Steinfund?

Begonnen von Finn Teer, 07. März 2011, 21:39:40

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Finn Teer

Hallo,
hier ein Stein, der mir beim Suchen ins Auge stach... :-)
Die Form, so finde ich, scheint "menschlicher" Natur, auch die Kratzspuren fand ich eher ungewöhnlich.
Danke für Eure Einschätzung, bzw. Hinweise, was man davon halten kann.
Nabend

Verleihnix

Mit Deiner Einschätzung "Natur" liegst Du schon richtig. Kein Artefakt. :winke:

Wutach

Hallo Finn,

ich halte deine Einschätzung des anthropogenen Ursprungs der Kratzerspuren auf dem Stein für sehr plausibel. Leider sind meine Kenntnisse von Landwirtschaftsmaschinen zu begrenzt, um hier nähere Angaben machen zu können.

FG Marc.

Finn Teer

Habe auch schon an Ackergerät gedacht. Meine schulischen Physikkenntnisse reichen dafür, dass ich daran zweifele, dass eine Egge solche geraden, langen Spuren hinterlassen können. Und das 3 Mal.
Wäre ein seltsamer Zufall???

geoexploration

Scheint ein Granit zu sein, der schon ein Vorleben in einem fliessenden Gewässer hatte.


Gruss

Geo

queque

Zitat von: Finn Teer in 07. März 2011, 22:56:07
Habe auch schon an Ackergerät gedacht. Meine schulischen Physikkenntnisse reichen dafür, dass ich daran zweifele, dass eine Egge solche geraden, langen Spuren hinterlassen können. Und das 3 Mal.
Wäre ein seltsamer Zufall???

Zweifel sind immer angebracht. Aber diese Pflug- bzw. Eggespuren sind üblich und keineswegs unwahrscheinlich. Solche "verzierten" Gerölle begegnen mir bei meinen Ackergängen sehr, sehr regelmäßig. Und wenn man bedenkt, wie oft auf bestimmten Feldern in den letzten 6000 Jahren geeggt bzw. gepflügt worden ist, wundert es einen manchmal, dass so ein Steinchen nicht noch mehr Kratzer hat.
:winke:
Bastl

Wutach

Hallo Finn,

ich kann dir zuverlässig sagen, das Eggen u.ä. derartig lange Kratzer auf solchen Steinen hervorrufen. Wenn es einen Grund gibt, an diesem Zusammenhang zu zweifeln, dann eher, weil die Kratzspuren evtl. nicht so frisch wirken. Das ist auf den Fotos aber nicht so klar zu erkennen. Frische Spuren aus der Landwirtschaft sind normalerweise heller als der übrige Stein.

Natürlich könnten die Spuren auch bodenmechanisch entstanden sein. Dann sind sie weniger frisch. Auch dafür gibt es hinreichend Belege aus z.B. Höhlengrabungen.

Letztendlich können die Spuren auf frühe menschliche Aktivität zurückgehen, entweder als Folge von Arbeiten oder gezielt aufgebracht. Wenn Du dein Stück z.B. auf einem Platz gefunden hättest, der ausserdem noch einige paläolithische Artefakte erbracht hätte, würde ich ihn erst mal aufheben. Dann könnte man später die Frage mikroskopisch klären. Ähnlich wenn sich die Ritzungen gedanklich zu einer klaren Form oder einem Ornament verdichten liessen oder wenn der Stein noch weitere artefaktspezifische Merkmale aufweist (etwa als Retuscheur, Glättstein u.ä.).

Wenn man aber Stücke wie deins irgendwo im "Niemandsland" ohne weiteren Zusammenhang macht, lohnt sich eine genauere Untersuchung in der Regel nicht. Da könnte sonst jeder Sucher leicht Kisten füllen mit derartigen Stücken. Die finde ich zumindest ständig. Will man das dann auch noch zuverlässig analysieren, wird es entweder zeitaufwendig (wenn man es selber macht und die entsprechende Ausrüstung und Erfahrung hat) oder sehr teuer (wenn es andere machen sollen).

Fazit: Wenn jemand auf einem Foto einen runden Stein mit einigen Schrammen sieht - ohne weitere Angaben zu Beifunden oder zusätzlichen Indizien, kann er dir dazu nichts substanzielles sagen. Ausser das es sich aller Erfahrung nach nicht lohnt so eine Sache weiter zu verfolgen. Wenn Du aber dennoch felsenfest an deinen Stein glaubst, bleibt dir nur der Gang zur zuständigen Denkmalfachbehörde. In diesem Fall wäre ich dir dankbar, wenn Du hier über deine Erlebnisse mit dem Denkmalpfleger anschliessend berichten würdest.

FG Marc.

Finn Teer

Hallo Marc,

ich danke Dir für Deine interessanten Ausführungen. Ich gestehe, die Beifunde habe ich unterschlagen und möchte dies hiermit nachholen.

Vielleicht soviel noch zu meinen Hintergedanken, warum ich dieses Foto eingestellt habe: nach zirka 1,5 h auf einem Feld bekomme ich ein recht gutes Gespür für Steine, die ich da finden "darf", weil dies geologisch passt. Dieser Stein ist mir durch Form, Material und "Spuren" einfach ins Auge gestochen.

Ja, ich bin auch unsicher, ob es sich dabei nur um einen Stein am Flußfeldrand (Elbe) handelt...
Aber vielleicht ist es ein sehr urtümliches Werkzeug gewesen.

