Servus Leute,
Hier ein Ding das ich nach Jahren vom LfD zurückbekommen habe- leider haben sie es noch keinem Spezialisten vorgelegt weil der Fundortzettel
verschwunden ist. Vermutlich mein ältestes Artefakt von einer ehemaligen Altarmflussterrasse. Ein weniger deutlich retuschiertes Stück mit ähnlich dicker Patina -vom selben Acker -hab ich Euch schon mal vorgestellt.
Die Rückseite besitzt einen flauen Bulbus- an einer Stelle ist am Schneidenbereich eine moderne Abplatzung erkennbar die einen ausschnitthaften Einblick auf das (vorzügliche) Rohmaterial bietet. Faszinierend gut erhalten sind die Abschlags-Zurichtungsbahnen auf der Oberseite- während die Schneidenbereiche und möglichen Arbeitskanten stark abgearbeitet erscheinen oder in diesen Bereichen durch die Patina stark überprägt wurden.
Was meint Ihr? Oder kennt jemand typologisch ähnliche Formen (Leitformen?)
Das LfD sagt mir erst in 1-2 Jahren Bescheid- hoffentlich gibt es "uns" dann noch!!!
Danke jetzt und fürderhin
Edi
.......
Hallo Edi :-)
Ein sehr interessantes Stück !!
Ich hätte da noch ein paar Fragen:
Ist es auf der ganzen Kante retouschiert, auch auf beiden Seiten zum Bulbus-Ende hin ??
Könntest du vielleicht eine einfach Skizze des Umrisses zeigen ??
Servus Ihr und jetzt agersoe, vorab soviel: "ES" scheint keine vornehmlich bevorzugte Arbeitskante zu besitzen und die Kantenretuschierungen sind quasi umlaufend. Allerdings sind nur im spitzer zulaufenden Bereich auch von unten (Bulbusseite) Gebrauchsabplatzungen oder Retuschierungen zu erkennen. In jedem Fall sind sämtliche erkennbaren Retuschierungen , Kerben, Abnutzungen (mit Ausnahme der rezenten Verletzung) zeitgleich mit der Abtrennung des Werkstücks von der Knolle.
Ich vermeine auf dem vorletzten Bild- auf der rechten Seite eine Art Basis zu erkennen und auf dem letzten Bild wieder auf der rechten Seite eine Art der Spitzenzurichtung.
Kannst Du bitte trotz bisher spärlicher Quellenlage mal wieder vermuten, mein lieber agersoe. In solch fernen Äonen ist Gewißheit für uns heute nicht mehr zu erlangen.... aber meiner (hoffentlich noch fundierter werdenden) Einschätzung nach ist es ein sehr altes Gerät. Denkst Du an einen Levalloisabschlag? Oder ist es überhaupt ein Gerät?
Bis bald
Edi
Hallo Edi :-)
Also meine VERMUTUNG:
Sogenannter WEHLEN-SCHABER, nach dem nordwest-deutschen Fundort genannt.
Kommen ins besondere auf Fundorte der Federmesserkultur vor aber auch auf Hamburgkultur und Brommekultur-plätzen.
Zeitlich WÄREN wir dann 12.000 bis 11.000 vor Kristus !!
Besser kann ich es jetzt nicht von den Fotos her sagen.
Hier eine Zeichnung eines Wehlenschabers zum Vergleich.
Vielleicht liege ich hier ganz falsch, aber das ist so unmittelbar meine Vermutung.
(http://img129.imageshack.us/img129/8185/16ni2.jpg)
Hallo Jungs,
kann zwar so richtig nix beitragen, mangels Kenntnis in paläolithischen Details, aber hier mal 2 links, die es sich immer mal lohnt anzusurfen.
Unität zu Oslo:
http://www.hf.uio.no/iakh/forskning/sarc/iakh/lithic/sarc.html
Archäoforum bei unsere nederlandse vrienden:
http://www.archeoforum.nl/vondstbeschrijving/mpschaafGK/mpschaafGK.html
Vielleicht sind die links ja noch unbekannt.
So, die schlammigen Äcker rufen nach mir!
Gruß
RP
Danke RP für den Super DänenLink. Und der SARC- Link war mein erster vernünftiger Link , in Sachen Steinzeit den auch ich gefunden habe
Danke agersoe für den Wehlen Schaber- die Außenform ist fast identisch- ich werd mal weiterrecherchieren obs solch ähnliche Typen auch bei uns gab. Aber ich hoffe und glaube an was Älteres weil im spät-und Endpaläolithikum in unseren Gefilden solche Großformen einfach nicht nachgewiesen sind und diese dicke Patinierung an keinem Fundstück dieser Epochen vorhanden war.
Die Maße hatte ich noch vergessen
L=6 B= 5,2 max. D = 1,5
Und ein Foto in ausgeleuchteter Totale
Edi, mein Freund
Bitte, erinnere: Patinierung ist bei Einzelfunde keine gute Richtlinie für eine genaue Datierung. :winke:
Mein lieber agersoe, mein Freund...
