Patina von rheinl. paläolithischen und jütländischen mesolithischen Flintgeräten

Begonnen von steinsucher, 28. Januar 2008, 23:10:56

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steinsucher

Hallo Forum,

Ausgangspunkt für diesen Beitrag ist die Diskussion über Patina an RP's Teil unter:

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,28523.0.html

Dabei machte Agersoe auf die Tatsache aufmerksam, dass es im Bereich der westlichen Ostseeküste mesolithische Flintgeräte aus der Ertebøllekultur gibt, die eine gleich aussehende Patina aufweisen wie RP's Teil, welches vermutlich (Mittel- (?)) Paläolithischen Ursprungs ist. Da mir einige dieser Teile vorliegen, werde ich versuchen hier an Hand von Bildern die Ähnlichkeit zu zeigen.

Bild 01 zeigt links einen paläolithischen (roter Punkt)  Restkern, der im Raum Heinsberg/Rheinl. gefunden wurde. Das rechte Teil ist eine (Mittel- (?)) Paläolithische Spitze aus dem Raum Geilenkirchen/Rheinl.. In der Mitte befindet sich ein Teil aus dem Bereich der Ostseeküste nahe Flensburg. (Alle weiteren gezeigten mesolithische Teile (grüner Punkt)  stammen aus dem gleichen Bereich.) Wie man sieht, sind durchaus Ähnlichkeiten vorhanden. Diese Patina entstand an den Teilen, die auf Grund des nach dem Mesolithikum gestiegenen Ostseespiegels unter die Wasseroberfläche gerieten.

Bild 02 zeigt drei weitere Geräte aus dem Ostsee-Mesolithikum. An den abgestoßenen Stellen kommt meist ein dunkelgrauer Flint zu Vorschein. Im Allgemeinen ist die Oberfläche nicht so "speckig" wie bei den paläolithischen Geräten. Aber auch das kommt vor (mittleres Teil).

Bild 03 zeigt vier weitere Teile. Bei dem zweiten Teil von Rechts fällt auf, dass ein Fläche (im Bild die rechte) kaum Patina aufweist. Möglicherweise hat es auf dieser Seite gelegen? Es steht auch heute noch gut darauf.

(Die Einleitung besteht auf Grund der Bilder aus 3 Teilen, Teil 2 folgt.)

steinsucher

Bild 04 zeigt drei mesolithische Teile, bei denen die Oberfläche bereits fast wieder zu einer Rinde geworden ist. Beim mittleren Teil sieht man oben die Reflexnarbe als bräunliche Fläche.

Bild 05 zeigt das rechte und Bild 06 das mittlere Teil vergrößert. Alle Teile in diesem Absatz haben eine dicke raue "Patina" - oder schon wieder Rinde?

(Teil 3 folgt)

steinsucher

Bild 07 zeigt eine schöne, speckige Patina an einem mesolithischen Abschlag. Die nächsten beiden Bilder noch einmal Details der rheinischen paläolitheschen Artefakte.

Bild 08 zeigt den Bulbus mit Reflexnarbe der Spitze.

Bild 09 zeigt die Schlagfläche des Restkerns.

Ich glaube schon man sieht hier, daß man nicht nur auf Grund des Zustandes der Patina auf das Alter eines Gerätes schliessen kann. Es müssen auf jeden Fall auch die örtlichen Faktoren mit einbezogen werden.

Gute Nacht,

Fritz

Der Wikinger

Hallo steinsucher  :-D

Wirklich eine super Fotoserie, und sehr interessant die Vergleiche.  :super:

Die Mesolithischen Funde aus der Flensburger-Gegend ähneln zum Verwechseln diejenigen, die bei mir submarin und auf den Stränden zu finden sind.

