Beilbruchstück Materialfrage

Begonnen von rolfpeter, 07. April 2007, 12:37:05

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rolfpeter

Servus Freunde,

hier ist das Bruchstück einer geschliffenen Beilklinge. Das Material ist mir so noch nicht vorgekommen. Opak, grau, völlig gleichmäßig gefärbt, sehr kompakt, erinnert stark an Porzellan oder Steingut, fast wie das Porzellan von Hochspannungs-Isolatoren.
Um welche Art von Feuerstein handelt es sich. Ich hoffe auf eure Hilfe.

Die Bilder:





Viel Erfolg beim Steineiersuchen wünscht euch
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Erinnert mich stark an Jurahornstein...wird es aber wohl nicht sein...wenn ihr in heimischem Flint anderer Konsorten geradezu baden könnt.
(Vielleicht verleiten  mich meine Jurahängegänge der letzten 2 Tage dazu...2 neue Fundstellen....)
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

rolfpeter

Servus Edi!

Herzlichen Glückwunsch zu den neuen Fundstellen!
Ich glaube auch nicht an Jurahornstein hier im Rheinland. In der Literatur taucht immer wieder "grauer belgischer Feuerstein" auf. Was das genau ist, wie das genau aussieht und in welcher Form es wo gefunden wurde ist mir allerdings unbekannt. Der Flint hier ist auf jeden Fall grau, ob belgisch oder holländisch, wird sich vielleicht noch zeigen.

Bei uns ist mit neuen Fundstellen zuerst mal Sense, alle Äcker sind bestellt. Der Bauer spannt die Rösslein wieder aus und macht die Giftspritzen fit  :narr:

Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Khamsin

Salaam!

Die rheinischen Archäologen kennen das feine Material, wissen aber nicht, woher es kommt. Und nein, das ist kein hellgrau-belgischer Flint. Der hat eine einheitliche hellgraue Färbung mit unterschiedlich geformten weissen Einschlüssen, ist fettglänzend und fasst sich entsprechend an. Ist regelmässig auf LBK-Fundplätzen anzutreffen. Wundert mich, dass Du ihn nicht aus Deiner Sammlung kennst.

Ach ja, es gibt bayerischen Plattenhornstein im Rheinland, aber der ist extrem selten. In den BJB wurde von J.W. in den frühen 1990ern ein abgenudelter kleiner Klingenkern aus Arnhofener Hornstein vorgelegt, der aus einer spätpaläolithischen Oberflächenfundstelle auf der Höhe von Kaarst stammt!
Das zeigt, welch weitreichende Kontakte die spätpaläolithischen Jäger und Sammler besassen.
Auch von dem sensationellen, neuen Fundplatz der Ältesten LBK bei Niederkassel-Uckendorf nahe Porz auf der rechten Rheinseite gibt es wenige Artefakte, die den Ausgräber an bayerischen Hornstein denken lassen (dazu ein Beitrag in Arch. im Rheinland 2003 (Stuttgart 2004).

Nun, wie Dir ja bestens bekannt ist, liegt aus den Rheinischen Lössbörden ausgesprochen grosses Spektrum einheimischer und importierter Flintarten, aber auch Felsgesteinarten vor. Darunter sind ja auch solche, die aus mehreren 100 Kilometer Entfernung ins Rheinland gelangten.

RP, da fällt mir noch ein: Wenn Du ein für allemal über Gesteinsrohstoffe im Rheinland Bescheid wissen willst, dann beschaff Dir doch die Arbeit, oder lass sie Dir schenken:

Floss, Harald: Rohmaterialversorgung im Paläolithikum des Mittelrheingebietes. Bonn 1994. (Monographien des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz, 21) XIII, 407 S., 221 Abbildungen, 36 Tafeln, davon 14 farbige, zahlreiche Tabellen, 30 x 21 cm, 2140g, Leinen gebunden, Preis: 77,00.

Dabei ist es unerheblich, dass es um das Paläolithikum bzw. das Mittelrheingebiet geht. Wichtig ist, dass dort alle bekannten Gesteinsarten, deren Vorkommen etc., etc. sehr detailliert behandelt werden. 

