Paläolithische Spitze- zeitl. Einordnung? Spezialist gesucht

Begonnen von Harkonen, 29. Juni 2010, 15:55:54

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Harkonen

Hallo,
ich habe vor einiger Zeit dieses vollständig erhaltene paläolitische Gerät gefunden.Es hat keinerlei Frostausbrüche nur der Silex ist stark angewittert. Die Schlagstellen sind natürlich leicht verschliffen. Die flächige Bearbeitung ist einseitig. Auf der Rückseite ist gut der nachgearbeitete Schlagbuckel erkennbar.
Liege ich mit meiner Einschätzung "Mousterien" evtl. in etwa richtig?
Danke,
Gruß
Harkonen

thovalo

#1
Lieber Harkonen!

Trotz des Maßbandes (Länge so 6.3 cm?) wären die Angaben zum Format ganz hilfreich (Länge, Breite; max. Durchmesser) und Bilder die das Artefakt mit der Spitze nach oben gerichtet zeigen!

Könntest du auch Bilder vom längeren retuschierten Kantenverlauf machen? (1tes Bild oben horizontal zur Bildkante!!!)

Kannst Du zudem noch das Bundesland nennen!?

LG th


Paläolithikum schon in diesen Ansichten: sehr wahrscheinlich

und

Mousterién? da gibt es ganz sicher bessere Kenner der Materie  
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Harkonen

Hallo,
so, wie gewünscht, die Spitze zeigt nach oben :friede:
die Länge von der Basis bis zur Spitze beträgt exakt 6,5cm; die Breite an der Basis liegt bei 3,5cm; die Breite in der Mitte liegt bei 5,0cm,
die Materialdicke beträgt zwischen 6 bis 7mm.
Fundort: Bayern, Donau, mehr sag i net.

Gruß
Harkonen

a.k.a. rentner

Wow, das ist ja mal schön........
Nur eine klitzekleine Frage zum Fundort, eher eine allgemeine:
Wohl eher nicht aus dem Donautal, sondern eher über der Uferkante?
Und dann auf der nördlichen, wo der Pflug manchmal auf Kalk beisst?
Bin nun kein Experte für Altsteinzeit, aber Mousterien dürfte doch hinkommen?
Solche Artefakte waren hier oft ein Streitpunkt, aber ich finde hier kann man von einer intentionellen Retusche, man sieht selbst auf diesen Fotos die "mehrstufige" Kantenbearbeitung..........
Freue mich auf mehr.........
m.

Mark77

Das Problem mit dem Stück ist, dass es, wie so viele zuvor, einfach die Kriterien für einen mittelpaläolithischen Schaber nur zum Teil erfüllen.
Wenn ich es den Bildern recht entnehme, ist die "retuschierte" (das Ganze in Gänsefüschen, da nicht 100% sicher) Kante nicht flach wie bei einem Schaber sondern mehr steil.

:winke: Markus

a.k.a. rentner

Hallo Harkonen, Hallo Mark! :winke:
Hm......was läßt Dich an der Retusche zweifeln, Mark?
Allzu steil scheint mir diese auch wieder nicht zu sein, 0,6-0,7mm gerechnet mit ca. 1,2 cm.........
Nur aus Interesse, was wären den zusätzliche Kriterien?
m. :winke:

Ajo

#6
sorry

Harkonen

Zitat von: Mark77 in 29. Juni 2010, 23:33:35
Das Problem mit dem Stück ist, dass es, wie so viele zuvor, einfach die Kriterien für einen mittelpaläolithischen Schaber nur zum Teil erfüllen.
Wenn ich es den Bildern recht entnehme, ist die "retuschierte" (das Ganze in Gänsefüschen, da nicht 100% sicher) Kante nicht flach wie bei einem Schaber sondern mehr steil.

:winke: Markus
Hallo Markus,
doch, die Fläche ist sehr flach gehalten und die Retuschierung ist ja wohl mehr als Eindeutig, dass es ein paläolitisches Gerät ist, ist unstrittig, es gilt eigentlich nur die Einstufung zu treffen, Mousterien oder nicht!

Gruß
Harkonen

Priamos

Hallo Harkonen! :winke:
Vielleicht sollte man erstmal herausfinden, was es denn für ein Gerät ist, bevor man eine zeitliche Einordnung "wagt".
Denn für die verschiedenen Perioden der Altsteinzeit gibt es ja bekanntermaßen verschiedene "typische" Geräte.

Aber meiner Ansicht nach, dürfte es sich hierbei tatsächlich um einen "Schaber des Moustérien" handeln.
Habe eben bei Wikipedia (man möge es mir bitte verzeihen... :engel:) dieses Bild gefunden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Racloir_silex.jpg

Ein paar schöne Sommertage wünsche ich Euch! :winke:

Christian

a.k.a. rentner

Ok, Ok, ich trage Eulen nach Athen:
Begrifflichkeiten wie "Mousterien" werden !heutzutage! meines bescheidenen Wissens nach eher auf Werkzeugtypen, Herstellungsweisen etc verwendet - immer wieder kreuzen entsprechende Textstellen meinen Weg, die darauf hinweisen, dass bestimmte Artefakttypen regional mehr oder weniger weit voneinander entfernt sich sehr stark ähneln.
Dementsprechend fallen dann manchmal Formulierungen wie " mousterien-spitzen entsprechend",  und Nebensätze die, die gewisse Einwände erheben zusammen.
Wieauchimmer: Intuitiv scheint das gut zu passen.
Aber wenn hier jemand in der Lage wäre zu klären, welche Kriterien eine dementsprechende Ansprache zulassen oder nicht.......wäre das interessant, lehrreich und ich sehr dankbar.
Bei diesem Stückchen scheint sich das doch zu lohnen......haben wir hier nicht allzuoft.

