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Lesefunde => Keramik, Glas und Porzellan => Thema gestartet von: thovalo in 25. Juni 2025, 12:03:45

Titel: Ein Bart ohne Mann aus dem 16. Jh.
Beitrag von: thovalo in 25. Juni 2025, 12:03:45


Moin!

Vorgestern nahm ich mir die Zeit einen meiner Sommerfundplättze abzugehen und fand dabei dieses Scherbenfragment. Es handelt sich um den Bart eines sogenannten "Bartmann".

Bartmannkrüge und -becher trugen auf ihrer Vorderseite die Abbildung eines bärtigen Mannes, der manchmal auch die Bezeichnung "JESUS" trägt. In aller Regel handelt es sich aber um ein Dekorelement. Je älter solche Stücke datieren, umso schöner und feiner waren sie ausgearbeitet.

Der Höhepunkt besonders fein und eindrucksvoll ausgeprägter Masken dieser Art finden sich auf Kölner Steinzeit des 16. Jhs. Nachdem die Kölner Töpfervertrieben worden waren siedelten sie sich in Siegburg, Frechen und Raeren an.

Die Siegburger Bartmänner sind immer noch recht imposant gearbeitet. In der Frechener Produtkion sind sie das auch noch am Anfang und werden dort schnell und bis in das frühe 18. Jh. hinein immer simpler und zuletzt lösen sich die Formen ganz abstrakt auf. Die späten noch gut erkennbaren Bartmänner des 17. Jhs. aus Frechen haben ein sehr grimmig dreinschauendes Gesicht. In Frechen waren die Bartmannkrüge ein derartiger Exportschlager, dass er auch mit in des Stadtwappen aufgenommen wurde.


Der Neufund stammt noch aus dem 16. Jh. und ist in Frechen entstanden. Bemerkenswerterweise ist nur der fein geflochtene Bart erhalten gblieben, während das Gesicht abgebrochen ist.


Die beiden schon älteren Fundbelege stammen aus derselben Fundlage. Einmal ein braunfarbiges Gefäß mit Akanthusauflagen und einzelnen Portraimedaillions mit dem Bart und der Nasennpartie eines sehr feingearbeiteten portraithafen Bartmannes, der noch aus der frühen Kölner Produktion stammet. Dazu noch ein ab ca. 1570 entstandener vollständiger Bartmann an dem aus zwei Bruchstücken zusammengesetzten Überrest einer großen in Siegburg entstandenen Pulle (Schankkrug) mit einem großen mit erhalten gebliebenen Rundmedaillion mit der Darstellng des "Urteil des Paris". Dieses Fragment zeigt einen noch nicht gut gelungen Versuch einer partiellen Blaufärbung, einem neu aufkommenden  Zierelement dieser Zeit.



lG Thomas  :winke: