Spätneolithikum am Niederrhein

Begonnen von thovalo, 21. März 2010, 23:08:39

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thovalo

Vom Niederrhein ist seit 2004 ein riesiges Siedlungsareal bekannt, das sehr wahrscheinlich geschlossen dem Zeitabschnitt des späten Neolithikums zuzuordnen ist (ca. 3.500 - 2.800 v. Chr.). Neben Pfeilspitzen wurden gleichzeitig Pfeilschneiden und Mikrokratzer gebraucht, eine Gerätetradition die sonst nur im spätneolithischen Kulturhorizont "SOM-Stein-Vlaadringen-Wartberg" üblich gewesen ist. Die typologischen Vielfalt der Merkmale der Projektile ist enorm und der für die abgebildeten Artefakte verwendete Feuerstein gehört zu den Varietäten "Rijkholt", "heller Belgischer Feuerstein" und "nordischer Feuerstein". Unter der abgebildeten Auswahl von Belegstücken, die alle einer einzigen Fundkonzentration entstammen, befinden sich von einer Feldbegehung Gestern als Neufunde eine Pfeilspitze, eine Pfeilschneide und zwei Mikrokratzer.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

steinsucher

Hallo thovalo, hallo Forum.

Das ist definitiv eine interessante Sammlung. Nachdem auch nordischer Feuerstein enthalten ist, wäre es interessant, wo ungefähr die Fundstellen einzuordnen sind. Sicher nördlich von Heinsberg, oder? Auf der hauseigenen Karte habe ich Dich noch nicht gefunden. Gerade die kleinen Kratzer bilden eine Parallele zu einer meiner früheren Fundstellen. Zunächst glaubte ich an eine Zuordnung zum Mesolithikum. Das ist aber wohl nicht der Fall. Hier ist allerdings nur Maas-Feuerstein angesagt.

Gruß vom Steinsucher.

queque

Sehr schöne Funde. Aber warum spätneolithisch? Das Inventar, gerade die Häufung von Querschneiden und kleinen Scheiben- bzw. Daumennagelkratzern, erinnert sehr an die Funde, die van Haaren und P.J.R. Modderman für ihren mittelneolithischen Fundort unter Koningsbosch in der Provinz Limburg dokumentiert haben. Allerdings ist ihre Arbeit darüber schon etwas älter. Mittlerweile werden die Querschneiden in unseren Gefilden je eher dem Spätneolithikum zugerechnet.
Hast du auf der Stelle auch andere Artefakte, wie z.B. Kernsteine, Beilklingen(fragmente) oder gar Keramik auflesen können?
Gruß
Bastl

rolfpeter

Servus,

Wirklich eine beeindruckende Aufsammlung!

Zitat von: queque in 22. März 2010, 05:55:18
Daumennagelkratzern, erinnert sehr an die Funde, die van Haaren und P.J.R. Modderman für ihren mittelneolithischen Fundort unter Koningsbosch in der Provinz Limburg dokumentiert haben. Allerdings ist ihre Arbeit darüber schon etwas älter. Mittlerweile werden die Querschneiden in unseren Gefilden je eher dem Spätneolithikum zugerechnet.

Die Niederländer datieren anders als wir.
Bei denen entspricht das "Middenneolithicum B" unserem Spätneolithikum, also einer nach-MK- Zeit.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

chmoellmann

Die ersten beiden Pfeilspitzen haben die typische Michelsberger Tropfenform (oder sollte ich jetzt vor Oster sagen: Ei-Form?). Das gleichseitige Dreieck kommt bei mir (OWL) erst danach in der Wartbergzeit vor. Einige andere Spitzen würde ich eher älter einschätzen. Aber ich nehme mal an, dass die Spitzen auch nicht zeitlich geordnet sind.
Schöne Sammlung!

queque

Zitat von: rolfpeter in 22. März 2010, 06:05:55
Die Niederländer datieren anders als wir.
Bei denen entspricht das "Middenneolithicum B" unserem Spätneolithikum, also einer nach-MK- Zeit.

Da hab' ich wieder was gelernt. Danke, RP.
Gruß
Bastl

thovalo

#6
 :-) Das Gesamtfundareal umfasst ca. 70 Hektar Grundfläche.

Vier komplex strukturierte Hautfundstellen überliefern je Platz einige Hundert bis mehr als Eintausend Artefakte aus Siedlungs- UND Werktätigkeiten. Über die gesamte Fläche hinweg verteilt  fanden sich Hinterlassenschaften aus regulären Siedlungsaktivitäten und Hinweise auf unterschiedliche Aktivitätszonen.

Ich kann ja mit der Zeit weitere Bilder von Fundbelegen von diesem Fundareal einstellen. Da es sich um mehrere Tausend Artefakte handelt, kann das jedoch nur eine beschränkte Auswahl sein.

Die abgebildeten Fundstücke sind auch nur eine AUSWAHL von aktuell gefundenen Belegen dieser Artefaktgruppen (Pfeilspitzen, Pfeilschneiden, Mikrokratzer) von EINEM und zwar dem flächenmäßig kleinsten der vier Hauptfundplätze. Von diesem Platz liegen zudem sehr zahlreiche Abschlagkratzer, Sonderformen, Bearbeitungsreste (Präparationsabschläge, Abschläge und Kernsteine) von bergfrisch eingeführten Rohknollen aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden, Beilklingenbelege aus Fels- und Feuerstein, zwei Axtklingenfragmente und als Besonderheit eine Spandolchklinge aus Feuerstein der Varietät "Rijkholt/Spiennes" mit gegenständigen seitlichen Schäftungskerben und abgerundeter Schäftungszunge vor. Dazu Mahlsteine, Arbeitsunterlagen, Klopf- und Hiebsteine, sowie der außergewöhnliche Fundbeleg eines länglichen Gerölls, dass dem Gebrauchsspurenbild zufolge sehr wahrscheinlich zum Anrühren von Farben verwendet worden ist.

Bereits die späte MK hat in ihrer nord-westlichen Ausprägung einen bereits schon vor längerer Zeit festgestellten Anteil mikrolithisch ausgeprägter Formen, zu denen aber noch keine Pfeilschneiden und Mikrokratzer gehört haben (B. Knoche: Die Erdwerke von Soest und Nottuln-Upphoven; erschienen 2008. Darin auch erste Ausblicke auf die Übergangsphase (sog. "Dekonstruktionsphase") vom Jung- zum Spätneolithikum, die die bereits weiter fortgeschrittene spätneolithische Perspektive der zeitlichen Einschätzung für den hier vorgestellten Fundplatz nachhaltig unterstützt! S. 189ff).

Die drei Werkplätze mit gleichzeitigen Fundbelegen regulärer Siedlungstätigkeiten sind:
1. eine Produktionsstätte für Beil- und Dechselklingen aus Feuerstein und Beilklingen aus Felsgesteinvarietäten (bevorzugt aus "Siltstein").
2. ein komplex zusammengesetztes Inventar von Klingengerätschaften fast ausschließlich aus Feuerstein der Varietät "Rijkholt/Spiennes".
3. ein komplex zusammengesetztes Inventar von Abschlagkratzern aller Formate mit herausragend klaren Gebrauchsspuren (von diesem Platz die Abbildungen der Pfeilspitzen/Pfeilschneiden/Mikrokratzer). Auf dem Platz gelang die Anpassung zweier Abschlagkratzer aus mutmaßlich Französischem Feuerstein der Varietät "Nointel". Die beiden eindrucksvollen Fundbelege sind an Ort und Stelle aus ein und derselben Rohknolle geschlagen, dann zugerichtet, anschließend verwendet und zuletzt zurück gelassen worden.

Auch von diesen 3 Werkplätzen liegen ergänzend alle Artefakttypen vor, die man in regulären Siedlungszusammenhängen erwarten würde: Mahlsteine, Klopf- Schlagsteine, Arbeitsplatten, Pfeilspitzen usw. usw. usw. usw.

Es sieht so aus, als hätte in der zweiten Hälfte des 4. Jahrtausends, an einem "schönen Tag im Monat Mai", Jemand laut in die Hände geklatscht und gesagt:        "Ihr Lieben, lasst Alles stehen und liegen, wir ziehen weiter!"  :-)

Wieso dann in späterer Zeit Niemand die bislang im gesamten Rheinland einzigartig umfangreichen Hinterlassenschaften an Beilklingen, Mahlsteinen, Pfeilspitzen, Feuersteinrohmaterialstücken, ungebrauchten Abschlägen und Klingen und und und aufgesammelt und weiter verwendet und verwertet hat, ist genauso rätselhaft wie der scheinbar aus dem "Nichts" aufgetauchte Fundkomplex selber. Man hätte fachlich allerdings bereits schon vor längerer Zeit nur "1 & 1 zusammen zählen müssen", um an diesem Ort zu "landen", der vermutlich einen der Hauptsiedlungsplätze des späten Neolithikums im Rheinland repräsentiert.


Anmerkung: Das Fundareal ist dem LVR vom ersten Tag an gemeldet. Fundmeldungen und Kartierungen werden fortlaufend aktualisiert.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

queque

Zitat von: thovalo in 22. März 2010, 14:43:08
... und als Besonderheit eine Spandolchklinge aus Feuerstein der Varietät "Rijkholt/Spiennes" mit gegenständigen seitlichen Schäftungskerben und abgerundeter Schäftungszunge ...

... das Teil würde ich ja gerne mal sehen.

Das hört sich ja alles sehr spannend an, was Du da schreibst. Ich träume schon seit Jahren von so einem Fundstellenkomplex, aber das ist wohl wie ein Sechser im Lotto. Begehst Du die Stellen regelmäßig? Wie lange schon? Bist Du allein unterwegs oder ist das Landesamt auch schon tätig geworden?
Fragen über Fragen.

Neugierig und gespannt
Bastl

thovalo

Zitat von: chmoellmann in 22. März 2010, 06:57:37
Die ersten beiden Pfeilspitzen haben die typische Michelsberger Tropfenform (oder sollte ich jetzt vor Oster sagen: Ei-Form?). Das gleichseitige Dreieck kommt bei mir (OWL) erst danach in der Wartbergzeit vor. Einige andere Spitzen würde ich eher älter einschätzen. Aber ich nehme mal an, dass die Spitzen auch nicht zeitlich geordnet sind.
Schöne Sammlung!

Inzwischen spiegelt sich in der Fachliteratur sehr deutlich, dass Pfeilspitzen"typen" keinem bestimmten Zeit- und Kulturabschnitt ausschließlich zugeordnet werden können. Es ist nur festzustellen, dass bestimmte "Typen" und Herstellungstechniken ab einem bestimmten Zeitabschnitt auftauchen und dann über viele Zeit- und Kulturstufen hinweg weiter hergestellt und verwendet wurden. Die "tropfenförmigen" Pfeilspitzen sind sicher nicht untrennbar mit der MK verbunden, sie finden sich z. B. auch in der Schweiz und Frankreich in anderen Kultur- und Zeiträumen. Da der Platz wahrscheinlich in einer näheren Nachfolge der MK steht, ist damit zu rechnen, dass hier diese Projektilform einfach weiter üblich war.

Die "bunte" Vielfalt ganz unterschiedlicher Formen und "Typen" spricht sogar deutlich für einen Zeitabschnitt in dem bereits eine hohe Vielfalt bekannt war. Der Fundplatz liegt weit außerhalb der Lößböden und ganz sicher nicht in einer über Jahrhunderte hinweg aufgesuchten "Altsiedellandschaft", wie dem linksrheinischen Braunkohletagebaugebiet. Dort werden Artefakte, die nicht in das fest vorgefertigte Bild eines Kulturabschnitts passen, gerne mal mit "spitzen Fingern" aussortiert und dem so genannten "Jungneolithikum 2" zugeordnet (Allerdings geht das auch umgekehrt: interessante Exoten werden zugeordnet). Das funktioniert bei dem neu entdeckten Fundplatz nicht so einfach, weil im Bereich des Großfundkomplexes die Fundinventare durch einheitlichen Materialgebrauch und die einheitliche typologische Zusammensetzung der Fundinventare sehr zeitnah entstanden zu sein scheinen.  :winke:


Anmerkung: (Die Arbeit von J. Hahn u.a. mit der kulturellen Zuordnung bestimmter  Pfeilspitzen zu bestimmten Kulturen ist Heute weit überholt. Die einzige fachlich adäquate Orientierung zum Neolithikum im Rheinland gibt, dank der sorgfältigen und zurückhaltenden Interpretationsweise, die herausragende Grundlagenarbeit von Lutz Fiedler: "Formen und Techniken neolithischer Steingeräte aus dem Rheinland". Beiträge zur Urgeschichte des Rheinlandes III. 1979).
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#9
Zitat von: queque in 22. März 2010, 19:55:35
Zitat von: thovalo in 22. März 2010, 14:43:08
... und als Besonderheit eine Spandolchklinge aus Feuerstein der Varietät "Rijkholt/Spiennes" mit gegenständigen seitlichen Schäftungskerben und abgerundeter Schäftungszunge ...

... das Teil würde ich ja gerne mal sehen.

Das hört sich ja alles sehr spannend an, was Du da schreibst. Ich träume schon seit Jahren von so einem Fundstellenkomplex, aber das ist wohl wie ein Sechser im Lotto. Begehst Du die Stellen regelmäßig? Wie lange schon? Bist Du allein unterwegs oder ist das Landesamt auch schon tätig geworden?
Fragen über Fragen.

Neugierig und gespannt
Bastl


:winke:  Naja, sechs Richtige plus Zusatzzahl könnte man sagen, doch kann und muss man sich einen solchen Fundplatz wirklich hart erarbeiten!

Aktuell sind es 1.763 Prospektionsstunden in 6 Jahren. Das heisst bis zu dreimal die Woche kontinuierlich stundenlang in Regen und Sonnenschein immer wieder parallel zueinander Bahnen von ca. 1.5 m Abstand ziehen und sich ggf. auch mit einer toten Maus zufrieden geben. Dabei auf wirklich ALLES achten, bis zu kleinsten Absplissen von wenigen Millimetern Länge und auf Belege von Steinvarietäten die nicht an Ort und Stelle gehören. Weiter Fachliteratur suchen, finden, kopieren, kaufen, büffeln, kontinuierlich Kontakt zum LVR halten und im idealen Fall in ganz Europa Kontakte zu Archäologen mit Spezialkenntnissen aufbauen.    

Allerdings muss so ein Platz überhaupt erstmal da sein um ihn finden zu können. Und viele gibt es davon sicher nicht. Und das IST ganz sicher! :zwinker:


Im Anschluss die erbetenen Bilder der Spandolchklinge mit Schäftungskerben aus Feuerstein der Varietät "Rijkholt/Spiennes" (Länge 10,3 cm). Dabei stellt es sich als sehr schwierig heraus die entscheidenden Besonderheiten auch richtig heraus zu stellen. Die Klinge ist facharchäologisch bereits intensiv besprochen, sodass nicht mehr diskutiert werden muss, ob diese Kerbungen intentionell angelegt oder zufällig entstanden sind.  :-)  

Das letzte Bild zeigt links die Spitze des vollständigen Fundbelegs und rechts die alt abgebrochene Distalpartie einer weiteren Dolchklinge vom selben Fundplatz.

Es gibt aus Mitteleuropa nur wenige "Spandolchklingen" mit vergleichbarer Schäftungslösung. Aus dem Rheinland ist bislang kein Vergleichsbeleg bekannt. Vergleichsfunde stammen aus Frankreich, Italien und der Schweiz wie z.B. dieser wunderbare Fundbeleg aus der Schweizer Seeufersiedlung Arbon Bleiche 3:

http://www.archaeologie.tg.ch/xml_22/internet/de/application/d8909/d9211/f9040.cfm

:winke: (Die Abbildung der Dolchklinge von Arbon Bleiche 3 kann zum Vergrößern angeklickt und herunter geladen werden!)


Anmerkung: die Beschädigungen auf der Unterseite (Ventralfläche) der Spandolchklinge, die auf Bild zwei rechts oben zu erkennen sind entstanden, als das vollkommen unbeschädigte Fundstück aus der Hand gerutscht und auf der Kante eines Holzregals aufgekommen ist. Das sind also (leider) die Negative moderner "weicher" Abschläge  :zwinker:


Danke für das Interesse!

LG  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

fuchs

Toll,toll,toll.
Ich staune über die Fundstelle und den Finder. Beides ungewöhnlich interessant!
Herzliche Grüße, Christian

queque

Sehr beeindruckend, Danke fürs Zeigen. Wenn Du Zeit und Lust hast, kannst Du ja peu á peu mal die Creme des restlichen Fundmaterials präsentieren.
Gruß
Bastl

steinsucher

Hallo thovalo, hallo Forum.

Ganz ehrlich, ich bewundere und staune. Und ich klebe förmlich an Deinen L..., sorry, Zeilen. Mit meiner Frage nach einer ungefähren räumlichen Zuordnung wollte ich auch bestimmt nicht Deine Fundstelle aushorchen. Aber nachdem der Niederrhein eine ziemlich große und wilde Landschaft ist, selbst Heinsberg wird ja dazu gezählt, kann ich leider nur die Bilder bewundern. In wieweit da Beziehungen auf Grund einer gewissen Entfernung zu meinem Sammelgebiet (und denen Anderer) bestehen könnten, bleibt im Dunkeln. Oder habe ich etwas überlesen?

Zitat von: thovaloAnmerkung: (Die Arbeit von J. Hahn u.a. mit der kulturellen Zuordnung bestimmter  Pfeilspitzen zu bestimmten Kulturen ist Heute weit überholt. Die einzige fachlich adäquate Orientierung zum Neolithikum im Rheinland gibt, dank der sorgfältigen und zurückhaltenden Interpretationsweise, die herausragende Grundlagenarbeit von Lutz Fiedler: "Formen und Techniken neolithischer Steingeräte aus dem Rheinland". Beiträge zur Urgeschichte des Rheinlandes III. 1979).

Kannst Du uns die Aussagen ein wenig näher begründen? Ich kenne beide Arbeiten. Ich betrachte sie auch nicht als Bibel, sondern als zwei wichtige Quellen unter anderen.  Natürlich ist jede Arbeit ein Dokument seiner Zeit (wobei beide aus heutiger Sicht fast zeitgleich erschienen).

Zitat von: thovaloDie "bunte" Vielfalt ganz unterschiedlicher Formen und "Typen" spricht sogar deutlich für einen Zeitabschnitt in dem bereits eine hohe Vielfalt bekannt war. Der Fundplatz liegt weit außerhalb der Lößböden und ganz sicher nicht in einer über Jahrhunderte hinweg aufgesuchten "Altsiedellandschaft", wie dem linksrheinischen Braunkohletagebaugebiet. Dort werden Artefakte, die nicht in das fest vorgefertigte Bild eines Kulturabschnitts passen, gerne mal mit "spitzen Fingern" aussortiert und dem so genannten "Jungneolithikum 2" zugeordnet (Allerdings geht das auch umgekehrt: interessante Exoten werden zugeordnet). Das funktioniert bei dem neu entdeckten Fundplatz nicht so einfach, weil im Bereich des Großfundkomplexes die Fundinventare durch einheitlichen Materialgebrauch und die einheitliche typologische Zusammensetzung der Fundinventare sehr zeitnah entstanden zu sein scheinen.

Das scheinen ja irgendwie Vorwürfe an die zu sein, die das Braunkohletagebaugebiet betreuen. Ist Dein "Neuer Fundplatz" da wirklich eindeutiger und sicherer zu beurteilen? Bei modern tief gepflügten Äckern hätte ich da meine Bedenken. Möglicherweise sind dort schon seit Jahrzehnten die Fundhorizonte fein gemischt worden.

Aber, wie bereits gesagt, schöne Bilder, mehr kann ich aus dem Artikel bisher nicht gewinnen.

Aus Heinsberg/Rheinl.

Ein Steinsucher.


thovalo

#13
Lieber Steinsucher!  :winke:

Das Fundareal liegt über 100 km von Heinsberg entfernt im Bereich des mittleren Abschnitts des Niederrheingebietes. Ich denke das ist zurückhaltend genug formuliert und hilft bei der Orientierung in die ungefähre Himmelsrichtung.  :zwinker:  

Die Arbeit dort geht mit dem LVR und Wissenschaftlern aus dem Ausland auch im interdisziplinären Austausch Hand in Hand (z.B. Senckenbergmuseum Frankfurt, mineralogisches Institut des Afrikamuseums Tervuren/Belgien usw.). Durch die Beteiligung vieler Wissenschaftler ist auch die bereits so deutlich formulierte Annahme möglich, dass der Platz in der Masse des Fundmaterials dem späten Neolithikum zugehören wird. Es gibt derzeit im Rheinland nichts Vergleichbares an dem man sich näher orientieren könnte, in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Hessen jedoch bereits Ansatzpunkte, die auf diesen Zeitabschnitt und den bereits genannten Kulturkreis "SOM-Stein-Vlaadringen-Wartberg" schließen lassen. Das ist kurz und einfach zusammengefasst der "äußere" Rahmen.

Der Standort ist für neolithische Fundorte im Rheinland atypisch und es gab, wie bereits zuvor geschrieben, keine längere Zeit voran gehende neolithische Siedlungsgeschichte. Daher ist es egal wie tief der hier schon über Jahrhunderte hinweg eingesetzte Pflug reichen wird! Eindeutig älter datierende Artefakte des Neolithikums fehlen im Fundaufkommen. Ein kleines Fundinventar mit entsprechender Keramik datiert sicher jünger und zwar in die Zeit der "Becherkulturen" (Endneolithikum bis frühe Bronzezeit). Die landwirtschaftlichen Aktivitäten greifen ja ganz offensichtlich bereits sehr intensiv in die noch bestehenden wahrscheinlich spätneolithisch datierenden Befunde ein. Scheinbar gehen Entdeckung, Dokumentation und Zerstörung zeitlich einher.

Es gibt da noch ein besonderes Faktum! An der Universität Köln in einem speziellen Verfahren gezielt bearbeitete und ausgewertete Satellitenbilder ermöglichten es, einen der Hauptfundplätze als neolithischen Siedlungshügel ("Tell") anzusprechen. Und wie auf einem "Tell" sieht es da nach dem Abregnen der Oberfläche auch aus, denn den Neolithikern folgten Menschen der Metallzeiten und Siedlungsaktivitäten bis in die fränkische Epoche hinein.

Die Konzentration der Forschung auf das Braunkohletagebaugebiet hat zweifelsohne erstklassige Ergebnisse gebracht. Doch der wirkliche Aktivitätshorizont der (Ur)Geschichte hat sich sicher nicht auf solche Kleinregionen beschränkt. Und wenn Karrieren und Gelder so fest mit einem einzigen Projekt verbunden sind, wirft das bei viel Sonnenschein auch Schatten. Wer Fachpublikationen aufmerksam liest kann durchaus lernen, dass Urgeschichte auch "geschrieben" werden kann.

Und es ist hoffentlich nicht allzu verwerflich kritisch zu sein (und zu bleiben)!  :zwinker:


! Kurz noch zur Publikation von Hahn. Wenn diese Publikation nicht als "Bibel" gesehen wird, dann bleiben die Augen für kritische Fragen offen. Gerade bei Hahn werden z.B. Pfeilspitzen klar und konkret bestimmten Kulturen zugeordnet usw. Das dokumentiert nicht mehr den heutigen Stand. Und um für sich selber zum Einstieg in die Materie erste grundlegende Fragen zu klären: was ist ein Kernstein, was ist ein Abschlag, ein Bulbus, eine Schlagnarbe, Wallnerlinien usw. muss sich Niemand die Mühe machen über ein Antiquariat ein Buch zu besorgen, über das die Zeit durch weiter gewachsenes Wissen und neue An- und Einsichten hinweg gegangen ist. Dafür gibt z.B. klare Informationen zur Einführung hier im Forum und im WorldWideWeb !  :-)  Fiedler hat seine annähernd gleich alte Arbeit sehr viel offener gehalten, ausführlicher dar gestellt und durch die Abbildungen enorm bereichert. Wenn es eine Wahl zwischen diesen Arbeiten gibt, dann ist Fiedler aus meiner Einschätzung heraus die erste!  :zwinker:


Ich hoffe o.k. so?  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

steinsucher

Zitat von: thovaloIch hoffe o.k. so?   :winke:

Hallo Thovalo, das ist definitiv o.k. so. Danke für die ausführliche Antwort und ich freue mich auf mehr.

Gruß aus Heinsberg/Rheinl.

Der Steinsucher.

thovalo

#15
  :winke:

Wie erbeten, Bilder eines weiteren Artefakts vom Gesamtfundareal.

Das Material ist sehr wahrscheinlich Chalzedon vom Typ "Muffendorf" (Muffendorf bei Bonn/Rheinland).  :glotz:

Die Länge des nur an einer Ecke rezent beschädigten hoch fragilen Fundstücks beträgt 4,7 cm. Als Grundform wurde eine der Länge nach deutlich gebogene Klinge verwendet.

Die hoch fein ausgeführte bifazielle Flächenretusche ist möglicherweise bereits mit einem Kupferwerkzeug abgedrückt worden.

Der zungenförmige Umriss mit abgerundeter Spitze und die zu einer Seite hin leicht "verzogene" Form, stellt einen Verwendungszweck als Pfeilspitze in Frage. Es wurde beim LVR auch die Möglichkeit der "Darstellung" einer spitznackigen Miniaturbeilklinge diskutiert. Dieser Gedanke ist nicht so abwegig wie es zunächst scheint, denn die Anlage der Retuschen entspricht tatsächlich der von noch nicht überschliffenen spitznackigen flachen Silexklingen der Beilklingenproduktion.

Es konnte bislang kein auch nur annähernd vergleichbarer Fundbeleg ermittelt werden. Vergleichbar fein gearbeitete Sonderformen aus exotischen Materialien sind ab der zweiten Hälfte des 4. Jahrtausends v. Chr. insbesondere als Beigaben in Bestattungen sozial heraus gestellter Persönlichkeiten in der Alpenregion und aus Südfrankreich bekannt.

Dieses Objekt ist im wortwörtlichen Sinn bislang wirklich "einzigartig". :-)
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

steinsucher

Zitat von: thovalo in 25. März 2010, 00:16:09
Dieses Objekt ist im wortwörtlichen Sinn bislang wirklich "einzigartig". :-)

Jedes "Objekt" aus einer für uns vergangenen Zeit ist "Einzigartig".

Manchmal entdecken wir aber auch, dass wir nur vergessen haben, dass es schon mal da war.

Aus über 100 km Entfernung,

ein Steinsucher.

thovalo

#17
Lieber Steinsucher!

:winke:

Stimmt so wie Du es sagst!

Ich finde es klasse, dass die Auseinandersetzung mit der (Ur)Geschichte immer auch den philosophischen Horizont öffnet.

Die meisten Fundstücke, wie Kratzer, Pfeilspitzen und Beilklingen
haben in der Wissenschaft bereits ihren festen Platz und dieser
Fundbeleg ist bislang eben der            
                             

                                "einzige seiner Art"    :zwinker:

Und solche "Fundstücke" sind wir wohl alle selber

LG
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Khamsin

Salaam!

Zitat thovalo: "Es gibt aus Mitteleuropa nur wenige "Spandolchklingen" mit vergleichbarer Schäftungslösung. Aus dem Rheinland ist bislang kein Vergleichsbeleg bekannt. Vergleichsfunde stammen aus Frankreich, Italien und der Schweiz wie z.B. dieser wunderbare Fundbeleg aus der Schweizer Seeufersiedlung Arbon Bleiche 3:"

Unbeschadet der Tatsache, dass es sich um einen wirklich schönen und eindrucksvollen Fund handelt, erlaube ich mir doch den Hinweis auf die beiden Spandolche aus Obermaubach sowie Nideggen (beides Eifel), behandelt in einem Artikel von J. Weiner, Zwei endneolithische geschulterte Dolchklingen aus dem Rheinland, Bonner Jahrbücher 197, 1997, 125-146. Beide Stücke weisen fraglos gegenständige Schäftungskerbungen auf.

HG KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

thovalo

#19
Im Anhang weitere Bilder von Artefakten des Fundplatzes von dem die Oben gezeigten Pfeilspitzen, Pfeilschneiden und Mikrokratzer stammen.


Silex: wahrscheinlich* der Varietät "Harmignies" (Belgien)

Silex: wahrscheinlich* der Varietät "Nointel" (Frankreich/Pariser Becken)


Zwei anpassende Abschlagkratzer aus einer an den Ort eingetauschten Rohknolle (Silex: wahrscheinlich* der Varietät "Nointel"/Frankreich/Pariser Becken).

Der größere Fundbeleg: Länge 7 cm; der kleinere Fundbeleg: Länge  5,8 cm

* die Zuordnung zu diesen Lagerstätten erweist sich als deutliche Schwieriger als etwa Fundbelege aus den Varietäten Lousberg, Valkenburg und Rijkholt/Spiennes
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#20
Zitat von: Khamsin in 26. März 2010, 18:10:32
Salaam!

Zitat thovalo: "Es gibt aus Mitteleuropa nur wenige "Spandolchklingen" mit vergleichbarer Schäftungslösung. Aus dem Rheinland ist bislang kein Vergleichsbeleg bekannt. Vergleichsfunde stammen aus Frankreich, Italien und der Schweiz wie z.B. dieser wunderbare Fundbeleg aus der Schweizer Seeufersiedlung Arbon Bleiche 3:"

Unbeschadet der Tatsache, dass es sich um einen wirklich schönen und eindrucksvollen Fund handelt, erlaube ich mir doch den Hinweis auf die beiden Spandolche aus Obermaubach sowie Nideggen (beides Eifel), behandelt in einem Artikel von J. Weiner, Zwei endneolithische geschulterte Dolchklingen aus dem Rheinland, Bonner Jahrbücher 197, 1997, 125-146. Beide Stücke weisen fraglos gegenständige Schäftungskerbungen auf.


 :winke:
Lieber Khamsin,
Jürgen Weiner hat diese Feststellung selber getroffen. Der Unterschied zu den von ihm beschriebenen und von Dir hier angeführten Exemplaren, zu denen in seinem Artikel auch noch ein dritter, heute verlorener Fundbeleg aus Ratingen (Kreis Mettmann) gehört ist, dass die von ihm vorgestellten "Dolchklingen" geschultert und nicht "gekerbt" und die "Dolchblätter" bifaziell flächig retuschiert worden sind.

Weil an dem hier vorgestellten Fundbeleg keine Flächenretuschen vorliegen und die Klinge vielmehr in der Art einer "Spitzklinge" bilateral von ventral nach dorsal retuschiert worden ist und damit den "Spandolchklingen" und nicht den bereits flächig bifaziell retuschierten Dolchklingen (z.B: der spektakuläre Fund einer geschäfteten  geschulterten Dolchklinge bei Allensbach) entspricht,
hatte ich auch den "Span-" an der "-dolchklinge" optisch hervorgehoben.  :zwinker:

Das hier abgebildete Exemplar ist aufgrund dieser abweichenden Merkmale typologisch eine eigenständige Variante. Ich gehe aber fest davon aus, dass solche Klingen im Rhein-Massgebiet nicht so selten sind wie es scheint, denn hier liegt das Besondere ja eher im Detail!

LG  thovalo


HG KIS
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

queque

Zitat von: thovalo in 26. März 2010, 18:43:16
Im Anhang weitere Bilder von Artefakten des Fundplatzes von dem die Oben gezeigten Pfeilspitzen, Pfeilschneiden und Mikrokratzer stammen.


Silex: wahrscheinlich der Varietät "Harmignies" (Belgien)

Silex: wahrscheinlich der Varietät "Nointel" (Frankreich/Pariser Becken)

Was ich gerade lerne - begreife: Muss mich unbedingt mit den Materialien fit machen. Für mich wäre das (fast) alles Rijckholt-Flint gewesen.

Demütig und beschämt
Bastl

thovalo

#22
Zitat von: queque in 26. März 2010, 19:12:45
Zitat von: thovalo in 26. März 2010, 18:43:16
Im Anhang weitere Bilder von Artefakten des Fundplatzes von dem die Oben gezeigten Pfeilspitzen, Pfeilschneiden und Mikrokratzer stammen.


Silex: wahrscheinlich der Varietät "Harmignies" (Belgien)

Silex: wahrscheinlich der Varietät "Nointel" (Frankreich/Pariser Becken)

Was ich gerade lerne - begreife: Muss mich unbedingt mit den Materialien fit machen. Für mich wäre das (fast) alles Rijckholt-Flint gewesen.

Demütig und beschämt



Bastl

"Beschämt" geht gar nicht!  :-)  Es gibt immer wieder neue Varianten und Details, ob Material oder Formen und je mehr offen gezeigt werden kann und zu sehen ist, umso mehr erweitert sich das Wissen! Wollte eigentlich Bilder von Bearbeitungsresten von Rijkholtfeuerstein vom gleichen Platz einstellen, aber irgendwie geht das nicht so wie ich mir das gedacht habe. Also gleich im Anschluss! Wie gesagt, immer was Neues zu lernen. Auch in der virtuellen Welt!  :zwinker:  thovalo


:nixweiss:
Hab jetzt drei erfolglose Versuche hinter mich gebracht und nehme das später wieder in Angriff!  :wuetend:

Tschuldigung queque!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

queque


thovalo

#24
Sososo, jetzt noch mal ein Versuch  :winke:

Zum direkten Vergleich der Rohfeuersteinvarietäten auch Bilder der beiden Hauptvarianten der Feuersteinvarietät "Rijkholt" (Niederlande):

1-4: dunkelgrau-bräunlich homogen fein strukturiert
5-6: hellgrau und grober strukturiert

Alles Belegstücke vom selben Fundort und Fundplatz der weiter Oben vorgestellten Belege aus den wahrscheinlichen Feuersteinvarietäten "Harmignies" (Belgien) und "Nointel" (Frankreich).

Es handelt sich um eine Auswahl von Abschlägen von "bergfrisch" gewonnenen und an den Ort am Niederrhein ausgetauschten Rohfeuersteinknollen, aus denen viele der dort aufgelesenen Gerätschaften und Geräteeinsätze gefertigt worden sind.

:-)
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#25
Zur "guten Nacht" noch einige der sehr zahlreichen Beispiele für kantenretuschierte Abschläge aus der zuvor gezeigten Abbauserie vom selben Platz.  :winke:


:-) Der Fundbeleg auf den ersten beiden Bildern ist 13,3 cm lang

:-) Die drei retuschierten Abschläge auf den Bildern 4-6 sind für die Abbautechnik der großformatigen,
 an den Ort ausgetauschten Rohfeuersteinknollen charakteristisch.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

steinsucher

#26
Hallo Forum, hallo Thovalo,

ich verfolge deinen Thread mit Interesse.

Das Teil aus Chalzedon gibt mir von der Funktion her Rätsel auf. Von der Bearbeitungstechnik her und irgendwie auch vom Material hat es aber Ähnlichkeit mit einer von mir hier gezeigten Pfeilspitze (Wobei Maasschotter wohl bei Dir nicht warscheinlich ist).

Hier der Link

Das andere "Kopfzerbrechen" ist die Schäftungstechnik der "Spandolchklinge".

Ich habe vor einiger Zeit hier zwei Klingen gezeigt. Beide aus Rijckholt-Feuerstein. Hier der Link:

Klingen

Als ich sie fand, fielen mir sofort jeweils zwei Paare paralleler Kerben an der größeren der beiden Klingen auf.  Auf den Fotos sind sie nicht so einfach zu sehen, weil ich sie nicht besonders herausgestellt habe. Sie sind auch lange nicht so ausgeprägt wie bei der in diesem Artikel vorgestellten Klinge. Das Paar an dem spitzeren Ende ist nicht alt. Mindestens eine Kerbe ist ganz jung. Am breiteren Ende, dem mit der Krümmung zum "Kratzer", sind beide Kerben aber alt und könnten eine ähnliche Funktion gehabt haben.

Wie könnte so ein Schaft oder Griff ausgesehen haben? War ja doch ein ziemlich kurzer Hebel. Seitlichen Druck mochte der doch sicher nicht.

Gruß,

der Steinsucher.


thovalo

#27
 :winke:   Lieber Steinsucher,

Dein Fundstück, die vermeintliche "Pfeilspitze", ist in der Technik tatsächlich sehr gut vergleichbar.  :super:

Ich würde Dein eindrucksvolles Stück insbesondere aufgrund der aufwendigen und nicht unkompliziert auszuführenden flächigen Retuschierung jedoch deutlich jünger als Michelsberg ansprechen.

Die "Michelsberger" konnten zwar sehr große Abschläge anfertigen. Auch eine Kunst! Mit solchen Feinarbeiten sind sie aber kaum in Verbindung gebracht worden. Solche prachtvollen Stücke stammen wohl eher aus der Zeit nach Michelsberg bis zur Bronzezeit. Schotterfeuerstein ist fraglos richtig und wenn die Farbe gut getroffen ist, spielt die Färbung bemerkenswerter weise in das Spektrum von Kupfer und Bronze hinein. Und auch die Frage ob das eine Pfeilspitze ist, kann durchaus kontrovers diskutiert werden! Neben der angegebenen Länge ist an dem Stück insbesondere die Frage des Gewichtes interessant (jede Apotheke kommt einem da gerne mal entgegen und man kriegt das Gewicht bis auf das Milligramm ausgewogen). Bei der Länge sieht das eher grenzwertig aus. Auch auf den zweiten Blick spricht wenig gegen die Ansprache als kleine aber feine repräsentativen Dolchklinge aus "Becherzeitlichen" Zusammenhängen. Dabei ging es weniger um Funktionalität sondern um den Besitz und das Vorzeigen.

Von Bornheim liegen mir Artefakte aus Chalzedon vor und das Material des Artefakts vom Niederrhein ist in allen makroskopisch fassbaren Merkmalen identisch. Sonst käme nur "nordischer" Feuerstein als Alternative in Betracht.

An den von Dir eingestellten Spitzklingen aus Rijkholtfeuerstein kann ich gut erkennen was Du meinst, doch das sind sicher keine intentionell angelegten Schäftungskerben.

Die Frage nach der Schäftungsweise seitlich gekerbter "Dolchklingen", die wohl eher in der Funktionsweise von modernen Messern gebraucht worden sind, ist sehr interessant. In der Regel wird vorgeschlagen, dass die Kerbungen zur Aufnahme einer Sehnenwicklung gedient haben, wobei die Klinge bei zusätzlichem Auftrag von Birkenpech in einem Schalen- oder Federgriff fixiert worden sein soll. Die Länge der geschäfteten Basispartie an diesem Stück spielt in Bezug auf auftretende Hebelkräfte keine Rolle, wie z. B. der Dolch des "Ötzi" erkennen läßt. Es gäbe zur Schäftungsweise aber auch die Variante des seitlichen Einschlagens von Nietstiften aus Horn, Knochen, Holz oder Kupfer. Auch so könnte die Klinge in der Handhabe fest fixiert woren sein. Aber die organischen Anteile sind längst vergangen und so bleibt die Frage ungeklärt. Es gibt eine Französische Website auf der Nachschöpfungen von Dolchklingen aus Feuerstein angeboten werden, die trotz kurzer Schäftungsbasis seitlicher Druckbelastung hervorragend Stand halten. Muss mal nach schaun wo ich die Adresse gespeichert habe!

Da bleibt noch viel zu klären!  :-)


Jetzt wird es aber wirklich Zeit von neuen Funden zu träumen!  :engel:



Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

rolfpeter

Servus,

verfolge diesen Thread nun auch schon geraume Zeit mit großem Interesse und möchte hiermit meine Anerkennung für die gute und sorgfältige Arbeit zum Ausdruck bringen.

Ich begehe selbst seit einigen Jahren eine Fläche, auf der sich auf etwa 110 Hektar mehrere Fundkonzentrationen mit Artefakten befinden, die sich mit den hier gezeigten vergleichen lassen. Die Fundstellen liegen übrigens nicht auf der Lößbörde, sondern unter einer geringmächtigen Humusschicht kommt an vielen Stellen die Kiesdecke durch, die Börde ist gut 8 km entfernt. Der Fundort ist also nicht vergleichbar mit der Aldenhovener Platte!

Ich muß aber gestehen, mich mit der Datierung meiner und auch Deiner Funde etwas schwerzutun. Im Rheinland ist die Quellenlage für das ausgehende Jung- und das Spätneolithikum bescheiden, eigentlich überhaupt nicht vorhanden. Für den Niederrhein ist es wohl ähnlich.
Nachweisbar sind die Betriebszeiten der Feuersteinbergwerke. Die sind aber aus den 14C-Daten relativ weniger in den Minen gefundener organischer Artefakte natürlich auch nur punktuell! Etliche Schächte in Limburg sind der neuzeitlichen Kalksteingewinnung zum Opfer gefallen, vom Lousberg stammen die Daten vornehmlich aus der Ecke, die Weiner gegraben hat, davor war ja sicher auch schon Betrieb.

Einige Daten von P.C.M. Rademakers: de Prehistorische Vuursteenmijnen van Ryckholt - St. Geertruid, 1998, 283ff.
Rijckholt: 14C, Holzkohle aus verschiedenen Schächten - 3978 bis 3714 v. Chr.
Aus Befunden von Ausgrabungen, die bergmännisch gewonnenen Rijckholt-Flint enthalten: 3950 bis 2650 v. Chr., Dauer also rund 1300 Jahre.
Valkenburg 14C, Hirschgeweih und Holzkohle: 3632 bis 2508 v. Chr., Dauer also 900 Jahre.

Lousberg nach D. Schyle: Die spätneolithische Beilproduktion auf dem Lousberg in Aachen, 2006, 37.
Geweih usw. von verschiedenen Punkten der Weiner-Grabung - max. 3500 bis 3000 v. Chr., Dauer also 500 Jahre.

Wir befinden uns also in einer Zeitspanne, die vom Jungneolithikum bis in die Becherzeit reicht!

Wenn wir uns dem Problem über die Formenkunde nähern, bringt uns das auch nicht viel weiter.

Der von Dir gezeigte "Spandolch" nennt sich in meinen Aufsammlungen Sptzklinge, ein typisches Gerät MK-zeitlicher Inventare! Andeutungsweise vorhandene Schäftungskerben ändern da überhaupt nichts dran. Geschäftet waren die Dinger wohl alle. Auf der von mir abgesammelten Fläche habe ich übrigens mehr als 25 eindeutige Vertreter der Spezies gefunden, zähle ich die lateral retuschierten Proximalbruchstücke großer Rijckholt-Klingen hinzu, dann wären es weit über 40 Stücke.

Vergleichbare "Abschläge mit Retuschen" gibt's hier auch. Ich nenne die Abschlagkratzer. Große Abschlagkratzer sind bekanntlich auch typisch für die MK. Etliche meiner Funde in dieser Klasse haben auch dorsal "bergfrische" Rindenreste. Ich vermute, man hat den Schrott, der sich bei der Kernpräparation ergab, zu Kratzern verarbeitet.
Dei Artefakte wurden hier übrigens nicht vor Ort hergestellt, sondern importiert. Man findet - bis auf eine Stelle - kaum Abfall.

Die von Dir präsentierten tropfenförmigen Pfeilspitzen sind - wie Du ja selbst schreibst - weder als Indikatoren fürs Jung-, als auch fürs Spätneolithikum brauchbar.
Querschneider der gezeigten Art sind auch aus Bieschheimer Fundzusammenhängen bekannt.

Nun zur eigentlichen Frage:
was macht Dich so sicher, daß es sich um keinen in der Jungsteinzeit mehrphasig besiedelten Ort handelt? Wenn ich lese, was auf den drei "Werkplätzen" gefunden wurde, wird mir das keinesfalls klar.

Zitat thovalo: Und es ist hoffentlich nicht allzu verwerflich kritisch zu sein (und zu bleiben)!  :zwinker:

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

thovalo

#29
Zitat: Nun zur eigentlichen Frage:
was macht Dich so sicher, daß es sich um keinen in der Jungsteinzeit mehrphasig besiedelten Ort handelt? Wenn ich lese, was auf den drei "Werkplätzen" gefunden wurde, wird mir das keinesfalls klar.

Lieber rolfpeter,    :winke:

sicher ist in der urgeschtlichen Archäologie ja überhaupt nur wenig. Es tauchen in der Arbeit zum frühen Michelsberger Erdwerk Koslar 10 (B. Höhn) z.B. zwei Vorarbeiten von Beiklingen aus Lousbergfeurstein auf. Die eine wurde vom Bagger irgendwo angeschoben und für den zweiten Fundbeleg gibt Höhn die "freundliche mündliche Mitteilung" von Herrn So-und-so an. Schon gehört zur frühen Michelsberger Kultur auch die Herstellung von Beilklingen aus Vorarbeiten vom Lousberg und zwar aus einer Zeit für die der Bergbau nach Datenlage weder damals noch Heute überhaupt in Betracht kommt. Mit der Zeit hat sich ein Bild von typischen Kulturmerkmalen der MK ausgebildet, dass sich mit der Realtiät nicht immer abgleichen lässt. Auch die Zuordnung der vermeintlich zu Bischheim gehörenden Pfeilschneiden, übrigens in Kombination mit Mikrokratzern (die darf man in diesem Zusammenhang nicht vergesen, weil das auch nach der Forschung auf der Aldenhovener Platte ausdrücklich formuliert charakteristische Artefakte des späten Neolithikums sind!) ist überhaupt nicht abschließend sicher nachgewiesen, sondern wurde von Arora "formuliert"!  :zwinker:

Und es ist in diesem Zusammenhang wichtig fest zustellen, daß bis Heute in der ganzen urgeschichtlichen "Welt" kein zweiter Fundplatz der "Bischheimer Kultur" diese Beobachtung auch nur im Ansatz bestätigen würde!   :glotz:

Ich bin ja noch dabei Bilder einzustellen und werde mich der Reihe nach an den wichtigsten Fundstellen orientieren. Ein kleineres Fundinventar überliefert neben sonstigen Siedlungsanzeigern wie Mahlsteinfragmenten, Pfeilspitzen und Beiklingenbelegen aus Fels- und Feuerstein auch eine weitere Parade von Pfeilschneiden in Kombination mit Mikrokratzern. Beilklingen aus Fels- und Feuerstein passen nach Arora in einem möglichen Bischheimer Fundkomplex allerdings nur schlecht zusammen. Allein schon diesen Fundpunkt (etwa 200 qm) im Verlauf vieler Jahrhunderte in unterschiedlich ausgeprägten Kulturen genau zu treffen wäre auch sowas wie ein Treffer im Lotto. Für Bischheim hat Dr. Arora aber nicht die Kombination von Pfeilschneiden, Mikrokratzern, Beilklingen aus Fels- und Feuerstein, Mahlsteinfragmenten usw. dokumentiert. Und wenn die Pfeilschneiden zu Bischheim gehört hätten, wäre dann nicht sein Fundplatz sondern dieser am Niederrhein ein klassischer Bischheimer Platz.

Bereits bei den ersten Vorstellungen der Niederrheinischen Funde haben unter anderem auch J. Weiner und Dr. Arora gezielt Artefakte aussortiert, die sie sofort dem späten Neolithikums zugeordnet haben. Sonst haben sie sich eher an eigenen Konzepten oder konservativ geprägten Vorstellungen, z.B. an Lüning, orientiert. Und das meinte ich mit "spitzen Fingern aussortieren". Entweder geht man wertfrei und offen an einen solch umfassenden Fundkomplex oder man sortiert ihn auseinander nach dem Leitspruch von Aschenputtel: "die guten ins Kröpfchen und die Schlechten ins Töpfchen". Das ist dann aber weder fachlich, sachlich noch überprüfbar, also in keiner Weise wissenschaftlich abgesichert.  :nono:

Und Kratzer, auch in großen Formaten, die wie die Kratzer aus Zusammenhängen der Michelsberger Kultur aussehen, gibt es in allen Varianten noch bis zum Endneolithikum.


Sicher kann man bei einem archäologischen Oberflächenfundplatz dieser Ausdehnung niemals sicher sein :zwinker:

Nur Fundbelege aus naturwissenschaftlich abschließend gesicherten Befunden können zu einer endgültigen Aussage (Zeitabschnitt/Kulturhorizont) führen. Aber die Fehlen bei Arora und sogar sehr weit gehend für alle Michelsberger Fundplätze. Und wenn ein Befund naturwissenschaftlich gesichert datiert ist, dann gelten die Daten noch lange nicht für alle Befunde von derselben Fundfläche. Und da steht auch Arora mit seinen Pfeilschneiden etwas im Regen. Um noch das letzte Haar zu spalten.  :zwinker:  Selbst wenn der Befund datiert ist, können immer noch jüngere Artefakte später eingetragen worden sein, durch nicht erkannte Bodeneingriffe, Tiergänge, Erosion usw.

Bei unserem letzten Austausch vor einigen Wochen war auch der Vertreter des LVR in der Tendenz auf die Seite des späten Neolithikums gewechselt weil:

:-) Alle Fundkonzentrationen dieselbe Zusammensetzung von Artefakttypen aufweisen

:-) Alle Fundkonzentrationen einen einheitlichen Rohmaterialgebrauch aus seltenen Gesteinvarietäten aufweisen

:-) Alle Fundkonzentrationen Mahlsteine aus der gleichen karbonischen Gesteinvarietät überliefern

und sonst Jens Lünings Arbeit: Die Michelsberger Kultur. Ihre Funde in zeitlicher und räumlicher Gliederung. 48. Bericht der Römisch-Germnischen Komission 1967, in ihren Grundaussagen zum lithischen Inventar der MK, als "Muster ohne Wert" in den Mülleimer wandern müsste!

Zu den Feuersteingeräten der Michelsberger Kultur schreibt Lüning (S. 70): "Die wenigen Beile aus Feuerstein werden bei der Formenbeschreibung der Felsgesteinbeile mitbehandelt. Im übrigen stellen Klingengerätshaften den größten Anteil der Silexfunde, während retuschierte Abschläge und Absplisse nur selten vorkommen und zu keiner ausgeprägten Form verarbeitet wurden."

Der Gesamtfundkpomplex vom Niederrhein überliefert in den einzelnen Fundkonzentrationen jeweils Dutzende Belege von Feuersteinbeiklingen (vollständig, Nacken-, Medial- und Schneidenpartien, Abschläge, Absplisse, als Kernsteine abgebaut, Abschläge in sekundärer Verarbeitung). Es liegen aus nur sechs Jahren Oberflächenprospektion (keine komplexen Grabungen wie über 100 Jahre hinweg in Untergrombach, Urmitz, mit hohem Aufwand in Inden 9 und Koslar 10 mit nur sehr wenigen Beilklingenbelegen!) über dreihundert (!) Nachweise allein von Feuersteinbeiklingen vor. Das sind etwa 8% aller Silexfundbelege vom Gesamtfundareal. Hier sind Beilklingen häufig und bilden eine der Hauptfundgruppen, während sie in Michelsberg überall sehr viel seltener nahgewiesen worden sind.

Nur einer der Fundplätze auf dem Gesamtfundareal überliefert ein klar ausgeprägtes Klingeninventar das fast ausschließlich aus Rijkholtfeuerstein gearbeitet worden ist. Und das scheint ein hoch spezialisierter Werkplatz gewesen zu sein. Die hier eindeutig bevorzugte Verwendung von Klingen war hier wahrscheinlich eher an den Bedarf und nicht an kulturelle Gewohnheiten gebunden. Zudem sind gerade im späten Neolithikum Klingen hergestellt und verbreitet worden! Sonst überliefern alle anderen Fundplätze am Ort Artefaktiventare mit einem hohen Anteil bearbeiteter Abschläge.

:-)
Unter dem Strich beschreibt Lüning entweder etwas anderes als die Michelsberger Kultur (und wenn man seine Arbeit durch liest, stellt man recht betroffen fest, dass weit mehr als 50 % der von ihm angeführten Steingerätschaften nicht aus gesicherten Befunden stammen, sondern von ausdrücklich oft kulturell stark vermischten Oberflächenfundplätzen. Andere Artefakte wurden bereits im Weltkrieg und später vernichtet und Lüning standen nur noch Zeichnungen zur Verfügung. Das heisst, dass auch Lüning bereits nach seinen Vorstellung das zu Artefakten der MK "gemacht" hat., was Damals wie Heute das lithische Artefaktinventar der MK sein soll! (Eine vergleichbar schludrige Recherche würde man Heute jedem Studenten spätestens ab dem dritten Semester um die Ohren hauen!)  Beschreibt er tatsächlich, weitgehend glücklich getroffen, das litihische Artefaktinventar der Michelsberger Kultur, dann ist kann der lithische Fundkomplex vom Niederrhein nicht die MK repräsentieren!

Es ist ja, wie Du sagst, tatsächlich noch deutlich zu sehen:  :glotz:
Michelsberger Elemente stecken in dem Niederrheinischen Gesamtfundinventar noch deutlich mit drin, aber doch eher als Reflexe auf eine voran- und bereits vorbeigegangene Zeit. Das späte Neolithikum folgte, in der abstrahierten Vorstellung der Urgeschichtsforschung, dem Jungneolithikum und damit der Michelsberger Kultur im Rheinland "unmittelbar" auf den Fersen, doch "um 3.500 v. Chr." hat ja Niemand einen Schalter umgelegt und alles war von "Hier auf Jetzt" ganz anders.

Eher scheinen sich im Bereich der Randzonen der Michelsberger Kulturkreises die Türen in alle Himmelsrichtungen geöffnet zu haben und ein enormer Zufluss neuer Anregungen, Techniken, Materialien, Ideen und Vorstellungen eingeströmt zu sein!

Deshalb wirkt Vieles so "unscharf", weil die Übergangsphase realistischer eingeschätzt, nicht in einem krassen "Bruch" erfolgt ist, sondern in einem fliessenden Übergang. B. Knoche bezeichnet den Zeithoriont des Auflösungsprozesses der MK bewundernswert sensibel als "Dekonstruktionsphase" und sieht für Westfalen bereits schon ab MK III/IV den Beginn der Auflösung des bestandenen Michelsberger Kulturverbandes in seinem Arbeitsgebiet.

Auch die Facharchäologen bewegen sich nur sehr selten auf absolut gesichertem Untergrund. Für den Lousberg wird z.B. selbst von D. Schyle in seiner aktuellen Arbeit "bei Bedarf" immer noch über einen möglicherweise deutlich älteren Zeithorizont "spekuliert" oder "phantasiert" ?  :zwinker: , obwohl er diese Überlegung mit keinem einzigen Faktum ansatzweise untermauern kann!

Für das Gesamtfundareal am Niederrhein spiegelt die Gesamtübersicht von gleich mehreren Tausend Steinartefakten aus nur sechs Jahren Oberflächenprospektion insgesamt deutlich etwas anderes wieder als alle bisher bekannten lithischen Gesamtfundinventare der Michelsberger Kultur. Spät- und endneolithische, also jüngere Artefakte, sind im Fundaufkommen dagegen in geringer Stückzahl sehr klar aus zu machen.

Zumindest DAS ist absolut sicher!  :zwinker:




Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.