Definition für den Begriff "Burgfried" ???

Begonnen von Bavaricum, 10. Oktober 2008, 17:25:00

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Bavaricum

Durch Zufall bin ich vor ein paar Wochen auf ein Fluramenverzeichnis unserer Gemeine gestoßen das zwischen 1936 und 1956 erstellt aber nie veröffentlicht wurde.

Von den obskuren Flurnamen wie Pfannenstiel, Katzenhirn und Kuhfolteracker sind auch interessante Flurnamen wie Gassenacker, Altstraßacker usw. dabei.

Was mir auch aufgefallen ist sind ein Burgfriedacker sowie ein Burgfriedenacker.

Aus der Geschichte der Stadt ist nichts bekannt, daß an diesem Ort eine Burg gestanden hat. Der Ort selbst ist eine wittelsbachische Gründung aus dem 13. Jhd.  Weder bei Apian noch bei Aventinus wird eine Burg erwähnt.

Nun geht es eigentlich um den Begriff ,,Burgfried". Einerseits wird ein einzeln stehender Turm im Gelände der Burg so genannt andererseits verstand man im Mittelalter unter Burgfried das Gebiet rund um eine Siedlung.

Die zwei Flurnummern befinden sich an einem Südhang über der heutigen Ortschaft. Die angrenzende Fläche, ein Plateau, ist so ziemlich der höchste Punkt nördlich der heutigen Stadt.

Für den Standpunkt eines Turms oder Burg wäre die Stelle recht gut geeignet. Eine Siedlung halte ich nicht für wahrscheinlich. Auf den Luftbildern ist leider nichts zu erkennen.

Was bezeichnet der Begriff ,,Burgfried" bzw. ,,Burgfrieden" eurer Meinung nach. Eine Siedlung oder eine befestigte Anlage?

Servus

Andreas

Gratian

Der Ausdruck Burgfrieden bezeichnete im Mittelalter einen Hoheitsbereich um eine Burg, in dem Fehden, also Feindeshandlungen von Privatpersonen untereinander, unter Androhung der Acht verboten waren. Dieser Bereich konnte sich über den gesamten zur Burg gehörenden Grundbesitz erstrecken oder (z. B. bei Ganerbenburgen) nur über die Fläche eines Innenhofes.

Der Herr der Burg konnte Personen auch Asyl gewähren und Personen auf diese Weise unter seinen Schutz stellen, aber auch unter seine Hoheit zwingen. Wenn mehrere Parteien Besitz an einer Burg hielten und somit als Burgherren galten, wurden sogenannte Burgfriedensverträge geschlossen, die kurz auch Burgfrieden genannt wurden und oft weitreichende Regelungen für das Zusammenleben auf der Burg festlegten.

Die Gewährung von Burgfrieden durfte, besonders im Hochmittelalter, nicht verweigert werden. Bei Besuchen auf anderen Burgen, auch der eines Feindes, musste eine Fehde ruhend gestellt werden, da auch für Kontrahenten im Umkreis der Burg Burgfrieden herrschte. Der Burgfrieden konnte durch einen speziellen Fehdebrief aufgekündigt werden (etwa, um die jeweilige Burg legal belagern zu können).

Der entsprechende Friedensbezirk konnte durch entsprechende Marken, z.B. Burgfriedenssteine, abgegrenzt werden, wenn keine natürliche Abgrenzung bestand.

Die Bezeichnung Bergfried für einen Wehrturm hat sich aus den Worten berch und frit, Burgfriede, entwickelt. Quelle Wikipedia.

Fazit: Auf der Flur mit dem Namen Burgfried oder Burgfrieden muß nicht zwangsläufig eine Burg gestanden haben.
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

Bavaricum

Grüß Dich Gratian,

vielen Dank für Deine gewohnt präzise und ausführliche Erklärung.

Bezogen auf den geschilderten Fall könnte es also sein, daß sich im MA solch ein Hoheitsbereich um eine Siedlung an dieser Stelle befunden haben könnte. Da diese Stelle ca. 1,1 km Luftlinie von dem spätmittelalterlichen Markt entfernt liegt, nehme ich an, daß diese zwei Plätze nicht in direkten Zusammenhang stehen.

Servus

Andreas