Sucherforum

Lesefunde => Steinartefakte => Thema gestartet von: Lojoer in 26. September 2005, 13:10:47

Titel: Jetzt aber
Beitrag von: Lojoer in 26. September 2005, 13:10:47
Hi Zusammen,
diesmal bin ich mir doch ziemlich sicher, dass es sich hier um ein neolithisches Artefakt handelt.
Ist zwar nicht der von mir versprochene Brüller, aber ein Anfang.
Pfeil oder Speerspitze ist jetzt die Frage?
Länge 6,2 cm, Breite 3,2 cm, Dicke an der Basis 0,5 cm.
Gruß Jörg

Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: Rambo in 26. September 2005, 14:29:43
Das ist schon mal ein schönes Stück.  :jump:
Meiner Meinung nach ist es jedoch ein " Halbfabrikat" auf der einen Seite ist noch die Rinde erkennbar und auch sonst fehlen noch der eine oder andere Handgriff.
Kann aber auch sein, das der Stein beim Bearbeiten gesprungen ist und ... aber das sind sicherlich nur Spekulationen
Gruß Rambo
Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: Lojoer in 26. September 2005, 15:18:26
Hallo Rambo besten Danke.
Das Teil ist rundum reduschiert. Der Ausbruch an der Basis könnte durchaus vom reduschieren stammen - scheibenhonig  :heul:  so viel Arbeit und dann das. Der Hersteller muss sich schön geärgert haben.
Was mich interessieren würde - geht sowas bei der Größe noch als Pfeilspitze durch oder ist es eine kleine Speerspitze?
Gruß Jörg
Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: rolfpeter in 26. September 2005, 15:38:12
Hallo Lojoer!

Ich halte das Stück für einen ausgesprochenen Superbrüller!
Wennst mich fragst, ist es eine spätneolithische oder endneolithische Dolchklinge.
Für eine Pfeilspitze ist es m.E. viel zu groß.

Schreib doch mal bitte, in welcher Gegend das Stück gefunden wurde.

Gratulation zu dem schönen Stück!
Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: Khamsin in 26. September 2005, 18:49:34
Mei, wos sollst do noch sogn!?
Schieb doch mal das Gewicht rüber, dann wissen wir mehr. Was mich ein klein wenig irritiert, ist die ausgesprochen fein retuschierte Basis. Denn eine solche Arbeit ist eigentlich für die Basis einer Dolchklinge überflüssig.
Schliesse mich jedenfalls vorbehaltlos RPs Meinung an!
Beste Grüsse
Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: rolfpeter in 26. September 2005, 22:49:09
Hallo Khamsin!

Die basale Retusche hat mich auch irritiert, auch ist die Dicke vielleicht für einen Dolch zu gering. Vielleicht ist das Teil ja irgendwann zerbrochen und vom Besitzer wieder zugerichtet worden.
@Rambo: Die noch vorhandene Rinde ist bei Plattendolchen sogar typisch!
siehe: J. Weiner, Zwei endneolithische geschulterte Dolchklingen aus dem Rheinland, BJB 197 Seiten 125 - 146

Als Anschauungsmaterial habe ich noch das Titelblatt des Begleitheftes zur Ausstellung "Steinzeit im Chiemgau" im Naturkunde- und Mammut-Museum Siegsdorf, 2003, angehängt. Der 2. Dolch von rechts (Dolch von Lobl) hat eine Länge von 123 mm.

Gruß
RP
Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: Lojoer in 26. September 2005, 23:14:59
Hi,
Besten Dank an alle. Noch die folgende info, das Teil wiegt ziemlich genau 10,5g. Fundgegend die alt-Neckarschlingen im hessischen Ried.
Noch ganz kurz zu den Fundumständen. Fundzusammenhang, wie bei mir üblich römisch  :zwinker:.
Ein abgeernteter Maisacker. Das vermeindliche Maisblatt wurde mit dem Fuß weggeschnickt, um die Stelle für die Sonde freizumachen. Na, es flog ein wenig mehrwürdig und da hab ich´s halt aufgehoben. Hab bestimmt ein ziemlich blödes Gesicht gemacht, als ich bemerkte was es war.  :irre:

Gruß Jörg
Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: Khamsin in 28. September 2005, 19:10:57
Moin Jungs!
Da haben wir´s, dank der freundlichen Gewichtsangabe. No Pfeilspitz, dear friends, too heavy! The magical border for a Pfeilspitz is namely zwischen 7 und 8 Grämmer. What but aber könnt das now sein? Sorry, Ihr seht´s - pardon - lest´s schon, bin ein wenig verwirrt, vielleicht auch zuviel gerollt!

@RP: Das mit der Dicke ist wirklich kein schlechte Argument! Andererseits gibts aber recht dünne Hornsteinplatten - und das ist selbstredend süddeutscher Hornstein - die nach gekonnter (!!!) Bearbeitung durchaus veritable Dolchklingen werden. Würde mich tatsächlich nicht wundern, wenn auch R.-P.s zweite Hypothese, Bruch und nachträgliche Zurichtung, zuträfe. Da es Speerspitzen in Stein, jedenfalls aus jüngeren Zeiten, nicht gibt, könnte es sein, dass man das Fragment zu ´ner Messerklinge umgearbeitet hat, die natürlich dann noch geschäftet wurde. Unwahrscheinlich? Dann denkt bitte mal an Ötzis "Dolch", dessen Klinge ist auch nicht nennenswert grösser (Ist übrigens der mieseste von allen erhaltenen geschäfteten sog. Dolchen!).
Jedenfalls ist Lojoers Fund was ganz Besonderes, heftige Gratulation. War sicher ´n tolles Gefühl, als Du den aufgehoben hast, oder?
Beste Grüsse

ps: Gibt´s in den Neckarschlingen auch Dünen?
Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: Lojoer in 29. September 2005, 01:08:57
Also erst mal vielen Dank an Alle,
ist wirklich toll, was Ihr alles aus solch einer Klinge herauslesen könnt. Als alter Römer beginne ich mich immer mehr für die Steinzeit zu interessieren. Es ist wirklich ein tolles Gefühl ein Artefakt zu finden das mehrere tausend Jahre auf dem Buckel hat und dabei noch so gut ausschaut. Leider fehlt mir halt noch das geschulte Auge und ich werde mich vorläufig mit Zufallsfunden zufrieden geben müssen.
Also fasse ich nochmal zusammen:
Material Hornstein  Vieles spricht dafür, dass es sich um eine nach einem Bruch wieder hergerichtete, kürzere Messerklinge handelt. Die Zeitstellung end- bzw. spätneolithisch also ca. 2500 v.Chr. (dürfte schon in die Kupferzeit reingehen, oder?).
Zu Khamsins Frage, ob es in den Neckaschlingen auch Dünen gibt. Jawohl die gibts - ganz ordendliche sogar. Aber alle mit Kiefern überwachsen. Also nichts für Dich Khamsin.  :zwinker:
Gruß Jörg

Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: schnatzenputz in 29. September 2005, 08:07:07
Das mit den Dünen und Khamsin sag mal nicht!
Kiefern bilden nicht so schnell einen Mutterbodenhorizont. Siehst Du also jemand zwischen den Kiefern Lustwandeln, weißt Du bescheid!!
Im übrigen respekt für das schöne Teil, welches Du fandest und glückwunsch zu Deinem Comming- out als Lithophiler!
Ich denke Du solltest mal die Gegend durchforsten ob nicht ein Landwirt eine Dühne unter den Pflug genommen hat.
Das mit dem geschulten Auge stellt sich recht schnell ein. Nur nicht die Flinte ins Korn werfen. Dein "Zufallsfund" spricht für eine Besiedlung. Düünen hört sich sehr gut an, dort betteten unsere Ahnen gern Ihre Häupter!
Ich hoffe auf ein paar weitere Funde.
Schnatzenputz
Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: Khamsin in 29. September 2005, 18:26:17
Abaraka! (na, ´ne Ahnung? OK, ich erlöse Euch: d.i. Mandinka)

Sieht man´s unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten, dann sollte das Stück der zuständigen Bodendenkmalpflege unbedingt gemeldet werden. Neckarschlaufen heisst - bitte korrigier mich, wenn´s falsch ist - rechtsrheinisch und damit BaWü-Land. Früher gab´s da ja mal ´ne richtig gute Bodendenkmalpflege, aber die ist ja unter Teufel in ihrer bewährten Struktur zerschlagen worden.
Also, Meldung vor allem wegen des für die Fundregion ungewöhnlichen Rohmateriales. Ich kenne derartigen Plattenhornstein aus Baiersdorf im Altmühltal, Bavaria. Da liegen also schon einige Kilometerchen zwischen Vorkommen und Fundort, und das Stück ist gewiss nicht geflogen...
Keine Sorge, im allgemeinen sind die Archäologen ganz vernünftig, wie ja auch die meisten Menschen sonst. Dass es bei denen auch einige freaks, abgedrehte, hirnrissige, psychopathische und sonstige Einzelexemplare gibt, ist eigentlich nur eine Reflektion der allgemein gesellschaftlichen Situation.
`Ne Meldung führt m.E. zu ´ner win-win-Situation: Die haben die Information und werden das wunderschöne Stück zeichnen und kartieren - und hoffentlich in den Fundberichten BaWü vorlegen, und Du hast die Bestimmung und ´ne Kopie von dem Bericht.

Übrigens noch Dank für die Info zu den Dünen, leider bewaldet. Da zieht´s mich doch eher in die Taklamakhan oder nach Namibia, oder ich bleib gleich hier und roll auf UWE.
Herzliche Grüsse und nochmals Dank für die Meldung zu diesem Superfund!!!
Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: Lojoer in 30. September 2005, 08:30:41
Hallo Khamsin.
nicht Neckarschlaufen sondern "Alt-Neckarschlaufen". Da ist kein Neckar mehr drin und sie liegen nicht in BaWü, sondern im hessischen Ried. Deshalb befinde ich mich in der glücklichen Lage alle meine Funde - ohne Repressalien erwarten zu müssen - dem LDA vorlegen zu können.
Ja das ist der Vorteil der hessischen Archäologie, die im Gegensatz zu denen in Ba-Wü, Funde vorgelegt bekommen.

Gruß Jörg
Titel: Re: Jetzt aber
Beitrag von: Khamsin in 30. September 2005, 18:49:58
Muy buenas tardes!
Lojoer, na wunderbar. In Abwandlung des bekannten Spruches " It´s nice to be a Preiss, but it´s higher to be a Bayer" kann man in Deinem Fall nun sagen: Abbä finally it´s bessä to be a Hesseä!!!
A propos, wenn mich nicht alles täuscht, dann ist Deine Ansprechpartnerin die m.E. nicht nur sehr kompetente, sondern gleichermassen sympathische Dr. Sabine Schade-Lindig. Da bist Du in exzellenten Händen! Find doch noch mehr solch tolle Stücke; ich jedenfalls drück die Daumen!
Beste Grüsse