Mesokern?

Begonnen von queque, 18. September 2009, 17:28:26

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queque

Ein Frage für die Mesolith-Spezialisten:
Das Kerlchen fand sich genau an der Mittelterassenkante nordwestlich von Köln. Unten auf der Niederterasse liegt ein bekannter mesolithischer Schlagplatz. Dort, wo dieses Teilchen auftauchte, fand ich bisher alles vom Neolithikum bis ins Mittelalter, aber kein Mesolith. Das Material ist Maaseifeuerstein, was man gut am typischen Kortex erkennen kann. Ich denke, es ist kein Frostprodukt, sondern ein mesolithischer Kern - wenn auch kein schöner. Ich vermeine auf Bild 'Meso 2' bzw. markiert auf 'Meso 2a' Zurichtungsretuschen an der Präparationsflächenkante zu erkennen sowie auf 'Meso 6' und 'Meso 7' steckengebliebene Schlagbahnen.  :glotz:
Trügen mich Augen und Verstand oder liege ich richtig?
Viele Grüße
Bastl

neolithi

Kern würde ich auch deuten, aber ob neo- oder mesolithisch  - keine Ahnung.

Glückwunsch zum Fund

neolithi

Larry Flint

... dürfte mesolithisch sein.

:winke:

Der Maas-Ei -Larry

rolfpeter

Servus,

ein Kernstein ist das sicherlich.

In welchen Zeitrahmen sowas zu stecken ist, ja da bin ich auch unsicher. Hättest Du mich vor einem Monat gefragt, dann wäre die Antwort ganz klar "mesolithisch" gewesen.

Vor einigen Wochen hat mich ein Sammler vom rechten Niederrhein besucht, der dort eine spätneolithische Siedlungskammer ausgemacht hat. An diesem Platz tauchen auch etliche Kernsteine aus Maaseiern auf. Das überwiegende Fundgut dort ist aber sicher ins Spätneolithikum zu datieren. Viele Daumennagelkratzer, etliche Querschneider, ganz so, wie es Moddermann und Haaren für den Fundplatz "unter Koningsbosch, Prov. Limburg" beschreibt. Die dort gefundenen Kernsteine ähneln Deinem Fund sehr, auch sind sie häufig besonders klein geraten.

Ich selbst habe eine Fundstelle, die eigentlich spätneol. ist, von wo aber auch einige Maasei-Kerne stammen. Ich muß mir die Sachen noch mal genau durchsehen, vielleicht sind die Kerne ja auch spät. Spannend!

HG
RP

Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

arriba

Hi  :-)

Da würde ich aber auch seeeehr aufpassen wegen einem Kern gleich Mesolithikum-Verdacht zu schöpfen! Da müssten mesolithische  Leitfunde her, bevor man sich dazu äussern kann.

:winke: Rikke

queque

Danke für Eure Antworten.
@ arriba: Der mesolithische Schlagplatz mit zig-Tausend dokumentierten Funden liegt Luftlinie (!!!) nur 100 m weiter, aber eben 'unten', 20 Meter tiefer auf der Niederterrasse.
Ein "spannend" von RP adelt schon fast :zwinker:. Also:
OK, wir haben mal wieder ein Datierungsproblem. Lasst mich mal laut, und, auf die Gefahr mich lächerlich zu machen, denken: Neulich war ich mal wieder im Römisch-Germanischen-Museum in Köln. In der Vitrine "Junges Neolithikum" waren, meiner Einschätzung nach, eine schnurkeramische Axt, ein endneolithisches, facettiertes Steinbeil und mehrere michelsberger Spitzklingen aus dem nordwestlichen kölner Fundzusammenhang (Fühlingen, Blumenberg etc.) versammelt. Frage: Entweder ich bin so borniert, dass ich glaube, mir als Laie zu fachwissenschaftlichen Fragen eine "eigene" Meinung erlauben zu dürfen, oder es war mal wieder ein studierter Archäologe am Werk, der seine Magister- resp. Diplomarbeit über die Varietäten römischer Terra-Sigillata-Formen im Rheinland verfasst hat und nun das ganze "Steingezeugs" einordnen musste, auf der Grundlage eines irgendwie gearteten Proseminars bei "Du-weißt-schon-wer".
Lange Rede kurzer Sinn (nach einer halben Flasche vom guten Weißen...): Wenn dieser Kern neolithisch wäre - wozu hätten seine Produkte gedient? Einsätze für Sicheln? Pfeilspitzen? Dazu hätten die doch schon das ganze Rijckholt-, Vetschau-, Lousberg- etc. Gestein gehabt, das sich für Werkzeuge ihres Bedüfnisses von der Größe des Ausgangsmaterials her viel besser eignete. Wozu also das "Maasei-Klein-Klein"? Damit verleugne ich keinesfalls, dass sie sich nicht auch an Maaseifeuersteinen gütlich getan hätten. Aber warum und wozu?
Menschen hatten an ihre Lager- und Siedlungsplätze eigentlich immer die gleichen Anforderungen. Warum sollte also mesolihisches Gerät nicht an endneolithischen resp. frühbronzezeitlichen Fundplätzen auftauchen?
Das sind völlig ehrliche und wertfreie Fragen. Bin gespannt auf Eure Antworten.
In der Hoffnung auf eine spannende Diskussion
Bastl :winke:

queque

Sorry: Die Vitrine im Römisch-Germanischen-Museum ist nicht mit "Junges", sondern mit "Frühes Neolithikum" betitelt. Soviel Genauigkeit muss sein !!!

rolfpeter

Ja Bastl,

die steinzeitlichen Ausstellungsstücke im Römisch Germanischen Museum sind zwar ausgesprochen schön, die Beschriftung aber teilweise hundsmiserabel und oberflächlich.

Ich bin ja auch nur ein Laie auf dem Gebiet der Archäologie, habe aber inzwischen gelernt, daß man aus der Beschaffenheit der Grundformen, aus denen die Artefakte hergestellt wurden, durchaus auf die jeweilige Kultur schließen kann.

Sehr verallgemeinert kann man für die Kölner Bucht und das Umland beispielsweise behaupten, daß im Altneolithikum fast alles aus - nicht zu großen - Klingen hergestellt wurde. Aus den medialen und distalen Stücken wurden Pfeilspitzen und Erntemessereinsätze, aus den proximalen wurden Kratzer. Abschlaggeräte sind da eher selten. In der MK ist es ähnlich. Alles nur 'ne Nummer größer. Wenn ich ein mediales Klingenbruchstück mit einer Breite um die 30mm finde, dann ist der Verdacht auf MK schon gegeben.
Im Spätneolithikum, nach Michelsberg und vor den Becherkulturen, das bei uns ja schlecht erforscht ist, scheint das anders zu sein. Im Rheinland gibt es eine Unzahl von Oberflächenfundplätzen, die sich z.B. durch Funde von Lousberg-Beilklingen auszeichnen, aber es ist m.W. keine einzige Siedlung und auch keine Bestattung ergraben. Im weiteren Umland sieht das anders aus: an der Maas gibt es zu der Zeit die gut erforschte Stein-Gruppe, weiter westlich die Seine-Oise-Marne-Kultur, im nordwestlichen Holland die Vlaardingen-Kultur und im Hessischen die Wartberg-Gruppe, nur um die wichtigsten zu nennen. Diese Kulturen werden wohl auch Einflüsse auf's Rheinland gehabt haben.

Bei denen allen wurde wohl mehr mit Abschlägen gearbeitet. Wie ich weiter oben geschrieben habe, sind kleine bis winzige Daumennagekratzer und auch transversale Pfeilspitzen, die auch meist aus Abschlägen und nicht aus Klingen hergestellt wurden, häufig.
Der Moddermann-Artikel ist zwar schon älter, aus den 1960er Jahren, und die Aussagen beschränken sich in weiten Teilen auf die Auswertung von Oberflächenfundplätzen, aber Rückschlüsse, die gezogen wurden, sind schon bemerkenswert.

Die Schrift ist übrigens auf deutsch erschienen und zwar in den "Analecta Praehistorica Leidensia Bd. VI". Ich habe früher schon mal auf die Möglichkeit, die APL herunterzuladen, hingewiesen.
Man muß sich kostenlos bei
http://easy.dans.knaw.nl/dms
registrieren und kann dann alle Bücher und Schriften, die das Attribut "open access" haben, herunterlutschen.
Empfehlenswert, wenn auch auf niederländisch erschienen, ist für Rheinländer auch "De steentijd van Nederland", herausgegeben von Jos Deeben. Kann man auch bei Dans runterladen.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

queque

Hallo RP, Danke für den Literatur-Tip und Deine Ausführungen. Habe mich gerade bei Dans registriert, klappt hervorragend!!!
Gruß
Bastl