Besonders interessant sind die Stücke, die fast zu Kalk / Kreide verwandelt worden sind. Sie haben eine Art Verkalkung durchgegangen.
Erstaunlich ist auch, dass bei uns auf submarinen Fundstellen sowohl solche, als auch fast ganz unpatinierte Teile aus der gleichen Periode (Ertebølle) vorhanden sind.
Die Theorie geht glaube ich in der Richtung, das Stücke, die freigespühlt auf dem flachen Meeresboden lange Zeit waren die Patina haben, andere aber, die ganz frisch rausgegraben / -gespühlt sind, noch eine erstaunliche Frischheit (unpatiniert) hervorzeigen können.

Und du hast sogar sehr recht, Patina kann nur bedingt, und sehr unsicher, als Datierungshinweis verwendet werden.  :belehr:
Das war schon immer mein Mantra !!  :super:

:winke:

steinsucher

Zitat

Die Theorie geht glaube ich in der Richtung, das Stücke, die freigespühlt auf dem flachen Meeresboden lange Zeit waren die Patina haben, andere aber, die ganz frisch rausgegraben / -gepühlt sind, noch eine erstaunliche Frischheit (unpatiniert) hervorzeigen können.


Hallo Agersoe,

so hat mir der Herr Dittmann das damals auch erklärt. Ich habe hier nur die patinierten Stücke gezeigt. Gleichzeitig habe ich  aber auch aus der gleichen Kiste ganz frisch wirkende Teile vorliegen. Die chemischen Prozesse sind eben je nach Lagersituation total unterschiedlich - oder aber nur mal schneller, mal langsamer?

Gruß nach Norden,

Fritz.

Der Wikinger


rolfpeter

Vielen Dank für die interessanten Fotos!
Das bestätigt meine Meinung, daß die Patina bedingt zur Altersbestimmung von Feuersteinartefakten nur herangezogen werden kann, wenn der Fundort bekannt ist. Ähnlich wie mit den mesolithischen Funden von der Ostsee verhält es sich mit jungneolithischen Funde von der hiesigen Ellbachaue. Die können braun patiniert sein, gleichaltrige Funde, die nur einige Meter entfernt liegen, sind manchmal völlig unpatiniert.
Herzliche Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Sehr interessanter Beitrag, steinsucher!!!
Jetzt sehe ich manche Funde aus dem Norden mit anderen Augen.

Verwundert bin ich aber dass unsere Gegend nur ein einziges , stark patiniertes, Gerät  geliefert hat, welches nachweislich in ein "entwickeltes Acheuléen" datiert wurde. Selbst jungpaläolithische Werkzeuge weisen , außer Verrundungen, kaum Patinierungsspuren auf. Vom Mesolithikum ganz zu schweigen.
Liegt es am Salz? An langer Wasserlagerung?

Ich such schon lange...aber ein derartig patiniertes Endpaläo- Mesolithikum ist mir noch nicht untergekommen.
Seltsamerweise sind manche  neolithisch eingeordnete Stücke von hier eher leicht patiniert.

Es kann natürlich sein dass  die steinzeitlichen Hinterlassenschaften bei uns etwas störungsfreier auf den Originalschauplätzen der Findung harren.
Ansonsten hab ich keine Erklärung für  dieses anscheinend "nördliche" Phänomen.
Hau rein das Tsoich, Fritz, ich will lernen


Schönes Wochenende
aus der Oberpfalz
Edi

Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

steinsucher

Hallo Edi,

nicht mal ein Monat rum und ich reagiere schon. Ich denke mal (wie unser ehemaliger BK immer so schön sagte), dass der Faktor hier das Salzwasser ist, und die Lagerung in eben diesem. Genau so gibt es ja auch patinierte Teile hier bei uns, innerhalb von begrenzten Fundbereichen, die normalerweise keine Patina aufweisen, aber von irgendeiner chemischen Keule getroffen wurden, und dann aussehen wie "ganz alt".

Gülle?, Dünger? Who knows?

Aus dem Selfkant, nahe am Rheinland,

eben aus Heinsberg,

Fritz