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Lesefunde => Steinartefakte => Thema gestartet von: Silex in 02. Oktober 2005, 22:00:42

Titel: Materialfragen
Beitrag von: Silex in 02. Oktober 2005, 22:00:42
Servus  vom  nassen, schweren, fast idealen Geläuf der Steinzeitfreunde
Vom endpaläolithischen Acker ein paar Stücke die mich hinsichtlich des Materials interessieren würden.
Vorherrschende Artefaktmaterialien sind Jurahornstein und Arnhofener Platten- und Fladenhornstein
Es wäre interessant inwieweit sich die Handels- und Schweifgebiete  meiner Lieblingsgastgeber posthumlich erweitern lassen.
Titel: Re: Materialfragen
Beitrag von: Khamsin in 03. Oktober 2005, 10:51:37
Moin Silex!
Das obere Stück erinnert mich schwer an den wunderschönen Bohnerzjaspis aus dem südbadischen! Das Stück drunter macht mir einen äusserst homogenen, glasigen Eindruck und hat m.E. auch keine bayerische Provenienz. Woher? Keine Ahnung. Könnte das ´ne Minikernkante sein?
Beste Grüsse und gute Funde 
Titel: Re: Materialfragen
Beitrag von: Silex in 07. November 2005, 21:52:30
danke Khamsin... Wie erkennt man eine Minikernkante- oder welche Indizien verleihen einem  Teil  die Kernkantenkriterien? Nochmal bitte ein bisschen Grundsätzliches, wenn es Deine Zeit ermöglicht.  ..Und ohne Dich nerven zu wollen- einfach weil es mich wirklich interessiert- meintest Du mit der "vermutlichen Erinnerung" an Bohnerzjaspis die beiden obersten Stücke  oder das Mittlere
Und das folgende Stück vom selben Acker  kommt jetzt... müsste ein "Kern" sein (obwohl er nicht viel Freude bereitet haben dürfte)?   
"Kern" deshalb weil es  doch mal- und immer noch (in der Provinz) Nomenklaturdifferenzen bezüglich Kern-Restkern - etc  gab
  (den "Moser" kennst Du also auch- Arnhofen- da gabs mächtig Streit wegen der Entdeckerpriorität)
ROLL` ON aber hier

es
Titel: Re: Materialfragen
Beitrag von: Khamsin in 10. November 2005, 13:04:31
Moin Edi!
Damit meinte ich die beiden oberen, rötlichen Stücke. Freilich gibt es im süddeutschen Spätmesolithikum das Phänomen des sog. Temperns, d.h. die intentionelle Erhitzung von Rohstücken zur Verbesserung der Bearbeitungseigenschaften. Dabei erhalten manche Hornsteine einen schönen Farbton nach rosa oder rot.
Das mittlere Stück aus sehr glasigem durchscheinenden Material kann ich nicht ansprechen (Material).
Und schliesslich hast Du völlig recht mit Deiner Bemerkung zu dem unteren Kern. Man sieht ja sehr schön die linearen, sekundär verkitteten Risse, die einen Klingenabbau erschweren. Konsequent gibt es "steckengebliebene" Klingennegative.
Minikernkante: Naja, das Stück sieht doch so aus, obgleich stark gewölbt. Es könnte auch eine abgetrennte Kratzerkappe sein. Kernkanten braucht´s halt immer bei jeder Lamellen-/Klingenproduktion, sieht man einmal von extremen Ausnahmen, wie z.B. den chalkolithischen Riesenkernen (und Klingen) der Urukzeit ab!


Und last but not least: Die Entdeckerpriorität im Falle Abensberg-Arnhofen. Nach meiner persönlichen Kenntnis liegt die natürlich eindeutig bei Manfred Moser, keine Frage! Bei aller gebotenen Zurückhaltung gegenüber den später Beteiligten, aber als M. Moser seinen nachgerade berühmten Artikel "Der vorgeschichtliche Bergbau auf Plattensilex in dem Kalkschiefer der Altmühl-Alb und seine Bedeutung im Neolithikum Mitteleuropas" veröffentlichte in: Archäologische Informationen 4, 1978(!!!), 45-81, hatten nach meiner Kenntnis weder A. Binsteiner, noch M.M. Rind davon irgendeine Kenntnis. Wenig später führte mich Boreas, der Gott des Nordwindes unter kundiger Führung zu dieser Fundstelle.
Soweit ich dies beurteilen kann, sind die späteren - und teilweise bizarren - Friktionen zwischen dem Entdecker und den restlichen Beteiligten eine Melange unterschiedlichster Reaktionen aller Beteiligten, wie z.B. verletzter Eitelkeit, einer gewissen Fachpolitik, dem standing akademischer Titel etc., etc...

Das Schöne und Bleibende ist aber letztlich, dass sich der traumhafte Plattenhornstein von Arnhofen um all diese menschlichen Defizite - und nichts anderes ist das ja - einen Schiet kümmert, oder. Wann das alles schon längst vergessen ist, werden - zumindest einige - Menschen noch immer fasziniert sein von diesem Material.
Beste Grüsse