n.

thovalo

 :kopfkratz:

MARK ist erst gar nicht auf den Begriff Spitze eingegangen, weil das wohl tatsächlich eher noch ein spitz zulaufender Schaber sein könnte. Den Eindruck habe ich auch gewonnen. Es gibt auch keilförmige "Messer", an denen die Längsseite dann aber bifaziell retuschiert ist

Eine Mousterien-Spitze hat wohl auch Retuschen auf der Ventralseite, die hier vollkommen unbearbeitet erscheint. Daher hanelt es sich hier mal grob und schlicht bezeichnet um einen

         "dorsal anretuschierten Abschlag aus Heute stark patinierten Silex"


In Mönchengladbach-Rheindahlen gibt es hervorragende Schaustücke von paläolithischen Spitzen!!! die weichen alle sehr detulich von diesem Fundbeleg ab, den ich dennoch sowohl für ein Artefakt wie auch für paläolithische halte. (so nachdem was die Bilder hergeben)

Das soll sich mal ein FA (Facharchäologe) ansehen und wir bitten in Folge dessen Ansprache um entsprechende Nachschulung!!!!  :-D

LG thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Harkonen

Zitat von: thovalo in 30. Juni 2010, 23:22:23
:kopfkratz:


Eine Mousterien-Spitze hat wohl auch Retuschen auf der Ventralseite, die hier vollkommen unbearbeitet erscheint. Daher hanelt es sich hier mal grob und schlicht bezeichnet um einen

         "dorsal anretuschierten Abschlag aus Heute stark patinierten Silex"



LG thomas   :winke:

Hallo Thomas,
sorry, das ist so nicht richtig,
wenn man sich z.B. die Mousterien-Artefakte aus dem großen und kleinen Schulerloch, die Funde aus Essing und der Klausenhöhle usw. ansieht kann man sehr wohl Spitzen, im Typ ähnlich dem von mir gefundenen "Schaber" erkennen die Ventralseitig unbearbeitet sind bzw. nicht nachbearbeitet wurden.
Gruß
Harkonen


Mark77

So, wenn das ganze Stück denn ein Schaber mittelpaläolithischer Bauart sein sollte - vielleicht, vielleicht auch nicht - dann ist es mit Sicherheit keine Spitze (Bingo Thomas: Schaber nicht gleich Spitze!) und auch kein Spitzschaber sondern ein sog. Breitschaber oder ein einfacher Schaber. Warum? Weil die retuschierte Kante nicht bilateral spitz zum Distalende zuläuft sondern sich eine breite retuschierte Kante gegenüber des Bulbus befindet.

:winke:, Markus

steinsucher

Hallo Forum,

Markus hat das wohl genau getroffen. Wenn, dann wohl ein Schaber.

Ich habe mal vor drei Jahren oder so eine "Spitze" gezeigt. Da kam die Frage auf, "welche Kennzeichen / Merkmale (ausser Patina) dieses Stück als Moustérien-Spitze einstufen würde??". In dem Thread habe ich die damals nicht gut oder eigentlich gar nicht beantwortet. Die Bestimmung habe ich von einem, damals mindestens 20 Jahre jüngeren, nicht ganz unbekannten Urgeschichtler übernommen. Er fragte mich, ob ich wüsste, wie alt das Teil ist. Ich sagte "nein, aber ich glaube es ist alt". Daraufhin Er: "Das hat ein Neanderthaler in der Hand gehabt, so vor 35000 bis 75000 Jahren". Er bezeichnete es als "so genannte Moustérien-Spitze".


Hier der Link zum ansehen und vergleichen >>

Gruß vom Steinsucher.

Mark77

Sorry, wie geil ist das denn!!! Der Olaf!! Bei Olaf hatte ich meine ersten Stunden Artefaktmorphologie in Mainz. Nicht sehr tiefgreifend aber ein guter Einstieg! :winke:

Ja, das ist ein mittelpaläolithischer Spitzschaber. :super:
Super Fund, Steinsucher!!

Harkonen

Zitat von: Mark77 in 02. Juli 2010, 01:02:03
Sorry, wie geil ist das denn!!! Der Olaf!! Bei Olaf hatte ich meine ersten Stunden Artefaktmorphologie in Mainz. Nicht sehr tiefgreifend aber ein guter Einstieg! :winke:

Ja, das ist ein mittelpaläolithischer Spitzschaber. :super:Super Fund, Steinsucher!!
Hallo,
auch falsch, es ist ein Spitzen- Schaber, weil er so Schön ist.
Spass bei Seite, mein bester Spezl ist Archäologe mit dem Spezialgebiet Paläolitikum. Mit diesem werde ich das Artefakt eingehend ausdiskutieren und anschliessend hier Bescheid geben was letztendlich Sache ist. :smoke:

Gruß
Harkonen

Mark77

Zitat von: Harkonen in 02. Juli 2010, 13:19:57
Spass bei Seite, mein bester Spezl ist Archäologe mit dem Spezialgebiet Paläolitikum.

Who's that? Wenn man mal die bescheidene Frage stellen darf! :winke:

Harkonen

Hallo Mark,
ich werde mit Sicherheit hier keine Namen nennen ohne mich vorher vergewissert zu haben, dass es demjenigen auch Recht ist, sorry tut mir Leid.
Gruß
Harkonen

Mark77

Null Problem! Wenn du ein OK hast, kannst du mir den Namen auch per Pm schreiben. Bin ja auch vom Fach, vielleicht kennt man sich ja! :zwinker: