Kratzer?Unikum

Begonnen von Silex, 13. Februar 2006, 21:58:47

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Silex

Bei brüllender Hitze aufgelesen vor 2 einhalb Jahren, direkt am Flußuferacker. Auch die Archies konnten nur Steinzeit ,Kratzer? sagen. In meiner relativ langen "Sucherkarriere" ist mir kein ähnliches Artefakt begegnet. Die Zeitstellung , das Material und die Gerätefunktionsbeschreibung wären interessant...Eigentlich kann es ja nur ein Kratzer sein aber warum die vielen scheinbar unnützen Retuschen. "Overdone" würden wohl die  Angelsaxen hämen.
Vielleicht neolithisch? Manche, wenige Fundstücke von diesem Acker wurden vom LfD in die possibilitäre Jungsteinzeitnähe gestellt.
Bei Ahnungen, Meinungen.. bitte dringend melden
Danke
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger


Rambo

Wahnsinn  :jump: ich würde bei so einem Stück schon von einem Beil sprechen. So einen großen Schaber habe ich noch nicht gesehen.  :staun:Schade, das man bei uns keine solchen Stücke findet.
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

Der Wikinger

Lieber Rambo  :-)

Beile funktionieren nur, wenn sie eine Schneide haben !!   :-D  :super:


Rambo

Ich weiß, ich weiß nur bei  so einem  Riesenstück .. da kann man nachdenklich werden  :zwinker:
Gruß Rambo
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und das Schlechte still verzeihn

Silex

Dere agersoe,
wie nennt man das brachiale Ding in- vermutlich Deinen- grazilen Händchen, in Eurer Mundart? Und aus welcher Zeit stammt "ES"?
Und "Meines"? Trotz aller räumlichen Distanz... Kann man auf Grund der flächigen Stufenretusche von Jungsteinzeit ausgehen?

Bei uns stellt sich immer wieder die Frage: Ist das Artefakt neolithisch oder stammt es aus einer Epoche vor dem Endpaläolithikum?
Weil- wie Du so eindrucksvoll mit Deinen beiden Beilfragmenten bewiesen hast- die Patinierung ein zwiespältiger Datierungshelfer ist- und weil sich insbesondere die Bearbeitungstechniken der Altsteinzeit und der Jungsteinzeit eher ähneln als dies mit dem Meso- und Endpaläolithikum der Fall ist. Drum bin ich hier bei Euch- weil ich das verstehen will. So gut Zeichnungen und Bücher  sind- das wichtigste sind die Erfahrungen von Typen die sich in einen Acker "verbeissen" und Zusammenhänge erkennen wollen.
Horizonte, Materialien, Kulturen....
Und ich hab schon Vieles gelernt

Danke, DANKE
Edi
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Der Wikinger

#6
Hallo Silex  :-)

Ja, ich weiss, dass diese vollretuschierte Schaber auch in der bei uns sogenannten paläolitischen Hamburgkultur vorhanden sind. Bei uns gibt es aber davon nur sehr wenige Funde, und alle vom Südlichsten Jütland, da der Rest des Landes ja Teilweise von Eis gedeckt war.

Ich glaube, mein und auch dein Stück müssen wir als morphologische Repräsentanten einer Entwicklung der Schaber des Neolithikums sehen.
Bei mir würde dein Stück wohl etwa übersetzt so heissen: Vollretuschierter, neolitischer Schaber aus grober Klinge / Abschlag.  :irre:

Um die Morphologie zu zeigen, das Foto unten, von Schabern aus meiner Sammlung, die die Periode von Endmesolithikum bis Endneolithikum so ungefähr zeigen.
Du musst von der Grösse der einzelnen Schaber ganz wegsehen, und nur auf Form und Retuschen, und die Entwicklung davon achten.
Von links nach rechts:


1. Der simple nur am Arbeitsgebiet retuschierter Schaber aus Klinge oder Abschlag (bekannt auch in früheren Perioden) Hier Erteböllezeit.
2. Der Schaber ist aus einem bewusst gesteuert geschlagener, kräftiger Klinge gemacht. Sehr gewöhnlich von Ertebölle bis Mittelneolithikum.
3. - 8. Alle vollkant-retuschiert !!
3. Der von mir früher gezeigter Schaber, jetzt wird plötzlich mehr auf ästetische Aspekte, wie Symmetrie geachtet, Vollkant-retusche, Mittelneolitikum bis Frühe Endneo.
4. Die ersten Löffelschaber-ähnliche Schaber waren oft aus groben, grossen Klingen gemacht. wir nähern uns Spätneolithikum.
5. Sehr minutiös gemachter, vollretuschierter Schaber, wo man wirklich viel für die Ästetik gemacht hat, Prachtschaber: Spätneo.
6-8: Löffelschaber in verschiedenen Stufen, die schliesslich im Endneolithikum, frühe Bronzezeit in ausgepägter Löffelform endeten.





Übrigens: BEIFUNDE sind bei Schabern immer wichtig, hättest du ein paar paläolithischen Zinken daneben gefunden, könntest du mich sicher davon überzeugen, das "ES" älter ist, als ich annehme !!  :-D


Der Wikinger


...oooh habe vergessen:

Die beiden ersten Schabertypen gibt es auch noch durch die ganze neolithische Perioden, wo sie aber dann neben den anderen Formen auftretten.  :super:
Man könnte sie vielleicht als Alltags-Schaber bezeichnen  :-D

Der Wikinger


...übrigens neben dieser Entwicklung der Klingen- / Klingenähnlichen Schabern ist ja dann auch eine sehr viel kompliziertere Entwiklung der Scheibenschaber.  :super:

So, jetzt habe ich vorerst genug gesagt !!  :platt:


Silex

Danke agersoe, fast platt über Deine Archivierungskünste und über die  zeitliche Mehrfachaufstellung Deines Fundgutes. Du hast mir schon sehr weitergeholfen...
Wenn ich beginne etwas zu suchen dann wird es schnell aussichtslos.....
Aber die Archivierung ist auch eine Platz und Geldfrage. Lediglich im Computer sind meine Sachen wohlgeordnet.
Bis bald
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.