Neolithischer Fund aus schön patiniertem Flint

Begonnen von Ajo, 05. Mai 2010, 13:42:58

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Ajo

Hallo Forum,

hier ein neolithischer Fund aus schön patiniertem Flint. FO: Nds, Ldkr. LG, auf "Sandboden". Es dürfte sich m. E. um ein Ovalbeil der EGK handeln. Aber vielleicht können hier die Spezialisten es besser einordnen?
Beifunde sind neben diversen Abschlägen eine vollretuschierte Flintsichel (ich glaube die habe ich hier schon gezeigt :kopfkratz:).

Warum ist das Beil so stark patiniert? Die Sichel und Abschläge (Baltischer Flint) sind es überhaupt nicht. :nixweiss:

LG
Ajo

Der Wikinger


Sehr schöner Fund  :super:

Eine Seitenansicht und eine Angabe der ungefähren Fundstelle würde bei der Bestimmung sehr helfen.

Glückwunsch zum schönen Beil  :winke:

Ajo

Vielen Dank! :-)

Der Fundort ist bei Lüneburg in Niedersachsen. Der Boden der Fundstelle ist sehr sandig.

Hier drei weitere Abbildungen...

LG

arriba

- sehr schönes Beil!  :super:  Vielleicht ist er so stark patiniert, weil er eben "ein wenig" länger als die anderen oben lag, und den Witterungsverhältnissen damit länger ausgesetzt war ...

:winke:
Rikke

rolfpeter

Servus,

ist der Stein wirklich patiniert oder ist das ein weißlicher Flint?
Sowas gibt's nämlich auch.
Hier ein Beilchen mit ovalem Querschnitt aus eben diesem Material:

HG
RP

Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Sprotte

Zitat von: Ajo in 05. Mai 2010, 21:18:46
Vielen Dank! :-) Der Fundort ist bei Lüneburg in Niedersachsen.

Hallo Ajo,

in der Tat ein sehr schönes Beil. Sind derartige Beile mit ovalem Querschnitt (insbesondere auch mit Entgratungsschliff als "Schmalseiten") im Lüneburger Bereich häufig oder eher die Ausnahmne, d.h, überwiegen Rechteckbeile.

Viele Grüße  :winke:
Sprotte

Mark77

Kurz was zur Patinierung:

Habe mal auf dem Glauberg gegraben (von der Uni aus), wir hatten dort ein Gräberfeld entdeckt (2006 wenn ich mich recht erinnere).
Bei der Freilegung der Skelette fiel auf, dass Knochen die nur ein paar Dezimeter von einander entfernt lagen, der Erhaltungsgrad dermaßen auseinander ging, dass die einen noch komplett, während die anderen schon völlig aufgelöst waren. Es ist immer gänzlich vom Bodenmilieu abhängig und das kann sich nun mal über geringe Räume hin stark verändern.
Soviel zu Thema Patina.. :zwinker:

Schöne Grüße,
Markus

thovalo

#7
@ ajo     :winke:

Würde mich auch rolfpeteres Frage anschließen, ob das wirklich ein patinierter oder ein weiss/hellfarbiger Silex ist!

Weißer Feuersten ist z.B. ein gesondert hervorgehobenes Material unter den Fundbelegen der neolithischen Siedlung von Büdelsdorf, Kreis Rendsburg-Eckernförde.

" Angesichts dessen fällt ein hochwertiger, weiß-grauer duffer, z.T. zementartiger Feuerstein auf, bei dem es sich nicht um sekundär patinierten Flint handelt, sondern um eine echte Varietät, die nicht aus der direkten Umgebung von Büdelsdorf stammt (Abb. 27). Dieser im Verlauf der Materialaufnahme kurz als "weiß" bezeichnete Flint ist gesondert aufgenommen worden, um Klarheit über die These des weiträumigen Güteraustauschs zu erlangen "...........  (S. 63)

Aus dem "weißen" Flint liege in Büdelsdorf fast ausschließlich Belege von Beillklingen vor.


Kapitel 6 "Weißer Flint -die Frage nach der Rohstoffbeschaffung" (S.180ff)

   
     Da liegt diese Frage auch räumlich nahe!
     .... Büdelsdorf - Lüneburg 163 km    :zwinker:


Literatur:
Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie.
Aus dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Kiel. Band 62
"Die Steinartefakte der befestigten neolithischen Siedlung von Büdelsdorf, Kreis Rendsburg-Eckernförde" Henning Haßmann.
2000. Komission bei Dr. R. Habelt GMBH. Bonn
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Ajo

#8
Hallo Ihr!

@RP: Spannend! Super Vergleichsstücke von dir und thovalo! Weißen Flint kannte ich so nicht. So wie ich das sehe wirkt die Beilklinge wirklich durch und durch weißlich :glotz:. Könnte auch aus ,,Kællingdal" (http://flintsource.net/nav/frm_mapflint.html, bei Svinkløv, Kællingdal ganz unten) sein, oder?
Es gibt einen dunklen Streifen (siehe dritte Abb.) der mich vermuten ließ das es patiniert ist. Eigentlich gibt es hier fasst nur Baltischen Feuerstein in bekannten Farbvarianten. Da lag die Annahme einer Patinierung nahe. Auch die geschlossene und fast speckige Oberfläche deuteten die Patina an. Sicher bin ich mir nun überhaupt nicht mehr. Die Bsp. von dir, flintsource und thovalo haben sehr verblüffende Ähnlichkeit mit dem Beil! :irre:

@ Sprotte: Das ist eine super Frage, die ich noch nicht beantworten kann. Ich meine dass der ovale Querschnitt typisch für die Einzelgrabkultur (EGK) ist (siehe z.B. Göttinger Typentafeln). Bei den Beiltypen vermute ich dass die Funde der Trichterbecher-Kulturen (rechteckig usw.) wesentlich häufiger gefunden werden. Für den ,,stabilisierenden" Entgratungsschliff der Schmalseiten habe ich von hier keine Fundbeispiele. Hast du allgemeine Vergleichsfunde mit Entgratungsschliff? Ich werde mich auch mal umschauen, und dann wieder Bescheid geben... :idee:

@ Mark77: Klasse Hinweis! Die verschiedenen Patinierungen sind hier selbst an einzelnen Stücken auffällig. Die F.St. ist eine leichte Hanglage mit sandigem Geschiebe. Die Funde (Spaltflächen) die diesen Farbton haben sind hier oft wesentlich älter. Die Varianten der Patina des Baltischen Flint gehen hier normalerweise von weiß-gräulich zu weiß-bläulich über bläulich nach weiß. Abhängig vom jeweiligen Bodentypen (Bsp. Moorpatina). Besonderheiten sind Stücke die unterschiedlich stark patiniert sind. Die Oberfläche kann stark weiß-blau patiniert sein und die im Bodenbefindliche Seite ist ohne Patina, wobei der Acker die letzten Jahre immer wieder umgewälzt wurde. (Chronologisch würde ich die Patina auch nicht betrachten.)

@ thovalo: Vielen Dank für den Literaturtipp, werde ich mir gleich zum Wochenende einverleiben...  :super:


Vielen Dank für eure tollen Hinweise!!!  :prost:

Hoffe es ist nicht zuviel Text, aber ein ,,sicher zugeordnetes Stück" gibt mir Dank euch wieder neu zu denken. Wenn das Material aus dem Norden stammt könnte es (wie in Büdelsdorf?) als Geschiebe hier gelandet sein, oder es kam (schwer vorstellbar) aus dem Süden dann z.B. als ,,Tauschobjekt"...  :kopfkratz:

LG

thovalo

#9
Wenn es sich um "weißen" Flint der Art der Büdelsdorfer Beilklingen handelt, dann stammt Dein Beil NICHT aus Nordischem Geschiebe oder ähnlichen "sekundären" Lagerstätten, sondern sehr viel wahrscheinlicher aus einer gezielt abgebauten Lagerstätte und ist "ausgetauscht" worden!

Und nicht unbedingt aus dem "Süden"  :nono:  wieso nicht aus dem "Norden"?  :daumen:



Dieses besondere Silexvarietät war, nach der Publikation zu Büdelsdorf, ein "Tauschgut" und wurde vermutlich in Form von "Halbfabrikaten"/"Vorarbeiten", die noch abschließend fertig gestellt werden mussten, weiter gegeben!


Sag DU uns dann bitte nur mal WO diese Varietät zu finden ist!

Das würde uns und der archäologischen Welt deutlich weiter helfen!


Und bitte recht zügig   :zwinker:  ............. kann´s nämlich kaum erwarten!!!!!!!!!!!


:winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Ajo

Cool,

der Fundort ist dem Bezirksarchäologen bekannt, nur das es halt (noch) als patiniertes Stück vermerkt ist :zwinker:

thovalo

Dann bin ich mal gespannt ob es dabei bleibt!

:-)
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

bernolef

Hier mal ein Restkern aus diesem cremefarbenen Feuerstein. Vielleicht für Ajo interessant, weil ebenfalls aus dem Landkreis Lüneburg.

thovalo

@ bernolef  :winke:

wäre klasse wenn du auch noch die Maße mit angeben kannst!

Das wäre ja auch schon ein klarer Beleg für die Verarbeitung von eingetauschtem weißlich/crémefarbigen Material im Raum Lüneburg (wie für "Büdelsdorf" bereits klar festgestellt).

:kopfkratz:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

bernolef

#14
Lieber thovalo, der Flint ist so hell, daß dagegen mein Maßstab, die Büroklammer, rechts unten im Dunkel verschwindet. Der Stein ist 4 cm hoch. Das Material kommt hier im Geschiebe natürlich vor. Es wird nur selten verarbeitet. Wenn man die vielen "Steckenbleiber" an meinem Stück sieht, versteht man das.

Ajo

Hallo bernolef,  :winke:

vielen Dank für deinen Hinweis, ist ein sehr schöner weißer Kernstein! Und ja, es ist augenscheinlich das gleiche Material. :glotz: (Die Cremefarbe und Struktur passen) :super:

Ich habe meine Funde nochmals durchgesehen und habe festgestellt dass es hier viel mehr weißen Feuerstein gibt. Auch die vielen Trümmer deuten auf Geschiebe als Herkunft hin. Aber das muss genau verifiziert werden.

Ich habe gleich ein Trümmerstück ,,aufgeschlagen", die frische Spaltfläche ist rechts unten... :glotz:
(Aus dem Geschiebe bricht der Flint völlig unkontrolliert. Ich kann gerne größere Spaltflächen reinstellen.)
:kunst:

LG und :danke: an alle!

Ajo

Hallo bernolef,

Wie wurde denn dein Kernsteinmaterial eingeordnet, speziell oder allgemein als Baltischer Feuerstein??? :kopfkratz:

LG

thovalo

Es geht ja um den Feuerstein der Beilklinge(n)!  :-)

Sind denn für solche Formate und in vergleichbar guter Bearbeitungsqualität "baltische" Feuersteine in "weiß" in den Geschiebeablagerungen zu finden!?!?!?

Nach Büdelsdorf ist "weißer" Flint (nach der sehr umfangreichen Publikation) ausdrücklich ausgetauscht worden!

Damit wir uns nicht verzetteln, wie und wo es in Geschiebe ganz allgemein "weißen" Feuerstein gibt!
Daraus könnte sich eher eine unterstützende Spur ergeben in welcher Himmelsrichtung man intensiver nach der/den ursprünglichen Lagersätte(n) suchen und "könnte"!   :zwinker:


:winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.