Vor einiger Zeit hatte ich den Auftrag eine sehr große Museumssammlung wissenschaftlich auszuwerten und zu inventarisieren. Das Fundmaterial stammt auschließlich von Sammlern. In einer Vitrine lag ein Stück, das mit " neolithisches Schneidgerät" beschriftet war. Hinter dem Stück verbirgt sich aber etwas ganz anderes. Schaut mal !
Gruß
palaeo1
Ein Keilmesser? Gruss..
Ein Schaber zum Gerben?
Ein blattförmiger Schaber? Als Keilmesser wäre es mir u. a. nicht spitz genug.
mfg
Ein Schaber, könnte wesentlich älter sein, vielleicht MP?
Gruß
hargo trifft es genau ! Es ist ein blattförmiger Schaber des Mittelpaläolithikums. Aber alle haben es sehr gut eingegrenzt. Bei einem Keilmesser ist als entscheidendes Merkmals die Schneide weitestgehend gerade, nicht konvex. Zudem ist eben auch die Schneide an einem Ende häufig keilförmig zugerichtet. Häufig haben Keilmesser auch einen zur Schneide orientieten keilförmigen, geraden Rücken. Aber auch unbearbeitete und runde Rücken kommen vor.
LG
palaeo1
Noch ein Fund aus einer anderen Sammlung, der dort als Dolch klassifiziert wurde. Beide Funde kommen übrigens aus dem nördlichen Niedersachsen und sind Oberflächenfunde, stammen nicht aus Kiesgruben.
Oh ja, das spitzovale Teil passt auch gut in die Zeit!
Wunderbares Stück.
Danke und
mfg
Ich glaube man bezeichnet es als Limace. Eine Doppelspitze.
Vielleicht aus dem Mousterien, oder?
mfg
Sehr interessant, palaeo1, danke für's Zeigen.
Das zweite Stück ist eine Blattspitze, oder?
Gruß
Moin,
zwei bemerkenswerte Paläo-Funde -
erst recht für Niedersachsens Norden!
Ist etwas über die Fundumstände bekannt?
Danke fürs Zeigen!
Jan
@Danske
eine Blattspitze wäre auch möglich, aber die verbliebene Kortex, sei die Fläche auch noch so gering, spricht m. E. dagegen.
mfg
So, ich löse mal auf. Das zweite Stück ist eine Blattspitze. Für einige etwas überraschend im Norden, für mich aber zu erwarten gewesen, zumal in den Kiesgruben immer mal wieder Fragmente kommen, die dies erwarten ließen. Der Kortexrest spricht nicht dagegen, ist immer der Rohmaterialverfügbarkeit geschuldet. Beide Stücke sind Sammelfunde, über deren genaue Auffindsituation nichts bekannt ist. Die Fundstellenabmessungen sind riesengroß. Bei der Lokalität der Blattspitze haben wir vor einigen Jahren sondiert. Die Fundstelle liegt direkt neben einem Flusslauf. Wir haben einige Quadrate isoliert aufgemacht und sind dabei auch auf signifikante Sedimente gestoßen, wie sie bei anderen Grabungen des Mittelpaläolithikums in Norddeutschland als Fundhorizont immer wieder festgestellt worden sind, wie z.B. bei der Fundstelle Lichtenberg, Ldkr. Lü-Da, die ich als örtlicher Grabunsleiter jahrelang unter der wissenschaftlichen Leitung von St. Veil, Landesmuseum Hannover, habe durchführen dürfen. Weitere Artefakte konnten wir jedoch nicht erfassen. Wenn wir etwas gefunden hätten, wäre es auch die Stecknadel im Heuhaufen gewesen.
Gruß
palaeo1
Hier noch mal ein Foto aus 1991 bei der Auffindung eines Keilmessers in Lichtenberg und eine mögliche Sedimentationssituation.
Gruß
palaeo1
So ein Fund in situ ist schon was Feines :super:
Servusle,
man kann sich das bei euch nur schwer vorstellen wie viele Unwälzungen es über die letzten Eiszeiten gegeben hat.
Wie weit ist denn die Fundstelle von welcher Küste entfernt? Das hört sich nach einer kleinen Sensation an :-)
Wahrlich eine astreine Blattspitze.
Die Rinde stört überhaupt gar nicht. Kommt eh immer auf den 'Gebrauchszustand' an.
Liebe Grüße Daniel
Zitat von: RockandRole
...man kann sich das bei euch nur schwer vorstellen wie viele Unwälzungen es über die letzten Eiszeiten gegeben hat.
Wie weit ist denn die Fundstelle von welcher Küste entfernt? Das hört sich nach einer kleinen Sensation an :-)
Naja, das Mittelpaläolithikum hat ja südlich der Elbe nur eine Beeinträchtigung durch die letzte Eiszeit erhalten. Diese kann aber schon sehr intensiv gewesen sein. Durch Frost- und Auftauphasen der unterschiedlich wasserhaltigen Bodenschichten kam es z.B. zu immensen Verwürgungen der ehemals horizontalen Fundschicht. Bei meiner letzten Grabung stürzte die Fundschicht auf einer Entfernung von 2 m um 2 m ab. Ebenso kam es durch Eisdruck zum Abriss der Fundschicht, die sich dann u.a. isoliert in sog. Taschenböden wiederfindet, d.h. isolierte Sedimentpakete, es sntstanden Brodel- oder Würgeböden.
LG palaeo1