das zeugt von einer intensiven nutzung.
gruss platin


Ich warte immer noch auf meine erste Goldmünze!!!

pflaume

#11
Anbei ein Foto eines riesigen Ackers  der ''FUNDLEER'' ist,ich mein absolut Nichts.
Keinerlei Scherben
Kein Kronkorken ,keine Münze ,Nicht mal ein Aluschnipsel.
Das Merkwürdige ,alle Felder  drumherum sind äusserst ergiebig für Archäologen (Römischer Strassenknoten etc.
Manchmal entscheiden nur Hundert meter , wo etwas interessantes liegen könnte.
gruss
mike :winke: