Gestern Abend hab ich mich doch nochmal per Rad zu einem wahrscheinlich frühmesolithisch datierenden Fundplatz aufmachen können. Dort fand ich unter anderen diesen hoch fein gearbeiteten Abschlagkratzer mti gleichfalls noch verwendeter Proximalpartie.
Der Fundplatz liegt rechtsrheinisch auf einer spätglazialen Dünenbildung am rechten Niederrhein im Übergang zum Ruhrgebiet und füllt mit zwei weiteren mesolithischen Fundplätzen inzwischen eine bisher bestandene markante Lücke im spätpaläolithischen und mesolithischen Verbreitungs- und Schweifgebiet im Rheinland.
Mit 3 cm Länge und 1.5 cm Breite im Bereich der Kratzerkappe passt dieser Fundbeleg noch zu den Mikrokratzern. Mikrokratzer bilden im Fundinventar des Platzes bislang eine deutliche herausgehobene Gruppe und sind meist opportunistisch an Debitage ausgeführt worden.
Die Masse der Artefakte ist dick weiss und glänzend patiniert was hier auch natürliche Prozesse während der Hinterlassung und Einlagerung zurück geführt werden kann, also kein später eingetretene Ereignis durch Gülleauftrag und Kraftdüngung.
Die Grundform ist ein Abschlag von einem ungleichmäßig abgebauten Kern aus "nordischen" Feuerstein
Der Bereich der Kratzerkappe wird von einem am Kernstein vor Abtrennung der Grundform seitlich geschlagenen Negativ überlaufen (Bild 8975)
Die geschwungene Kartzerkappe ist hoch fein retuschiert und wohl auch intensiver genutzt worden.
Die Proximalpartie weist ventral keinen Bulbus auf und die mutmaßliche Schlagfläche ist vollkommen glatt schräg stehend.
Die seitliche Partie zur seitlich ausgestellten "Spitze" hin ist ebenfalls zu Arbeiten eingesetzt worden. Dabei standen absolut identisch patinierte schräg abgehende feine Aussplitterungen. Ein Hinweis auf eine Kombinierte Nutzung dieses kleinformatigen feinen Artefakts.
Ich würde mich freuen wenn Jemand einen Vergleichsbeleg kennt und sogar zeigen könnte!
lG Thomas :winke:
Schöner Fund! Ich frag mich manchmal, was die früher immer so viel zu kratzen/schaben hatten. Kratzer sind meist der häufigste steinerne Fundbeleg.
Gruss...
Zitat von: Nanoflitter in 26. Mai 2015, 20:15:28
....was die früher immer so viel zu kratzen/schaben hatten.
Felle, Häute, Knochen, Geweih und Holz.
Ich würde gerne mal einen finden, bei dem die Kratzerkappe zur Schäftung diente.
mfg
Zitat von: thovalo in 26. Mai 2015, 14:48:09
Die Masse der Artefakte ist dick weiss und glänzend patiniert was hier auch natürliche Prozesse während der Hinterlassung und Einlagerung zurück geführt werden kann, also kein später eingetretene Ereignis durch Gülleauftrag und Kraftdüngung.
Soll das im Umkehrschluss bedeuten, Artefakte würden durch Gülle und Kunstdünger patinieren? Gibt es dazu wissenschaftliche Untersuchungen?
Ich kenne keine, aber stets diese Annahme, da auf einem großen Siedlungsgelände das ich begehe auch spätneolithische Artefakte patiniert sein können!
Die Annahme ist, dass durch den aggressiven Bodenchemismus die Oberflächenstruktur der Silices angegriffen wird und sich damit die physikalischen Eigenschaften und die Lichtbrechung verändern.
Ich habe intensiver versucht etwas dazu zu finden, aber tatsächlich wird viel darüber diskutiert, ohne dass man wirklich handfeste Schlüsse treffen konnte. Ich habe den Eindruck solche Veränderungen können unter verschiedenen Bedingungen auftreten.
Bei den Stücken des Fundplatze des hier gezeigten Kratzers ist das allerdings sicher eine alte, der Zeitstellung entsprechende Patinierung.
lG Thomas