Zebrakratzer

Begonnen von rolfpeter, 14. März 2007, 20:46:24

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rolfpeter

Servus Freunde,

hier von einer relativ fundleeren, sehr steinigen Stelle, ein hübscher Kratzer aus gebänderten Flint. Häufig bei den Abschlagkratzern, die ich finde, ist eine gekappte Dorsalfläche. Es sind dann dorsal am Proximalende noch mehrere Abschläge vom Kratzer entfernt worden. Könnte das dazu dienen, das Stück zu "verdünnen", damit es einfacher geschäftet werden kann?
Naja, wie komme ich wohl auf den Titel Zebrakratzer? Schaut die Bilder, dann werdet ihr es merken!





Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Servus RP, Glückwunsch zu Deinen neuesten Funden,
Lang ists her seitdem der letzte, frische Kratzer meinen tastenden Fingertentakeln durchglitt.... und wenn ich die "alten" in die Hand nehme und mir die Kratzbewegung vorstelle, bzw. sie mit Widerstand nachahme dann kann ich mir einfach nicht vorstellen dass  diese Teile in Holz geschäftet funktioniert haben...bei allem Respekt vor Birkenteer und Nuttechnik.
Ich habe nur ein paar diesbezügliche Gerätschaften die offensichtlich abgebrochen sind...aber die überwiegende  Mehrheit scheint mir mit der Hand...pur... 
bewegt worden zu sein.
Diese Kräfte mit Nut und Klebung bändigen zu können  scheint mir nicht praktikabel.
Jedoch  kann dies im Neolithikum ganz anders gewesen sein  und Dein Kratzer müsste erst mal  handgreiflich getestet werden.

Gibt es überhaupt  Moorfunde (oder dergleichen ) von in Holz geschäfteten Kratzern.
Bisher hab ich noch nichts davon gesehen und gehört.....
Danke RP
bis bald
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Zitat von: Silex in 14. März 2007, 21:44:38
Servus RP, Glückwunsch zu Deinen neuesten Funden,
Lang ists her seitdem der letzte, frische Kratzer meinen tastenden Fingertentakeln durchglitt.... und wenn ich die "alten" in die Hand nehme und mir die Kratzbewegung vorstelle, bzw. sie mit Widerstand nachahme dann kann ich mir einfach nicht vorstellen dass  diese Teile in Holz geschäftet funktioniert haben...bei allem Respekt vor Birkenteer und Nuttechnik.
Ich habe nur ein paar diesbezügliche Gerätschaften die offensichtlich abgebrochen sind...aber die überwiegende  Mehrheit scheint mir mit der Hand...pur... 
bewegt worden zu sein.

Hallo RP  :-)

Ich bin hier ganz gleicher Meinung wie Edi. Ich glaube auch nicht an einer Schäftung von diesen Kratzern.


Khamsin

Salaam!

Schon lange fragt man sich bei den Archäologen, ob Kratzer - egal welcher Zeitstellung - geschäftet worden sind. Grund dafür sind formale Merkmale. Weitere Hilfen liefert, na klar, die Völkerkunde.
Mir ist lediglich ein Klingenkratzer aus dem Jungpalöolithikum bekannt, der in einer Grube in Stillfried a.d. March in Österreich gefunden wurde. Das Stück lag mit seinem langen Ende unmittelbar parallel am und überstehend zum Ende einer Rippe. Der Befund wird als ein ehemals an der Rippe geschäfteter Kratzer interpretiert.

Argumente für eine Schäftung:

- z.T. winzige Grösse von Kratzern (Daumennagelkratzer etc.),
- zungenartig retuschierte Abschnitte an Kratzern gegenüber der Kratzerkappe,
- völkerkundliche Beispiele mit unterschiedlichsten technischen Lösungen der Befestigung. Vor allem aber teilweise erstaunlich elaborierten/aufwändigen, manchmal anatomisch/ergonomisch geformten Griffen (Eskimo).

Argumente gegen eine Schäftung:

- sehr grosse und vor allem dicke Abschlagkratzer (MK),
- fehlende weitere Kenntnis, welche Tätigkeiten überhaupt mit welchen Kratzerformen ausgeführt wurden.

Selbstverständlich kann man mit langen, randretuschierten jungpaläolithischen Klingenkratzern freihändig arbeiten genauso, wie mit handlichen flachen neolithischen Abschlagkratzern.
Die Frage u.a. ist nur, wie lange sowas geht. Und das wird ganz erhebllich von der Art der Tätigkeit bestimmt.
Klar, man weiss durch Gebrauchsspurenanalyse, dass Kratzer häufig zum Reinigen der sog. Fleischseite abgezogener Felle/Häute dienten.  Und hier zeigen nun völkerkundliche Belege, dass diese Arbeit schwer auf die Knochen geht und in aller Regel Kratzer geschäftet waren oder noch sind, wie rezente ethiopische Beispiele unter Verwendung von Obsidiankratzern zeigen.

Spätestens dann, wenn man Kratzer wegen ihrer geringen Grösse nur noch (bei Rechtshändigkeit) auf die Seite des stark eingewinkelten Zeigefinders legen kann und mit dem Daumen festdrücken muss (kleine Rundkratzer und kleine Lamellen-/Klingenkratzer) muss man sich fragen, ob die wirklich so geführt worden sind oder nicht doch geschäftet waren.

Vor diesem Hintergrund würde mich nicht wundern, wenn RPs Fund aus einer zonierten Partie von Rijckholt-"Zebra"-Flint an einem wie auch immer gearbeiteten Griff befestigt war, zumal bei der geringen Grösse. Immerhin misst die Kratzerkappe geradlinig von "Ecke" zu "Ecke" rd. 3,5 cm im Verhältnis zu knapp 5 cm Länge. Da dürften bei der vermuteten Verwendung ganz schöne Hebelkräfte freiwerden!

Letzten Endes wird man sich darauf einigen können, dass manche Kratzer gewiss händisch eingesetzt werden konnten, viel andere Modelle aber bestimmt geschäftet waren bzw. geschäftet gewesen sein müssen, um sinnvoll verwendet worden zu sein.

Beste Grüsse KIS 

"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"