Beste Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

psearch

Hallo,

der Hinweis, dass es wie Porzellan aussieht, erinnerte mich spontan an ein Rohmaterial welches ich einmal auf Flintsource.net
gesehen habe. Es nennt sich Porcellanite (auf Englisch) und es findet sich dort ein Hinweis, dass es sehr oft für Steinäxte eingesetzt
wurde. Könnte also evtl. hinkommen.

Schau doch mal unter folgendem Link nach :

http://www.flintsource.net/other/CZ_porcel.html#CzOtkor

Vielleicht haut es ja hin.

MFG PSearch


rolfpeter

Besten Dank für die Hilfen und Tips!

@ KIS: Ja, ich habe hellgrau-belgischen Flint in meiner Sammlung. Allerdings war mir bis eben nicht bekannt, ob es verschiedenen Varianten davon gibt. Nach Deinen Ausführungen ist mir jetzt klar, worauf es ankommt!
Dank für den Literaturhinweis, werde mich mal regelmäßig bei den Antiquaren nach der Arbeit umsehen.

@psearch: Nein, das Porcellanite sieht zumindest auf den Fotos anders aus. Aber der Verweis auf flintsource.net ist immer angebracht, Danke für den Trigger!
Ein - zumindest auf den Fotos - ähnliches Material habe ich dann dort gefunden.
Saint Mihiel in Lothringen. Ch. Guillaume datiert den dortigen Bergbau in "5000 Jahre Feuersteinbergbau" auf 2200 bis 2000 BC. Beilklingen sind aus dem Material auch hergestellt worden.
Hier ein Link zur entsprechenden Seite von flintsource.net
http://www.flintsource.net/flint/F_mihiel.html#FMihielMihiel
Besonders die 2. 3. und 5. Abbildung ähneln meinem Fundstück frappierend.
Lothringen läge auch noch in einer vertretbaren Entfernung zum Fundort.

beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

psearch

Hallo rolfpeter,

auch gut, auf den Fotos ist das eh immer etwas schwer zu sehen, besser man hat das Orginalstück in den Händen.
Aber mit der Seite www.flintsource.net kann man sich immer gut einen Überblick verschaffen.

MFG PSearch

Khamsin

Salaam!

RP, es hätte mich auch schwer gewundert, wenn es in Deiner Sammlung keine Artefakte aus "hellgrau-belgischem Flint" gäbe. Aber richtig, nach Zimmermann und seiner Gruppe gibt es zwei Varianten, eine klassische "helle" und eine weniger helle, somit etwas dunklere.

Ja, die chaille aus St. Mihiel. Zwar hatte ich vor Jahren Kontakt zu Christine Guillaume (die ja leider allzu früh schon vor längerer Zeit verstorben ist), aber ich kenne die chaille auch nur von Bildern und habe nie ein Rohstück in Händen gehalten. Ebenso kann ich mich nicht erinnern, jemals eine geschliffene Beilklinge aus diesem Material im Original gesehen zu haben.

Im übrigen glaube ich nicht, dass Dein Beilklingenfragment aus so etwas wie Porzellanit besteht. Dafür macht es mir einen viel zu "flintigen" Eindruck.

Beste Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Grenzton

Hallo Rolfpeter!
Anbei mal zwei Fotos eines Steinbeils aus meiner Sammlung. So wird Deines auch ausgesehen haben, denke ich.
Es ist auch aus diesem hellen Material.

Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

rolfpeter

Servus Kalle,
man kann es auf dem Foto meines Beilbruchstückes nicht erkennen, aber das hat einen ovalen Querschnitt. Deines scheint einen rechteckigen Querschnitt zu haben. Es erinnert mich auch an Beilklingen aus nördlichen Gefilden, z.B. Dänemark. Die sind allerdings aus nordischem Flint hergestellt. Vielleicht kann ja Agersoe mehr zu Deiner schönen Beilklinge sagen. Ich bin da kein "Fachmann"  :engel:
Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert