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Lesefunde => Steinartefakte => Thema gestartet von: Nanoflitter in 11. Januar 2015, 18:03:14

Titel: Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 11. Januar 2015, 18:03:14
Ich würde dieses Teil als "retuschierte Lamelle" ansprechen. Die Breite beträgt 8,5mm und der Querschnitt ist dreieckig.
Die Retuschen sind sehr grob. An der "Spitze" ist ein rezenter Bruch. Die Schlagrichtung eigentlich nicht auszumachen,
fast eine Stichellamelle?
Gruss...

Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: palaeo1 in 11. Januar 2015, 18:29:36
Genau solche Artefakte habe ich mal auf Gebrauchsspuren hin untersuchen lassen. Es ergaben sich Spuren, die auf Holz- und Knochenbearbeitung hinweisen. Es sind Abschläge und Trümmer, die signifikante Kerbungen aufweisen. Ich habe bei einer Grabung einmal mehrere solcher Werkzeuge bergen können, was mich zu der Untersuchung veranlasst hat. Meine Stücke terminieren an Hand von 14D-Datierungen in das nordische Neolithikum. Die genauen Daten müsste ich raussuchen.
Das heißt aber nicht,  dass alle Artefakte dieser Art in diesen Zeithorizont gehören. Es sind ad hoc Werkzeuge, die immer wieder Verwendung fanden.

LG Klaus
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 11. Januar 2015, 18:42:10
Dank dir, was anderes, als Neolithikum, hab ich hier auch noch nicht gefunden. Ist schon erstaunlich, was man an solchen Splitterchen alles herauslesen kann. Ich erkenne die meisten Sachen erst zu Hause, mit viel Licht und Lesebrille. Auf dem
Acker kam dieser erst mal als "länglicher Splitter" ins GPS.
Gruss und danke schön!
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: thovalo in 11. Januar 2015, 21:27:49


Das ist schon mal keine Lamelle und nach den Fotos ist nicht klar zu erkennen, möglicherweise das Bruchstück eines Kratzers  :glotz:
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 11. Januar 2015, 21:45:36
Was hast du denn gegen Lamelle? Kratzer wars nicht. Ist schon längs geschlagen, so was wie ne viertel oder ne halbe Klinge, längs gespalten, oder ein Abfallstück. Da die Enden distal und proximal fehlen bzw. keine Abschlagsmerkmale aufweisen, ists halt schwer zu sagen. Schlagwellen sind nur auf der einen Bahn gut zu erkennen. Es ist schmaler als 1cm, da hab ichs Lamelle getauft. :-).
Gruss...
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: palaeo1 in 11. Januar 2015, 21:48:52
Es ist für mich ein Trümmerstück, das an einer Frostkluft abgelöst wurde. Eine Lamelle ist es difinitiv nicht ! Als Lamellen werden Klingen, je nach Definition, unter 10 mm Breite angesprochen. Die Intention Klinge/Lamelle muss vorhanden sein, d. h. parallele Kanten und Grate sowie ein Längen/Breiten-Index
von 2:1

LG Klaus
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 11. Januar 2015, 21:53:10
Na gut, dann muss ich das Baby halt umtaufen...
Gruss...
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 11. Januar 2015, 22:47:39
Vor den Retuschen und dem Ausbruch könnte die Parallelität gegeben gewesen sein, das Teil ist 19,5mm x 8,3mm. Also 2:1 übererfüllt... aber als Trümmerstück ists mir auch recht. Trümmer ist laut dem "Hahn" die offizielle Bezeichnung für nicht als
Grundform definierbare Stücke? Ich hab die immer Splitter genannt, das gibt's wohl nicht. 
Gruss und dank euch!
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: palaeo1 in 11. Januar 2015, 22:56:20
Längen/Breiten Index allein reicht nicht aus! Bei dem Stück ist die Intention Klinge nicht erkennbar. Wenn die ventralen Merkmale eines Abschlags vorhanden sind, ist es einer , ansonsten ist es ein Trümmer.
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 11. Januar 2015, 23:02:14
Ok, Abschlagsmerkmale fehlen, deswegen Trümmer. Mir muss man halt noch manche Basics näherbringen, ich kann mich eigentlich nur bedanken, in dem ich mir das alles merke, was ich aber nicht garantieren kann. :schaem:
Gruss...
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: hargo in 12. Januar 2015, 00:08:11
Ganz einfach, das Teil ist zu dick für eine Lamelle.
Auch für eine Klinge, wäre es denn breiter als 1 cm.

mfg
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 12. Januar 2015, 10:09:20
So dick ist das Teil gar nicht, nur das Vehältnis von Breite zu Dicke gaukelt das auf dem Foto vor. Meine sonstigen durchschnittlichen Klingendicken sind so 4mm+- , dicker ist das Teil auch nicht. Aber jetzt ists ein Trümmer.
Gruss und dank dir! 
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: thovalo in 12. Januar 2015, 19:20:19

Lamellenkern - Lamelle - und Lamellengragmente
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 12. Januar 2015, 22:13:45
Schöne Bilder, dank dir! :super: Lamellen entstehen, wenn der Kern kleiner wird, sich dem Ende seiner Abbaufähigkeit nähert,
hab ich so gelesen. Es gibt aber auch Stichellamellen, ist aber an dem Teil kaum zu beweisen, da wichtige Merkmale fehlen.
Wie stellt man eigentlich Flächen auf Zeichnungen dar, wo Wallnerlinien einfach nicht zu erkennen sind? Gibt's ja öfters...
aber keine natürlichen Spaltflächen, die werden nicht ausgefüllt.
Gruss...
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: hargo in 13. Januar 2015, 00:02:37
Zitat von: Nanoflitter in 12. Januar 2015, 22:13:45
Lamellen entstehen, wenn der Kern kleiner wird, sich dem Ende seiner Abbaufähigkeit nähert,
hab ich so gelesen. Es gibt aber auch Stichellamellen ...

Würde ich nicht verallgemeinern.
Du kannst davon ausgehen, dass die Leute eine konkrete Vorstellung vom gewünschten Zielprodukt hatten.
Hätte es keinen Bedarf an Lamellen gegeben, wäre der im Zuge der Grundformproduktion schrumpfende Restkern wahrscheinlich eher aufgegeben und nicht weiter abgebaut worden. Zumal es Beispiele für Lammellenkerne gibt, die durchaus noch groß genug waren, um davon Klingen zu gewinnen.

Die Stichellamellen sind ein ganz anderes Thema.
Wie die Bezeichnung schon sagt und du natürlich schon lange weißt, stammen sie nicht von einem Kern, sondern fallen als Abfallprodukt bei der Herstellung von Sticheln an.

mfg
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: StoneMan in 13. Januar 2015, 00:54:36
Zitat von: hargo in 13. Januar 2015, 00:02:37
...
Die Stichellamellen sind ein ganz anderes Thema.
Wie die Bezeichnung schon sagt und du natürlich schon lange weißt, stammen sie nicht von einem Kern,
sondern fallen als Abfallprodukt bei der Herstellung von Sticheln an.

mfg

Moin,

wobei ich meine, dass auch das Abfallprodukt verwendet wurde.
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,43982.msg268389.html#msg268389


Gruß

Jürgen
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 13. Januar 2015, 07:23:59
Ja, so was ist nicht auszuschliessen, aber an dem Teil nicht nachweisbar.
Gruss...
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 13. Januar 2015, 21:10:59
Skizze zgf. :winke:
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: hargo in 13. Januar 2015, 23:16:26
Ich gehe mal davon aus, dass es dich interessiert was andere aus dieser Zeichnung lesen.
Wie anfangs im Text erwähnt hast du die Schraffierung auf der Ventralseite neutral gehalten, weil keine Schlagrichtung erkennbar ist. Ich weiß nicht, ob man dann nicht hätte ganz darauf verzichten können? Die Wallnerlinien der beiden Negative auf der Dorsalseite verlaufen gegensätzlich, wodurch der Eindruck eines bipolaren Abbaus entsteht. Wenn beabsichtigt, wäre das eine gute Ergänzung zu den Fotos, die dieses Detail, zumindest auf meinem Monitor, nicht wiedergeben.

mfg
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 14. Januar 2015, 12:17:50
Genau so ist es, aber nach meiner Anleitung werden Flächen, wo die Schlagrichtung bzw. Wallnerlinien nicht eindeutig erkennbar sind, gerade schraffiert.
Die Bahnen auf der Dorsalseite sind gegenläufig. Eine ist konkav, die andere konvex, im Schnitt sieht man das. Auch wichtig!
Muss alles nicht auf Bipolar hindeuten, da sonst beide konkav wären. Die Form kann auch aus einer Stichellamelle kommen,
da wäre eine Bahn konvex, nähmlich die, die zur ursprünglichen Klinge zeigt.
So könnte es ausgesehen haben, aber reine Spekulation.
Gruss...
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: hargo in 14. Januar 2015, 12:54:59
Zitat von: Nanoflitter in 14. Januar 2015, 12:17:50
Genau so ist es, aber nach meiner Anleitung werden Flächen, wo die Schlagrichtung bzw. Wallnerlinien nicht eindeutig erkennbar sind, gerade schraffiert.

Ok, danke!

mfg
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: hargo in 14. Januar 2015, 13:16:42
Zitat von: Nanoflitter in 14. Januar 2015, 12:17:50
Die Bahnen auf der Dorsalseite sind gegenläufig. Eine ist konkav, die andere konvex, im Schnitt sieht man das.

palaeo1 erwähnte eine Frostkluft.

Zitat von: palaeo1 in 11. Januar 2015, 21:48:52
Es ist für mich ein Trümmerstück, das an einer Frostkluft abgelöst wurde.

An welchem anderen Merkmal, als der konvexen Fläche, könnte man das erkennen?

mfg
Titel: Re:Retuschierte Lamelle
Beitrag von: Nanoflitter in 14. Januar 2015, 16:58:19
Ohne wirkliche Grundmerkmale, wie Schlagflächen, Bulbus, Präparation des Stichelabschlages ist alles spekulativ!
Ich kann noch 2 oder 3 Möglichkeiten skizzieren, wie dieses Mikroteil entstanden sein könnte.
Deswegen bleibts ein Trümmerstück. Ich glaub, das ist das erbärmlichste Teil, worüber hier je diskutiert wurde :-), aber man lernt viel dazu, jedenfalls ich. :super:
Gruss...