Fragen zur Steinaxt

Begonnen von Poseidon1, 14. Mai 2007, 17:21:08

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Poseidon1

Hallo Suchergemeinde!
Zunächsteinmal wollte ich euch mal diesen Link zu einem Bericht über einen hochinteressanten Axtfund in der Schweiz  zeigen, aus dem sich für mich die eine oder andere Frage ergeben hat:

http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/bstuecke/23167/index.html

1.Gibt es weitere Axtfunde mit mehr oder weniger intakten Holm?

2. Der Axtholm ist im Bereich der Bohrung mit Hornkeilen versehen. Gehe ich recht in der Annahme, dass eine solche Befestigung bei Steinäxten bisher nur vermutet wurde, oder gibt es weitere Belege dafür?

3. Wie kommt die oftmals konische Form der Bohrlöcher zustande? Welchen tieferen Sinn hatten sie bei der Schäftung, wenn man schon Keile zum Einsatz brachte?

Ich freue mich auf Antworten,

Gruß, Poseidon

Rambo

Hallo
zu 1:  mir sind keine Steinbeile/Äxte mit intaktem Stiel bekannt
zu 2:  siehe Nr. 1
zu 3:  Vereinfacht ausgedrückt: Die "Löcher" wurden in den meisten Fällen mit einem Hohlbohrer gebohrt das heißt es wurde ein Bohrkern aus dem Beil herausgebohrt
Durch die Zugabe vom "Schleifmittel" entstand eine konische und sehr oft auch eine leicht elliptische Bohrung. Solche Bohrkerne findet man recht häufig
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

Khamsin

Salaam Jungs!

Das schweizer Stück ist eine Prunkaxt, die - so die Archäologen - Repräsentationszwecken diente. Ein in jeder Hinsicht einzigartiges Stück! Dies u.a. auch, wenn man bedenkt, dass die Anfertigung der Verzierung, d.h. der mit Birkenpech aufgeklebten Birkenrindenwicklung am Stiel mit 1000en von kleinen "Löchern" wahrscheinlich nicht viel weniger Herstellzeit in Anspruch genommen hat, als die Herstellung des Axtkopfes!

Zu 1: Mir sind - und da schliesse ich mich gerne (teilweise) unserem Rämbow an - keine weiteren geschäfteten ÄXTE bekannt. Geschäftete BEILKLINGEN dagegen gibt es sehr viele von Skandinavien bis und vor allem in die Schweiz!

Zu 2, den sog. Hornkeilen: Die sind nicht aus Horn, sondern aus Geweih! Das ist ein riesiger Unterschied, auch wenn der vor allem in südlichen Gefielden Deutschlands, in Österreich und der Schweiz begrifflich in aller Regel nicht gesehen wird. So im Volksmund "Hirschhorn", nicht selten auch gerne von Archäologen verwendet. Merke, trüge ein Hirsch wirklich Hörner, dann fände sich beim Rind wahrscheinlich ein Geweih!
Horn erhält sich in den Seeufersiedlungen nicht, Geweih dagegen exzellent!
Mir sind solche Geweikeile sehr wohl bekannt, und zwar für denselben Zweck an spätneolithischen Geweihäxten (SOM = Seine-Oise-Marne-Kultur) mit im Schaftloch abgebrochenen Stielen.

Zu 3: Rämbow hats schon grundlegend gesagt; hier dazu noch einige weitere Ausführungen:
Es ist unbestreitbar, dass Axtköpfe aus Felsgestein (und nur aus diesem; Flint wurde in der Steinzeit nie gebohrt! Obwohl es sehr, serh seltene Axtköpfe aus Flint gibt...) mittels apparativen Vorrichtungen (Maschinen) gebohrt worden sind. Dies wurde durch sehr erfolgreiche Bohrexperimente von Vosgerau, Oldenburg i.O., in den späten 1980ern beispielhaft vorgelegt!

Im Gegensatz zu der unhaltbaren Behauptung von R. FORRER in seinem (dem ersten überhaupt!) Reallexikon zur Vorgeschichte (Strassburg 1907) ist freilich bis heute kein einziges konstruktives Element einer solchen Maschine bekannt.
   
Es wird angenommen, dass der Bohrstab aus einem hohlen Stück Holz bestand, wahrscheinlich Holunder. Nun nutzt sich dieser Bohrstab u.a. an den Aussenseiten durch das unumgänglich notwendige scharfkantige Schleifmittel ab, wodurch er sich an der Spitze verjüngt. Daraus resultiert der kontinuierlich abnehmende Durchmesser des Bohrloches.
Mit dem sog. Bohrkern oder Bohrzapfen verhält es sich dagegen genau umgekehrt. Bohrzapfen besitzen an ihrer Oberseite immer einen kleineren Durchmesser als an ihrem unteren Ende, wo sie schliesslich aus dem Bohrloch aus nachvollziehbaren Gründen herausgeschlagen wurden.
Das liegt daran, dass sich auch im Bohrstab das Schleifmittel sammelt und dort selbstverständlich auch abrasiv wirkt, hier auf den Bohrzapfen.

Beste Grüsse KIS


"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Poseidon1

Vielen Dank für eure Antworten!!
Da sind mir doch einige Lichter aufgegangen.