100 m weiter Endpaläolithikum vollkommen unpatiniert-(wir hatten ja auch schon "diese beiden Beilhälften" - werd ich nie vergessen)- weit und breit kein Kratzer/Schaber ähnlicher Größe.. Natürlich hast Du recht- Ausreisser gibts immer. Auch nach 15 Jahren Ackersuche ist so einem Sonderling wie mir nicht ein gewisser Starrsinn abhanden gekommen den man eigentlich ablegen sollte und mit geduldiger Weisheit besänftigen sollte.
Aber man hat so seine Spürungen und Ahnungen im lokalen Gepräge- die aber gerne wieder auf den Boden der Tatsachen herabgeholt werden wollen... Ehrlich!!!
Danke alter Däne
Edi
:winke: Ja, Edi super interessant ist ES schon !!!
Ich möchte mal nachfragen:
Hast du denn den Fundort des "Unbekannten" gründlich durchsucht ?? Doofe Frage, natürlich hast du !! :engel:
Aber hast du denn GARNICHTS mehr gefunden, kein Abschlag, kein Kern.....usw. ?????
Bei so einem Stück könnte nur ein Ergänzungs-Stück Gold wert sein !! :winke:
Servus agersoe, die Fundstelle ist leider nur selten zugänglich- aber ich konnte noch eine unversehrte Hornsteinknolle und das schon gepostete "Apfelschaber"- Teil (auf Seite 7 gepostet)- nur wenige Meterchen entfernt aufsammeln. Aber bei uns sind in der Regel sehr alte Steinzeitlesefunde fast immer Einzelfunde. Nur in Höhlen sind Ensembles ergraben worden. Die Lage meiner Fundstelle dicht an einem seit jahrtausenden trockengefallenen Flussaltarm spricht auch eher für ein alt verlagertes Fundstück...
Die kleinen endpaläolithischen Fundstücke nebenan - auf gleicher Höhe gefunden- zeigen trotz identischer Kiessandunterlage keinerlei Oberflächenveränderung.
Ich hatte dieses Teil schon aufgegeben- so viele Jahre war es weg-
Warten ist auch eine Tugend.
Auf jeden Fall : mit Ausnahme der "Spitze" einseitig retuschiert - mit Gebrauchsspuren alt , an den Schneiden- -dicke Patina-
Ich tippe: Neanderthalers kratzschabendes Inventar.....
danke
Edi
Ja und heute morgen hatte es ein sichtlich begeisterter Dr. Jan Weinig in den Händen.
"war ziemlich lange im Fluss... sehr dick patiniert... viele rezente Absplitterungen....ein dezidiertes schaberartiges Gerät (Schaber sagt man heute nicht mehr ....laut Ihm) des entwickelten Mittelpaläolithikums....als Lesefund eine Rarität...."
Bis bald
Edi
Zitat von: Silex in 14. April 2007, 15:37:01
Ja und heute morgen hatte es ein sichtlich begeisterter Dr. Jan Weinig in den Händen.
"war ziemlich lange im Fluss... sehr dick patiniert... viele rezente Absplitterungen....ein dezidiertes schaberartiges Gerät (Schaber sagt man heute nicht mehr ....laut Ihm) des entwickelten Mittelpaläolithikums....als Lesefund eine Rarität...."
Bis bald
Edi
Was sagt man dann ??
servus, agersoe.
Sie sagen "in Demut und im Wissen um das eigene Unwissen" ganz vorsichtig "schaberartig" oder: " mit Retuschen an der Arbeitskante" oder dergleichen.
Aber diese neue Bescheidenheit im Wissen um die Vorgeschichte ist nur ein Detail aus diesen Gesprächen. Anscheinend kommen da ganz neue Ansätze in die Forschung. Ein Schädeldach -ein Artefakt und die daraus früher abgeleiteten Forschungstiraden - mit all ihren Unwägbarkeiten die sich von Folgerung zu Folgerung verselbständigten....
Die Aktivität- der Raum- Sippe und Bewegung. Umwelt (Wind, Bodenqualität, Topographie, Wildwechsel, Wasser) und Interaktion sind anscheinend die derzeitigen Grundansätze bei dergestaltigen Grabungen.
Ich war anfangs verwirrt dann gebannt. Die bisherige Aufnahme der vollkommen abgearbeiteten Restkerne ergab quasi eine Art Zielwerfen , hangabwärts, mit maximaler Flugbahn (ohne dass dort auch nur ein Miniabschlag oder andere Silexreste zu finden waren). Bisher eine Vermutung.Aber warten wir mal diese Grabungsergebnisse ab.....die Trasse ist lang und weitere werden folgen. Aber das gehört dann in den anderen Thread.
Bis bald
Edi