Anders gesprochen: wenn hier auf der Erde die Menschheit von jetzt auf plötzlich wieder bei Null anfangen müsste und dass Wissen über alle möglichen Technologien und deren Anwendung einfach verloren ginge, ich würde, falls ich zur Generation der Stunde Null gehören söllte, mit so einem "Gerät" anfangen/weitermachen. Der liegt sehr praktisch in der Hand und bevor ich in der Lage bin mir aus Feuersteinen irgendwas zu bauen, verginge viel Zeit. Vielleicht würde ich Ihn zur Bearbeitung von Feuerstein benutzen?

Naja, das war etwas abstrakt. Was solls.

Nabend.



Roskva

Zitat von: Finn Teer in 09. März 2011, 01:47:42
Anders gesprochen: wenn hier auf der Erde die Menschheit von jetzt auf plötzlich wieder bei Null anfangen müsste und dass Wissen über alle möglichen Technologien und deren Anwendung einfach verloren ginge, ich würde, falls ich zur Generation der Stunde Null gehören söllte, mit so einem "Gerät" anfangen/weitermachen. Der liegt sehr praktisch in der Hand und bevor ich in der Lage bin mir aus Feuersteinen irgendwas zu bauen, verginge viel Zeit. Vielleicht würde ich Ihn zur Bearbeitung von Feuerstein benutzen?

Naja, das war etwas abstrakt. Was solls.

Nabend.


Du hast da was vergessen  :-) Es ist ein unterschied ob der nicht-menschliche Teil der Welt bei null anfängt und/oder Du - die Menschen. Wenn beide bei Null anfangen würden, wären deine jetzt-Gedanken darüber was und womit du arbeiten würdest schlichtweg nicht mehr da!  :-) Wenn du deine Gedanken mitnimmst in die Zeit Null, kann es nicht mit der wirklichen Steinzeit verglichen werden - falls es überhaupt die wirklichkeit gibt  :zwinker: Der Stein oben ist Natur, unten links sieht unmittelbar aus wie ein Restkern.
LG
R.
"blickst du lange genug in den Abgrund, schaut dieser irgend wann in dich"

thovalo

#9
 :winke:

Das ist, gerade wenn noch ein großer Fluss so nahe liegt, ein reguläres Geröll, das diese Schrammen, auch wenn sie so gerade ausgeführt sind, wohl kaum mit Absicht erhalten hat. In Fundkomplexen treten allerdings auch immer wieder eimal Gerölle ohne Arbeitsspuren auf die offensichtlich von weiter her eingetragen worden sind. Als ungenutzte Materialstücke, zum Erhitzen von Wasser usw. Doch Dein Fund überliefert keine Hinweise darauf ob und wenn wie er gebracht worden ist. Bei Deinem Geröll, das kann man so schwer näher einschätzen, kann es sich auch um einen Windkanter handeln, den der Fluss dann ein ganzes Stück mitgenommen hat. Vielleicht deshalb die eine kantiger abgesetzte Seite.

Nicht umsonst waren Gerölle die Ausgangsformen der frühesten Geräte ("pebble tools"). Doch diese sind durch Merkmale wie Stumpfungen und zumeist ausgeschlagenen Partien gekennzeichnet. Das von Dir oben gezeigte Geröll weist kein Anzeichen eines Gebrauchs oder einer gezielten Ausformung auf. Tatsächlich zeigen Gerölle auf Feldfluren immer wieder diese geraden Kratzer durch die Bewegung im Boden und Kontakte mit Ackergerätschaften. Um ein vergleichbar hartes Gestein zu ritzen muss es auch ein hartes Gerät sein das ihn trifft.

:winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#10
Zitat von: Roskva in 09. März 2011, 08:04:08
Du hast da was vergessen  :-) Es ist ein unterschied ob der nicht-menschliche Teil der Welt bei null anfängt und/oder Du - die Menschen. Wenn beide bei Null anfangen würden, wären deine jetzt-Gedanken darüber was und womit du arbeiten würdest schlichtweg nicht mehr da!  :-) Wenn du deine Gedanken mitnimmst in die Zeit Null, kann es nicht mit der wirklichen Steinzeit verglichen werden - falls es überhaupt die wirklichkeit gibt  :zwinker: Der Stein oben ist Natur, unten links sieht unmittelbar aus wie ein Restkern.
LG
R.


Sehr philosophisch gedacht und bildlich gesagt!


Gedankt dafür!   :winke:  :winke:  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Horschtl

@Roskva
"Der Stein oben ist Natur, unten links sieht unmittelbar aus wie ein Restkern."
Welchen Stein "oben" meinst Du? Den in dem ersten Foto, oder den, der im letzten Foto in der oberen Reihe liegt? Das Teil auf dem unteren Bild in der oberen Reihe sieht doch einigermaßen stark nach einem Wirtel aus, oder?
:winke: Horschtl

Roskva

- der gaaaanz oben in thread  :-) 
"blickst du lange genug in den Abgrund, schaut dieser irgend wann in dich"

Finn Teer

...hätte nie gedacht, über einen Stein mal so lange nachzudenken und Gedanken darüber, auch noch mit anderen auszutauschen... :zwinker:
Danke Euch.

Wutach

Hallo Finn,

was ich nicht vergessen will dir zu sagen: Wenn man noch nicht so viel Erfahrung im Umgang mit Steinen und Artefakten hat, ist absolut sinnvoll, wie Du ungewöhnlich erscheinende Objekte mitzunehmen und sich genauer zu betrachten. Dabei lernt man sehr viel und manchmal mehr als von den klar ansprechbaren und für jedermann erkennbaren Stücken.

Übrigens ein schöner und wie es aussieht vollständiger Spinnwirtel, den Du da noch gefunden hast. So was findet man auch nicht aller Tage.

FG Marc.