Mein erster Fund - Flintøkse

Begonnen von StoneMan, 18. Januar 2011, 22:08:01

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StoneMan

Flintøkse

Dolchzeit: 2.400 - 1.800 v. Chr. (Endneolithikum/Glockenbecherkultur)
Jungneolithikum/TBK um 3500 v. Chr.

Hier zeige ich euch meinen allerersten steinzeitlichen Fund.

Diese nordische spätneolithische Axt habe ich am Strand auf der Insel Møn/DK gefunden. Nur wenige Meter
von der Ackerkante entfernt die in diesem Bereich gerade mal 1,6 m über dem Strand liegt, der bis zum Spülsaum
der Ostsee auch nur knapp 15 m breit war.

1977 - es war der letzte Urlaubstag, es war der letzte Spaziergang am Strand.
Ich blieb stehen... ich musste zurück.
Ich stand da, es war nur ein Blick nach unten, es war sicher nur der Bruchteil einer Sekunde des Erkennens,
aber ich brauchte unendlich lange dafür, bis ich begriffen habe, dass da vor meinen Füßen ein Beil lag - mein erster Steinzeit-Fund.

Ich fieberte dem nächsten Urlaub entgegen.

Jedes Jahr nimmt die Ostsee im Winter ein Stück Acker mit und mitunter eben auch die Hinterlassenschaften
unserer Vorfahren. Vielleicht war meine Axt noch gar nicht in der Steinmühle des Spülsaumes, denn es haben
sich sogar die Schleifspuren erhalten.

Es ist also ein Zufallsfund, der mich in diese "Furche" des Suchens gebracht hatte, denn Sucher war ich schon seit meiner Kindheit.

Ob meine Flintøkse der ´vierseitigen Form´ mit annähernd rechtwinkeligem Querschnitt zugeordnet werden kann, sei dahin gestellt.

Zumindest sind alle vier Seiten zugerichtet und intensiv überschliffen, sodass kaum noch Spuren der Vorarbeit übrig blieben.
Die beiden Breitseiten sind in der Querausrichtung noch etwas konvex geblieben, in der Längsausrichtung nur schwach konvex.
Hingegen sind die beiden Schmalseiten in beiden Ausrichtungen annähernd eben/plan.

Die Breitseite verjüngt sich von 72 mm auf knapp 60 mm zum Ende hin.

Von der dicksten Stelle, 28 mmm (Übergang zur Schneide), verjüngt sich die Axt zum Nacken hin auf nur noch ca. 20 mm.
Ob und wie viel vom Nacken fehlt ist für mich Spekulation.
Ich erhoffe mir von euch ergänzendes Wissen zu diesem Axt-Typ oder vergleichbaren Funden.

Sehr deutlich ist der Schneidenbereich abgeschrägt zugeschliffen. Der Übergang vom medialen Teil der Axt zum Bereich
der Schneide verläuft mit einem deutlich sichtbarem Knick. Es sieht nach einer Nachschärfung aus, vermutlich ist aufgrund
der dezimierten Gesamtlänge der Winkel bereits schon stumpfer (als üblich) gewählt (?).

Unter Berücksichtigung des leicht konvexen Schliffs der Schneide würde ich den mittleren Basiswinkel mit ca. 40° angeben.
Aufgrund der starken Abnutzung/Beschädigung wirkt der Winkel deutlich stumpfer.

Alle Flächen weisen deutliche Schleifspuren auf, die wie so oft auf den Fotos nicht gut zu erkennen sind
(zumal ich zurzeit nur mit einer alten Behelfskamera ausgerüstet bin).


Ich würde mich über Korrekturen oder Ergänzungen meiner Auslassungen freuen.


Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

steinwanderer

#1
Moin Jürgen,
nach langem Überlegen halte ich es wohl doch für ein Dünnnackenbeil der Trichterbecherkultur. Also Früh.-Mittelneolithikum, denn die Einzelgrableute besiedelten nur das unfruchtbare Mittelland.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

Der Wikinger

#2
Moin Leute  :-)

Da schliesse ich mich gerne Klaus an !

Es ist recht eindeutig ein Dünnnackenbeil, wahrscheinlich ein Typ I oder II.
Ich würde es also sogar wagen vorsichtig zu sagen, der älteren Trichterbecherkultur.

Dein Fund ist recht deutlich "wassergerollt", man erkennt aber noch die Nachschärfung der ehemaligen Schneide.
Das Beil ist also ursprünglich, als es hergestellt wurde, wesentlich länger gewesen.
Von den Proportionen her, ist es mindestens doppelt, und wahrscheinlicher zwischen 25 und 30 cm lang gewesen.

:winke:

Fischkopp

Hallo Klaus,
Zitatdenn die Einzelgrableute besiedelten nur das unfruchtbare Mittelland
mich würde mal interessieren, was du damit meinst. Wo fängt für dich dieses Land an, und was meinst du mit unfruchtbar?

LG Hannes

steinwanderer

Moin Hannes,
mit Mittelland mein ich den sandigen Boden zwischen dem fruchtbaren, lemigen Boden der Ostküste und der Westküste. Dieser war für den Ackerbau geignet und war schon von den Trichterbecherleuten besetzt. Für die Wanderhirten der Einzelgrabkultur mit ihren Schafherden war das unfruchtbare Land ausreichend.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

StoneMan

Moin,

danke euch für eure Einschätzungen. Dann war meine Zeitstellung doch nicht korrekt.
Also eher Jungneolithikum um 3500 v. Chr.

Vor allem die Ergänzung von Steen zur ursprünglichen Gesamtlänge finde ich beeindruckend.

Leider habe ich keine Literatur zu den genannten Typen "I oder II", kann mir da jemand mit
Link oder Bildern helfen, mich schlauer zu machen?

Danke  :super:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

sludsen

Hai Jürgen,

danke für Deinen Bericht, ich denke fast jeder hier im Forum hat irgendwo irgendwann mal solch einen "Initialfund" gemacht und war fortan elektrisiert von der Vergangenheit.

Dein Axtkopf ist überdies ein besonders spannender Fund, man kann viel darüber nachdenken, wer die Axt in Gebrauch hatte, was er sah, was er erlebte, wie er lebte.

Kann man anhand des Abschlages zum Nachschärfen sagen, wie lange das Teil in Gebrauch war? Wie lange halten solche großen Steinwerkzeuge überhaupt?

Weiterhin gut Fund!!  :winke:

Gruß
Björn

Der Wikinger

Zitat von: StoneMan in 19. Januar 2011, 07:43:12
Leider habe ich keine Literatur zu den genannten Typen "I oder II", kann mir da jemand mit
Link oder Bildern helfen, mich schlauer zu machen?

Die Typologie ist die dänische (nordische) und wird u.a. von Peter Vang Petersen im Buch "Flint fra Danmarks oldtid" verwendet.

Hier ein foto von 7, von insgesammt 10 Beilen, eines Depot-/ Opferfundes.
Die Beile sind von diesem Typ, sind alle unbenutzt und bis zu 38 cm lang.

http://www.egedalhistorie.dk/cms/site.aspx?mode=show&showid=631&p=2759

:winke:

StoneMan

Moin Steen,

Mange tak for den fantastiske link   :super:

:Danke2:

Tak farvel

Jürgen

Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Fischkopp


@ Klaus, wieder was dazugelernt. Danke für die Info  :winke:

LG Hannes