Wetzstein - römisch???

Begonnen von wühlmaus, 22. April 2007, 22:14:24

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wühlmaus

Hi  :winke:

ich hab vor ein paar Tagen bei der Suche auf einer römischen Trümmerstreuung diesen Wetzstein aufgelesen. Da auf der Stelle auch einiges an Mittelalter und sehr viel neuzeitliches liegt, hatte ich ihn zuerst kaum beachtet...
Heute hab ich ihn mir nochmal angeschaut und - fast zufällig - auf beiden seiner Schmalseiten ein kaum noch zu erkennendes Fischgrätenmuster (Jägerzaun) entdeckt ... Es ist sehr verwischt aber bei extremem Schräglicht noch deutlich zu erkennen. Die Fotos geben es nur sehr schlecht wieder  :heul:
Meine Frage ist nun:
Irgendwo meine ich gelesen zu haben, dass diese Art der Verzierung oft an römischen Stücken vorkommt. Kann das jemand bestätigen?

Bin froh über jede Hilfe ...

Ciao
Gerd

wühlmaus

... ich weiß die Fotos sind nicht der Hammer  :heul:
Aber hier noch der die Seitenansichten mit dem verschliffenen Fischgräten- oder Rautenmuster:

Silex

Servus Wühlmaus,
Fischgrätenverzierung zieht sich vom Mauerwerk der Römer durch bis zu den  Alltagsgeräten.
Bei den Fotos kann  ich leider keine "Muster" erkennen. Zudem wären sie dem  immanenten Arbeitsvorgang eher hinderlich gewesen.
Oder gibt es doch verzierte , römische Wetzsteine. ??
Danke fürs Zeigen
vom
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

wühlmaus

Hi silex

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es die gibt. Nur kann ich es momentan nicht belegen ...  :heul:
Die Info hab ich vor Jahren auf unserem Amt für Bodendenkmalpflege bekommen ...

Meine Literatur gab nix her, www.findsdatabase.org.uk ist offline und googeln brachte auch nix ...  :wuetend:

Auf http://www.exploratio.org/image_database/exploratio.htm habe ich noch ein mieses Foto von römischen Wetzsteinen finden können.
Die Verzierung hab ich anbei noch gezeichnet. Auf wt05.jpg ist sie ansatzweise erahnbar, wenn man auf den x-förmigen Kratzer in der Mitte achtet und dann nach links und rechts schaut ...  :engel:

:winke:
Gerd

rolfpeter

Servus Gerd,

die Fischgrätenmuster sind bei römischen Wetzsteinen sehr typisch! Es gibt einen Depotfund im Rheinland mit einem ganzen Haufen solcher, allerdings im Querschnitt runder Wetzsteine. Ich such den Artikel mal raus und melde mich dann wieder zum Thema.

Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

wühlmaus

Hi RP

nach dem Depotfund hab ich versucht zu googeln ...  :heul: Kann das sein, dass der in Xanten gefunden wurde? Irgendwo in den Tiefen meines Gedächtnisses regt sich da was ...

Vielen Dank im Vorraus!

:winke:
Gerd

rolfpeter

Servus Gerd,

haste abba prima gegoogelt. Tatsächlich ist der Depotfund aus Xanten, veröffentlicht von Dorothea Haupt in "Ausgrabungen im Rheinland 1978"
Schau mal in Deine PMs

Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

wühlmaus

 :winke: Vielen Dank RP

das war genau das, was ich meinte. Ich bin mir fast sicher, dass ich den Artikel sogar irgendwann einmal quer-gelesen hab... Damals war mir wohl nicht ganz klar, dass ich mich eines Tages für römische Wetzsteine interessieren könnte ...  :zwinker:
Kurze Zusammenfassung für die anderen:
Wetzstein-Depot des 1.Jh. aus einer Xantener Grabung. Die Steine haben einen runden bis ovalen Querschnitt und sind mit einem prägnanten Fischgrätenmuster, ähnlich wie bei runden Metallfeilen, versehen. Die praktische Funktion dieses Musters ist - in der Wissenschaft - noch unklar. Antike Quellen (Plinius) erwähnen aber ausdrücklich den wirtschaftlichen Vorteil von Wetzsteinen aus gutem Material, mit denen man Sensen effektiver "scharffeilen" kann...  Solche Wetzsteine wurden vom römischen Rheinland aus bis nach Dänemark hinauf verhandelt. Wahrscheinlich hat man das Rohmaterial bei Kaub am Rhein gefördert. Typische Abnutzungsspuren sind breit abgeschliffene Flächen an der Ober- und Unterseite.

Wetzsteine mit Fischgrätenmuster waren von rheinisch/römischen Stellen zwar lange bekannt jedoch konnten sie erst mit dem Xantener Fund (1978) eindeutig den Römer zugeordnet werden (vorher liebäugelten einige Forscher mit einer neolithischen Zeitstellung).
Die Xantener Steine sind allesamt unbenutzt. (siehe Foto)
Der Vergleich mit meinem stark abgenutzten Fragment ist dementsprechend schwierig. Am ehesten passt der untere Xantener Stein. Der heutige Querschnitt meines Stücks ist heute eher verrundet rechteckig, könnte aber durchaus, im unbenutzten Zustand, oval gewesen sein...
Schwierig zu sagen ...
Mal schauen was die Archäologen meinen ...

ciao
Gerd

Silex

Danke, das war interessant!!!
Wie hat man diese Fischgrätmuster wohl hineingedremelt? Und waren "diese" eher kultischer  oder vielmehr  von praktischer Natur ?
Und wie unterscheidet man eigentlich sehr alte und alte Wetzsteine. Die industriellen Vertreter sind meines Wissens mit Bindemitteln zusammengepresst.
Kann man da auch ohne geologische Dünnschliffuntersuchungen zu einer Unterscheidung gelangen.
Man findet sie nämlich, natürlicherweise " ohne Ende".
Danke
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

wühlmaus

Hi Edi

laut der Veröffentlichung sind diese umlaufenden Muster "offensichtlich mit einem eisernen meißelartigen Gerät eingeschlagen worden, dessen schneidender Teil zwischen 7,5-9mm Breite war und das auch, wie Hiebspuren zeigen, bei der Zurrichtung der Steinenden benutzt worden ist."
Ein kultischer Aspekt ist hier wohl auszuschließen, die zugrundeliegende Idee war eher praktischer Natur ... die Kerbungen gaben dem Wetzstein den Charakter einer Steinfeile bzw -raspel, so wurden die Sensenklingen nicht nur scharfgewetzt, sondern gleichzeitig auch gefeilt bzw geraspelt...

Was aber nicht heißt das Wetzsteine generell nur funktionale Geräte waren... Ich hab noch ein Zitat (leider ohne Abbildung) aus dem Buch Runenkunde, K. Düwel, Verlag Metzler beigefügt, dass auf einen Wetzstein aus dem fühmittelalterlichen Norwegen verweist. Die hier erwähnten Runen-Verse waren sicherlich nicht allein profaner Natur ... 

Alles in allem stellen uns die Wetzsteine wohl vor ähnliche Probleme wie zB die tönernen Spinnwirtel. Wir finden sie, haben aber dicke Probleme sie zeitlich einzuordnen ...
"Meinen" hier vorgestellten Stein hätte ich ohne mit der Wimper zu zucken als neuzeitlich beiseite gelegt, wenn ich nicht die letzten, verwaschenen Spuren dieses Grätenmusters im schrägsten aller Lichte gesehen hätte ... :staun: :irre: :staun:

Eine Materialansprache gestaltet sich schwierig ... scheinbar ist das perfekte Wetzstein Material "homogen", deshalb auch die heutigen industriell gepreßten Varianten als technische End-Entwicklung ... Bei meinem Stück ist noch eine durchgehende Kieselader zu beobachten, die erhaben hervorragt, also vom Eisen kaum abgeschliffen wurde, so etwas führt zu Unebenheiten, man kann den Stein nicht mehr ruhig durchziehen ...

:gn
das Wühlmäusle