Heute habe ich mal meine neue Kamera ausprobiert. Dabei habe ich im Lübecker Dom Gemälde, Denkmäler und Sonstiges in Hinblick auf die bildliche Überlieferung von Realien der Zeit um 1500 näher in den Fokus genommen.
Schon erstaunlich was man so an Informationen zu Realien dieser Zeit gewinnen kann.
Ich hoffe, es stößt auf Interesse einmal Darstellungen bildlicher Überlieferung von Alltagsgegenständen zu Vergleichen mit realen Funden zu sehen.
Den Beginn Darstellungen von Taschen und ihrer Tragweise. Interessant hier im Forum ist sicherlich die bildliche Überlieferung der Bestanteile aus Metall.
Hier zwei verschiedene Darstellungen auf einem Gemälde. Zwei Figuren tragen auf diesem Gemälde sehr ähnlich aufgebaute Taschen an einem dünnen Gürtel. Interessant finde ich die Lücke in die der Nierendolch mit seiner Scheide eingepasst werden konnte.
Dies hier ist ein "Beutel" in dem sich Briefe befinden. Es gab anscheinend recht verschiedene Modelle von Taschen und Beuteln. Hieran erscheint die Aufhängung aus Metall am Gürtel recht pragmatisch und charakteristisch.
Hier das Abbild einer hoch komplex aufgebauten Tasche an einem Gürtel aus der Zeit des dritten Viertels des 15. Jhs. auf der Darstellung eines reichen Lübecker Kaufmanns der in Brüggen gelebt hat.
Der Typ der Gürtelschnalle ist gut vertraut, die Aufhängung an der Tasche erscheint stabil und schlicht.
Der Verschluss der Tasche und deren Aufbau selber ist dem gegenüber komplex und repräsentativ.
Bilder des Handwerks.
Der Bohrer mit dem Kinn gedrückt.
Eine Zange.
Ein Zimmermannsbeil und noch einmal das Modell Tasche mit dem eingeschobenen Nierendolch auf demselben Bild Unten
Flechtwerk einer Hauswand
und
schlicht und einfach ein kleiner Steg mit Handlauf
Hauszeichen als Platzmarke in einer Sitzbank
Ein Trinkglas mit angarnierten gewellten Standring aus farblich abgesetzten Glas und hoch gestochenen Boden um 1500
und
ein Weihwassereimer aus Buntmetall
Aufbau und Metallteile von Pferdegeschirr
sehr interessanter Beitrag, sehr sicheres Auge :super:
mich faszinieren immer diese Schnabelschuhe, sowas kann doch orthopädisch nicht wertvoll gewesen sein ... :schaem:
Grüßt Euch,
diese Realienkunde habe ich schon während meiner "Römerzeit" betrieben - an Steindenkmälern. Seitdem ich mich etwas "verjüngt" habe, betrachte ich Bilder, Schnitzwerk, Wandmalereien, usw. auch mit sehr lebhaftem Interesse.
Tolle Bilder! :Danke2:
Tolle Fotos :super:
Danke fürs Zeigen :super:
Da hast du wirklich gut hingeschaut und sehr interessante Details herausgesucht.
Danke!
mc.leahcim
Verzeiht die reichlich defizitäre und der kulturellen Bedeutung des Gezeigten wenig angepassten verbale Äusserung meinerseits, aber:
Geil! Bitte mehr davon!!
mfg
Tct
Hallo Thomas,
Deine Ausschnitte zeigen sehr anschaulich wie man sich anhand von zeitgenössischer Darstellung orientieren kann. Die liebevoll und detailgetreu gemalten Bilder sind als Quellen wunderbar geeignet.
Macht Lust auf mehr! Da gibt es noch viel zu entdecken.
LG Augustin
Mal sehen ob ich die Tage noch was einfangen kann. Es sind lange nicht alle Darstellungen auf den Bildern der Zeit so detailgetreu ausgeführt.
lG Thomas :winke:
Heute gab es einen (restaurierten originalen) Nierendolch im Hansemuseum Lübeck.
Der passt, samt Erklärung, hier gut mit dran und rein!
lG Thomas :winke:
hm, was ist denn an dem Knauf nierenförmig? :kopfkratz: Da ist ja die Klinge auf dem Gemälde viel nierenförmiger ... so wie guten alten Nierentische aus den 50ern, die Nierenschalen aus dem Krankenhaus und die Kidney-Bohnen ... :irre:
Tja das sind die beiden Knubbel, einer rechts und links oberhalb der Klinge.
Sieht schon eher nach etwas tiefer sitzenden männlichen Attributen aus! :glotz:
Jetzt musste ich bei Wiki erst mal nachlesen, was Realienkunde bedeutet.
Man kann ja nicht alles wissen. :dumdidum:
Hier auch mal 2 Beispiele von mir aus dem Museum in Magdeburg.
Otto mit einer Scheibenfibel sowie der Magdeburger Reiter, bei dem man
sehr schön sieht, wie die Riemenzungen mit einem Haken versehen
am Riemenverteiler befestigt sind. Und eine Schnalle sieht man auch noch.
Gruß :winke:
@stratocaster: bei den auf der Otto-figur dargestellten Objekten handelt es sich natürlich nicht um Realien des 10. Jh, sondern wie sie zum Zeitpunkt des Entstehens der Figur um 1240 in Gebrauch waren. Das wird manchmal leider übersehen. :winke:
Zitat von: TeSi in 02. Oktober 2015, 19:53:06
@stratocaster: bei den auf der Otto-figur dargestellten Objekten handelt es sich natürlich nicht um Realien des 10. Jh, sondern wie sie zum Zeitpunkt des Entstehens der Figur um 1240 in Gebrauch waren. Das wird manchmal leider übersehen. :winke:
Auf dieses Argument habe ich fast gewartet.
Woran erkennt man im Zweifelsfall, dass die gegenständliche Darstellung und ihr Herstellungszeitpunkt zusammengehören?
Gruß :winke:
Nach einem Besuch im Lübecker Annen-Kloster noch weitere Bilder:
..... eine Armbrust auf einem Gemälde des ersten Drittels des 16. Jhs. in einer expliziten Darstellung wie sie nur selten zu sehen ist!
...... eine Daubenkanne aus Holz mit Tülle!
....... zwei Arkebusen
...... aus dem Alltag von Kindern: Altar der Gertrudenbruderschaft der Träger in Lübeck datiert 1509 (Eichenholz)
Belege der kleinformatigen mittelalterlichen Sauggefäße aus Zinn für Kleinkinder sind unter den Bodenfunden große Raritäten.
Das Vergleichsbeispiel ist ein zeitgenössisches Beispiel aus Bodenfunden in Lübeck, ebenso der Grapentopf aus Ton.
Eine extreme Rarität: eine der am Gürtel getragenen Tasche der Zeit um 1500 (Bügel Messing, Beutel Seidendamast) :glotz:
Taschen waren ein enorm vielfältiges "Accessoire", eine Mode ohne Ende, wie immer wieder auch der Nierendolch!
Einer der Würfel scheint mit zwei 5ern gezinkt zu sein!
Ja Lübeck hat was :dumdidum: