Unmittelbare Gedanken erwünscht ?

Begonnen von Der Wikinger, 23. Mai 2013, 00:28:08

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Der Wikinger

Dieser Fund stammt aus Norwegen, und ist in Østlandet im Südosten des Landes gefunden.
Ich poste für einen norwegischen Sucherfreund.

Material ist Flint.
Größe: 2,5 x 2,5 cm.

Ich möchte mal eure unmittelbare Gedanken zu dem Fund gerne hören?

Gruss
Der Wikinger

Ölfinger

Moin Steen,
ich hätte es für den Feuerstein einer Steinschloßwaffe gehalten. Allerdings ist er etwas groß... :kopfkratz:
Grüße
Ölfinger
was ich so treibe

insurgent

Eindeutig Feuersteinflint und vermutlich französisch :super:
Meine Bodenfunde werden gemeldet

Saxaloquuntur

Die Größe ist nicht das Problem. Anbei ein Flint für ein Steinschlossgewehr aus meiner Gegend, französisch, vermutlich Meusnes, 2,5x3cm! Ich glaube auch beim fraglichen Stück die typischen kleinen Schneeflocken artigen Einschlüsse zu sehen.
Saxaloquuntur.

Furchenhäschen

#4
Hallo Steen,
ich hätte das Stück auf den ersten Blick auch für einen Flintenstein gehalten.
Der zweite Blick sagte mir, dass das Stück sekundär Verwendung gefunden haben könnte. Die Frage kann ich mir aber selbst nicht beantworten, denn die trapezförmige Fläche auf Dorsal, sieht geschliffen aus. Dann könnte das Stück von einem Beil stammen und sekundär Verwendung als Kratzer gefunden haben.
Das müsstet aber Ihr beantworten können, denn das zu beurteilen gibt die Qualität des Fotos nicht her!

Grüße
Peter

neolithi

Mein Gedanke war und ist auch Flintenstein. Schliff kann ich nicht erkennen, sieht für mich eher nach Struktur im Flint aus.

HG
neolithi

Esmoker

Die Form und vorallem die Abplatzungen sind schon recht eindeutig für ein Steinschloss....

lapillus

Hi,

@ Wikinger, wie dick ist denn das Stück?

Wenn eine überdimensionierte Dicke es nicht ausschließt, ist das ein Flintenstein.
Herkunftsvermutungen der anderen User schließe ich mich an. Schöner Beleg für den Export.

Eine geschliffene Oberfläche ist das auf dem linken Bild nicht. Es sind typische Lanzettbrüche (früher Radialstrahlen),
die zu den sekundären Erscheinungen einer Bruchausbreitung entstehen können (J. Hahn).

cu

lapillus

Furchenhäschen

Zitat von: lapillus in 23. Mai 2013, 11:41:38
Hi,

@ Wikinger, wie dick ist denn das Stück?

Wenn eine überdimensionierte Dicke es nicht ausschließt, ist das ein Flintenstein.
Herkunftsvermutungen der anderen User schließe ich mich an. Schöner Beleg für den Export.

Eine geschliffene Oberfläche ist das auf dem linken Bild nicht. Es sind typische Lanzettbrüche (früher Radialstrahlen),
die zu den sekundären Erscheinungen einer Bruchausbreitung entstehen können (J. Hahn).

cu

lapillus

Hallo lapillus,
das war mir schon klar, dass diese Möglichkeit auch besteht,
nur sehe ich mich jedenfalls, aufgrund der relativen Unschärfe der Fotos nicht in der Lage zweifelsfrei urteilen zu können.

Grüße
Peter

Der Wikinger

Ich danke für die vielen Kommentare.
Bessere Bilder sind bestellt.  :zwinker:

Saxaloquuntur

Relative Sicherheit bringt die Rohmaterialbestimmung,  erst danach erscheint mit eine Überlegung zu einer eventuellen Morphologie und damit Einordnung als älteres Steinartefakt sinnvoll. Das ist ja gerade das perfide an den Steinchen, dass sie so beeindruckend retuschiert sind und das Material ist exzellent. Wer möchte da nicht gerne etwas älteres sehen. Ging mir lange genau so. Die Dicke ist wie oben beschrieben auch ein guter Anhaltspunkt. Flintensteine sind nicht besonders dick und als Serienfertigung sollte man auch von einer normierten Größe aus gehen. Ist aber leider nicht so. Weil die Produktion in Frankreich schon um 1643 aufkam ( ab 1740 ausschließlich aus Klingen) und in den 30er Jahren des 20.Jh. endete ist die unterschiedliche Größe auch damit logisch. Die ersten wurden auch nicht in Manufakturen hergestellt, sondern von den Schützen selbst zu passenden Stücken zu geschlagen. Da kann es alle möglichen Ausreißer geben. Die Steine aus Meusnes sind leicht transparent und zeigen die schon besagten weißen Schlieren. Das bringen die Bilder nicht gut rüber. Sax.

thovalo

#11
 :-)

Es könnte "Silex jaune cire du berry" aus der Region "grand-pressigny" sein.
Jedenfalls französisch und sehr wahrscheinlich ein Flintenstein!

http://fr.wikipedia.org/wiki/Platine_à_silex

(den link komplett kopieren und in die Suchfunktion einsetzen)


lG thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Silex

Servus, Wikinger!!! Ja, wie die Vorschreiber schon Kunde machten, so denke auch ich an einen neuzeitlichen  "Flintenstein"
Alles Gute
vom
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Steinkopf

#13
Hallo Wikinger,

man muss bei Norwegen davon ausgehen, dass es (so gut wie überhaupt) keine primären
Flint / Silex-Vorkommen gibt. Lediglich durch Drifteis sind in den Bereichen, die
durch die nacheiszeitliche Landhebung früher Küste waren (und heute etwas oberhalb liegen)
geringe Mengen an Flintstücken zu finden.
Aber das wird der Freund ohnehin wissen.

Es ist also ohnehin Import.
Nach Flint aus Südschweden (Schonen / Skåne) oder Dänemark sieht es nicht aus.
Deshalb ist die Bildbezeichnung "BØSSEFLINT" wohl am wahrscheinlichsten.
Nach einer klassischen prähistorischen Form sieht es nicht aus.

Hilsen

Jan

Der Wikinger

Jetzt liegt die höhe des Stücks vor. 7 mm an der dicksten Stelle.

Anbei auch bessere Bilder.


Der Wikinger

Bestätigen die neuen Bilder die Bestimmung als Flintenstein?

CF

"Toleranz ist die Fähigkeit, jeden in seiner Umgebung zu dulden."

Furchenhäschen

Zitat von: Der Wikinger in 24. Mai 2013, 20:51:31
Bestätigen die neuen Bilder die Bestimmung als Flintenstein?

Hallo Steen,
danke für die neuen, sehr guten Fotos!
Ja, damit kann ich auch meine Flintensteinvermutung dingfest machen,
allerdings, mein einziger Einwand,
was ich normalerweise von Flintensteinen so nicht kenne,
ist die leichte Wölbung der Ventralfläche. (siehe das Foto links oben im Quartett)

Sämtl. von mir gefundenen Flintensteine sind flach wie ein Waschbrett.

Grüße
Peter :winke:

Furchenhäschen

#18
Hallo Steen,
vielleicht interessiert es die Mitleser des Threads,
J. Hahn hat in seinem Werk die Herstellung von Flintensteinen excellent beschrieben.
Deswegen möchte ich ihn hier zitieren:

Zitat Hahn:
5.10 Herstellung von Klingen für Steinschloßgewehre
In den vergangenen Jahrhunderten verursachten die Steinschloßgewehre einen großen
Bedarf an bearbeiteten Feuersteinen. Vorher wurde Feuerstein für Feuerzeuge benutzt.
Diese wenig spezialisierte Herstellung ist durch den folgenden industriemäßigen Abbau
für Feuerwaffen verdrängt worden. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in
den Kreidegebieten Englands, Frankreichs, Belgiens, aber auch in der Türkei Feuersteine
für die Steinschloßgewehre und -pistolen in großer Menge gefertigt, in einem
Liefergebiet bis zu 20.000 Stücken/Tag. Trotzdem gibt es relativ wenig authentische
Berichte über die verwendeten Techniken (CLARKE 1935).
Der Flintschläger - knapper - arbeitete im Sitzen, geschützt durch eine Lederschürze
und mit einem Lederkissen auf dem linken Knie. Der Abbau der bergmännisch gewonnenen
Feuersteinknollen verlief in zwei Stufen:

I. Stufe - Vierteln oder • quartering •
Mit zwei verschiedenen Hämmern (3,5 und 5 lbs.) wurde die Knolle grob präpariert.
Durch vorsichtiges Anschlagen und der Suche nach dem richtigen "Klang" wurde die
Richtung mit der minimalen Zähigkeit ermittelt. Die Knolle wurde dann zu einem
Block mit einer geraden Schlagfläche und geraden Seite präpariert. Das Schlagen mit
dem Hammer erfolgte aus dem Ellbogen heraus.

I/. Stufe - Abschlagen
Hierzu wurden ebenfalls zwei Hämmer verwendet (1,25 und 3,5 lbs.), die zunächst
einen rundlichen Kopf, dann einen rhombischen Umriß hatten (CLARKE 1935, 50).
Der Kern wurde auf dem Lederkissen in einem Winkel von 45 ° gehalten, der Hammer
nie höher als 5 bis 8 cm über dem Ellbogen. Mit dem schwereren Hammer konnten
Klingen von 15 cm Länge und 2,5 cm Breite erzielt werden. Der Kern wurde umlaufend
bearbeitet, aber maximal waren vier Umläufe möglich. Das Innere des Kerns
konnte nicht weiter verwendet werden. In der Stunde konnten so maximal 300 Klingen
produziert werden, am Tag demnach 2-3.000 Stück.
Im weiteren Verlauf wurden die Klingen auf einem Amboß in die größenmäßig notwendigen
Abschnitte zerlegt. Dabei werden die durch den Kegelbruch entstandenen,
von einer glatten Schlagfläche ausgehenden dicken Proximal- und die dünnen
Proximalenden durch Bruch und Retusche entfernt, so daß rechteckige
genormte Formen entstehen. Durch den Gebrauch kann die Größe weiter unter Zunahme
der Kantenmodifikation reduziert werden. Durch das Rohmaterial und die Retuschierung
sind Flintensteine gut zu erkennen (SLOTTA 1980)
Zitat Hahn Ende:

Grüße
Peter

lapillus

Hi,

ein paar wenige Bogenminuten entscheiden beim Aufschlagwinkel, ob eine Klinge dick oder dünn,
gerade oder gewölbt wird.
Selbst der perfekteste Flintensteinschläger hat das nicht immer im Griff, zumal es vom Material
abhängig ist.

cu

lapillus

Saxaloquuntur

#20
Eindeutige Retuschen. Sax.

Grand pressigny - Material haben manche Leute zentnerweise hinterm Haus liegen...bisschen runter scrollen:
http://www.google.de/imgres?start=93&sa=X&rlz=1C2SKPC_enDE371&biw=1241&bih=584&tbm=isch&tbnid=dkQOghPmLmdERM:&imgrefurl=http://paleoplanet69529.yuku.com/topic/3716&docid=sYdXr7XpRXIXsM&imgurl=http://img485.imageshack.us/img485/5218/frenchflintin4.jpg&w=515&h=600&ei=ajmgUeaKGsWEOPbMgYAG&zoom=1&iact=rc&dur=7&page=5&tbnh=147&tbnw=124&ndsp=27&ved=1t:429,r:13,s:100,i:43&tx=74&ty=109


Meusnes und Grand pressigny müssten aus der gleichen Lagerstätte der Kreide kommen, die an diesen Stellen in gut erreichbarer Tiefe ab gebaut wurden, meine ich.

Der Wikinger

Ich danke vielmals für die Bestätigung.  :super:

Ich habe auch von Anfang an einen Flintenstein angenommen.
Ich habe wegen diesem Fund eine Diskussion mit einem norwegischen Steinzeitarchäologen auf einer Facebookseite gehabt.
Er hat behauptet es sei ein Abschlags-Kratzer der Steinzeit.
Auf der gleichen Seite sind mittlerweile andre Archäologen reingekommen und haben meine Bestimmung unterstützt.  :-D

Nochmals vielen Dank für die vielen kompetenten Kommentare auch zum Material.

Gruss
Der Wikinger

Saxaloquuntur

@Peter. Sicherer als die (Rest-)Grundform ( zu:"...flach wie ein Brett" Waschbretter, das kennst Du von Deinem Bauch, haben auch kleine Buckel... :zwinker:) ist meist auf den ersten Blick das Rohmaterial. anbei ein paar Beispiele, wie unterschiedlich die verworfen wurden oder verloren gingen. Manche haben eben einen Buckel oder einen Grat auf der Dorsalfläche. Sax

StoneMan

Moin,

Zitat von: Furchenhäschen in 24. Mai 2013, 21:12:30
...
allerdings, mein einziger Einwand,
was ich normalerweise von Flintensteinen so nicht kenne,
ist die leichte Wölbung der Ventralfläche.
...

...ich denke niemand kann alles kennen, ist ja auch nicht so schlimm.

So eine leichte Wölbung geht oft einher mit dem Bulbus und dazu sagt uns unser guter Khamsin Folgendes:
Zitat von: Khamsin in 30. März 2007, 12:45:55
Salaam!

Ja, es gibt Flintensteine mit Bulbus. Die sind niemals aus Klingen, sondern immer aus charakteristisch
kurz-breiten Abschlägen hergestellt.

[...]

Beste Grüsse KIS

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Furchenhäschen

#24
Zitat von: StoneMan in 26. Mai 2013, 21:00:16
Moin,

...ich denke niemand kann alles kennen, ist ja auch nicht so schlimm.

So eine leichte Wölbung geht oft einher mit dem Bulbus und dazu sagt uns unser guter Khamsin Folgendes:
Gruß

Jürgen

Hallo,

selbstverständlich ist das nicht weiter schlimm!
Ich danke Dir für deinen Großmut!

Du reisst völlig aus dem Zusammenhang Zitate heraus und hängst diese hier an!
Dein Text führt Andere völlig in die Irre!

Ich führte die von J. Hahn zitierte industrielle Herstellung von Flintensteinen hier an!!

Klar gab es auch bekanntermassen andere Herstellungsweisen, beschreibe diese doch bitte etwas näher und ausführlicher!!

Gruß
Peter

StoneMan

Moin,

@Peter,

ich habe mit dem Zitat von Khamsin lediglich eine Ergänzung zur "industriellen" Herstellung von Flintensteinen
aufzeigen wollen. Denn gerade diese "vorindustrielle" Herstellung erklärt es doch ganz gut, dass solche
Wölbungen entstehen, die bei Dir Irritationen ausgelöst haben.

Aber auch die "industrielle" Herstellung benötigte eine Anlauf-Lernphase, am Anfang war nicht jeder Schlag 100% genau.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Furchenhäschen

Zitat von: StoneMan in 27. Mai 2013, 00:45:04
Moin,

@Peter,

erklärt es doch ganz gut, dass solche
Wölbungen entstehen, die bei Dir Irritationen ausgelöst haben.
Aber auch die "industrielle" Herstellung benötigte eine Anlauf-Lernphase, am Anfang war nicht jeder Schlag 100% genau.

Gruß

Jürgen
@Jürgen,
eigentlich hatten sich bei mir keinerlei Irritationen ausgelöst,
dies war eine klare Feststellung meinerseits,
der Flintenstein war klar!
Gruß
Peter

Steinkopf

Hallo in die Runde!

Zitat vom Jürgen:
                        "am Anfang war nicht jeder Schlag 100% genau."

und es juckt mich, hinzuzufügen:  Später sicher auch nicht?

LG

Jan

StoneMan

Zitat von: Steinkopf in 27. Mai 2013, 09:19:28
...
und es juckt mich, hinzuzufügen:  Später sicher auch nicht?
...
Moin.

das war meine Hoffnung  :-D

Guat goahn - Glück Auf!

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry