Rijkholtfeuerstein auf einem neolithischen Siedlungsareal am rechten Niederrhein

Begonnen von thovalo, 11. Februar 2011, 15:21:23

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thovalo

 :winke:

Auf einem neolithischen Siedlungshügel am rechten Niederrhein fand sich Gesten eine beeindruckende Serie von nicht weiter verwendeten Abschlägen, die unmittelbar am Platz abgebaut worden sind. Es liegen aus den Begehungen der vergangenen Jahre bereits sehr zahlreiche weitere Belege der Grundformproduktion aus eingetauschten Rohgesteinen aus dem Bereich dieses Werkplatzes und von anderen Werkplätzen auf dem Gesamtfundkomplex vor.

Die real zu überwindende Entfernung zur Rohgesteinlagerstätte betrug mindestens 130 Kilometer, dann allerdings auf nicht ausgebauten Wegen und ggf. mit diversen Hindernissen, wie Mooren und dichten Wäldern. In der Summe macht das 260 Kilometer, falls jemand ernsthaft glauben sollte, dass die hier lebenden Neolithiker im 5. -4. Jahrtausend v. Chr., ohne Navi und quer durch die Territorien anderer Bevölkerungsgruppen, tatsächlich selber ihren Rohsilexbedarf dort gedeckt haben sollten.

Egal ob selber geschürft oder eingetauscht, gibt es für die zurück gebliebenen Fundmengen nicht verwendeter großformatiger Silices in hoher Materialqualität bislang keine Erklärung. Selbst auf Vielen der Fundplätze die den Lagerstätten räumlich näher liegen, gibt es keine auch nur annähernd vergleichbare Fundbeobachtungen solcher Mengen nicht weiter genutzter Rohgesteinmengen!

Das Fundaufkommen deutet auf eine hoch optimierte Versorgungslage hin und spiegelt eine regelrechte "Überversorgung" mit dem sonst an anderen Orten hoch dringlich nachgefragten und so weit wie möglich immer weiter recycelten Rohmaterial wieder.


Zwei Bilder zeigen fliegende Schwäne über "staunenden" Nilgänsen als Wintergäste am Niederrhein .... immerhin ein paar Ägypter, die den "Abflug" aktuell geschafft haben ........   :-D


Das Format des Abschlags:

Maße: Länge 8.5 cm; max. Breite 6.2 cm; max. Dm. 2.1 cm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Ein Abschlag aus hellgrauen gemaserten Rijkholtfeuerstein ....


Länge: 5.3 cm; mx. Breite: 3.1 cm; mx. Dm: 1.2 cm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Ein verbrannter und zerbrochener Abschlag aus Rijkholtfeuerstein ......   :glotz:


Länge noch: 4 cm; Breite 3.8 cm; Dm: max. 1.7 cm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

 :-)

Dieser große und gleichfalls nicht weiter verwendete Abschlag stammt von einer zweiten Fundkonzentration im Gelände und zeigt deutlich ausgeprägte Schlagmerkmale eines "harten" Schlags, sowie ein großes dorsales Negativ!

Es handelt sich um bräunlich eingefärbten Maasschotter- oder Rijkholtfeuerstein dessen kreidige helle Kortex bereits weitergehend verrollt ist ....


LG  thomas


Länge: 7.4 cm; Breite: 4.9 cm; Dm: 2.2 cm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

steinwanderer

Moin Thomas,
zu dieser Zeit stand der Flintstein durch die Ausbeutung der Flintminen in Rijkholt wohl reichlich zur Verfügung. Du schreibst, das auf dem Platz ein höherer Anteil an ungenutzten Abschlägen als im Abbaugebiet vorkommt. Ist es deshalb nicht denkbar, das erst dort das Rohmaterial zu fertigen Werkzeugen aufbereitet wurde. Anhand der gezeigten Abschläge erkenne ich, das einerseits die direkte harte Technik zum Endrinden und der Herstellung von Kerngeräten dienend vorkommt als auch die indirekte Punchtechnik mit der lange Klingen erzeugt wurden. Hier handelt es sich wohl um einen Platz an dem hauptsächlich Beile und Stabdolchklingen hergestellt wurden. Der Rest war eben Abfall des hochspezialisierten Platzes.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

thovalo

 :kopfkratz:

....  "gibt es für die zurück gebliebenen Fundmengen nicht verwendeter großformatiger Silices in hoher Materialqualität bislang keine Erklärung. Selbst auf den Lagerstätten sehr viel näher gelegenen Fundplätzen gibt es keine auch nur annähernd vergleichbare Fundbeobachtungen nicht weiter genutzter Rohgesteinmengen!"  (hab ich Heute umformuliert, war wohl etwas missverständlich)

Im Bereich der Lagerstätte selber liegt bzw. lag alles voll ........ aber eben nur DA und schon nicht mehr in Siedlungen im näheren Umfeld ..... es gibt nur noch innerhalb des Michelsberger Erdwerks INDEN10 umfangreichere Fundmengen .... doch sind die in aufwendigen und umfangreichen Grabungen zusammen gekommen und nicht , wie hier, in reinen Oberflächenaufsammlungen, die grade mal seit sieben Jahren konzentriert durchgeführt werden.


Zu den anderen Fundplätzen im Rheinland liegen teilweise fast schon "Welten" dazwischen .....   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.