Muster im Flint

Begonnen von Steinkopf, 28. Juni 2013, 20:57:53

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Steinkopf

Dieser mesolithische Lamellenkern hat einen hübsch gemusterten Bereich.

Das wollte ich mal zeigen.

LG
Jan

LITHOS


Steinkopf

Aber nur ein homöopathischer Falsterflint - oder waren die Streifen knapp geworden?

Saxaloquuntur

@ Steinkopf. Den Einwand verstehe ich nicht. Ist die Meinung von Lithos falsch? Dann kläre uns doch auf, damit wir deinen thread richtig verstehen. SaX.

thovalo

Zitat von: Steinkopf in 29. Juni 2013, 10:12:38
Aber nur ein homöopathischer Falsterflint - oder waren die Streifen knapp geworden?

Das war homöopathischer HUMOR!  :zwinker:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

lapillus

Zitat von: Saxaloquuntur in 29. Juni 2013, 11:06:38
@ Steinkopf. Den Einwand verstehe ich nicht. Ist die Meinung von Lithos falsch? Dann kläre uns doch auf, damit wir deinen thread richtig verstehen. SaX.
Hi,

die Meinung von Lithos ist korrekt - Jans Einwand ist so zu verstehen:

"Das Beste am Norden ist unser Humor"

cu

lapillus

Steinkopf

#6
Danke für die Antworten und danke dass Ihr Spass versteht!

Lithos Einschätzung passt schon!

Zeigen wollte ich eine Spielart/Laune der Natur, die einen kleinen gebänderten Bereich in ein klares, feines
Flintstück generierte, und in diesem Bereich gleich eine noch kleinere Bänderung.

Die Zuordnung zu den Haupttypen des baltischen Flints ist auch eher idealtypisch.
Es gibt viele Variationen und Geologen definieren manche Begriffe etwas anders als Archäologen
die sich eher nach sichtbaren Kriterien richten.

Und diese äussere Erscheinungsform  war auch in vorgeschichtlicher Zeit bedeutsam,
wie man besonders an neolithischen Prunk-Artefakten sehen kann -
bis hin zur Vorliebe für den sicherlich schwer zu beschaffenden roten Helgoländer'.

Als eine regionale Besonderheit mag man den ansonsten sehr feinen Falsterflint betrachten,
wie auch Bryozoen nicht nur im Bryozoenflint von Fünen auftauchen, wo sie die Optik prägen.

Von einem Flintschläger aus Norddeutschland wird berichtet, dass er bei einem Treffen
von Experten eine Knolle zerschlug und alle gängigen Materialtypen bedienen konnte.
Typischerweise ist die Knolle zum Rand hin eher fein und durchscheinend, zur Mitte hin
eher grau und opak. 

Diese kleinen Bänderungs-Sprenkel treten gelegentlich auf Artefakten auf.
Ich finde sie ganz reizvoll. Der abgebildete Kern dürfte aus saalezeitlichem Geschiebe stammen.

Schöne Grüße (keine homöopathischen)

Jan


thovalo

#7
Danke Jan,  :winke:

diese Beschreibung von Qualitäten und Qualitätsunterschieden innerhalb einer Silexvarietät gilt auch für die Maasfeuersteinvarianten.
Oft gibt es scheinbar andersartige oder Übergangsformen die jedoch auch dem regulären Spektrum einer Varietät angehören.

Ein deutliches Beispiel sind dafür diese zwei aufeinander anpassenden Kratzer des Jung- bis frühen Spätneolithikums vom rechten Niederrhein aus einer Knolle aus Feuerstein der Varietät "hellgrau-belgischer Feuerstein" aus der Region von Avennes (die Schlagpunkte sind auf diesen Bildern nach Oben orientiert).

Der Kratzer zeigt zur Partie mit Kortexrest hin die glasartig fein homogene Ausbildung zum Rand der Knolle, auf seiner Unterseite der trüber werdende Übergang mit der Ausbildung von strukturierten Schlieren und der anpassende kleinere Kratzer zeigt die stark gemaserte Struktur zum Inneren des Kerns hin.


Auf dem letzten Bild die anpassenden Seiten direkt spiegelnd gegeneinander gestellt.

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinkopf

Das ist ja wirklich Spitze! Schön dargestellt.

Der Übergang im Material an zwei Artefakten die aus der selben Knolle stammen.
Hast Du lange Winterabende gepuzzelt oder gibt es dazu eine Geschichte?

LG

Jan

thovalo

#9
Zitat von: Steinkopf in 29. Juni 2013, 20:45:10
Das ist ja wirklich Spitze! Schön dargestellt.

Der Übergang im Material an zwei Artefakten die aus der selben Knolle stammen.
Hast Du lange Winterabende gepuzzelt oder gibt es dazu eine Geschichte?

LG

Jan

Die Geschichte:

Der Fundplatz ist Teil eines komplexen Fundgeländes. Dort fanden sich bislang mehr als 20.000 Artefakte. Die Fundbelege umfassen alle Stadien der Bearbeitung von Silices. Alle Fundbelege je Fundkonzentration sind zusammengefasst. Neufunde werden regelmäßig einsortiert.
Dabei werden auch die erkennbare Varietäten je Einheit zusammengefasst und auf Anpassungen überprüft. In der Fundzeit wurden bis zu drei Begehungen wöchentlich durchgeführt. Zwischen den Fundbelegen liegt eine längere Zeit Abstand.

Beim Einsortieren fiel mit der extreme Unterschied der Textur der einzelnen Stücke aber auch das identische markante Muster einmal auf der Unterseite des Kratzers mit dem Kortex und eimal auf der Oberseite des kleineren Stücks auf. Dann noch ein wenig hin und her schieben und es machte "Klick".

Es gibt derzeit zwei Thesen:

These 1. die Grundformen wurden auf dem Platz geschlagen, worauf reichlich Debitage, Grundformen und daraus gefertigte Werkzeuge aus diesem Material sowie die dazu verwendeten Schlagsteine aus Geröllen hindeuten. Dabei konnte ich mit Anpassungsversuchen bislang noch zu keinem weiteren Ergebnis kommen. Das ist allerdings extrem viel Zeug dessen Bearbeitung sehr viel Zeit und vor allem Raum einnehmen würde. Dazu müsste das reiche Fundmaterial zudem ja auch noch mit den weiteren Fundstellen im Gelände "quer" überprüft werden und da hören meine Kapazitäten dann vollkommen auf. Noch mehrfach erschlagender sind die Unmengen an Werkzeugen und Debitage der Varietäten aus der Region um Rijckholt in den Niederlanden. Zuletzt ist zu berücksichtigen das es sich ausschließlich um Oberflächenfundbelege handelt, also noch (über)reichlich Fundmaterial im Boden eingelagert vorhanden sein wird.

These 2. die Menschen haben bei Avennes (und insbesondere auch um Rijckholt) ihren Bedarf geschlagen und die Grundformen mit sich geführt um sie am Gebrauchsort dann zu zurichten. Das ist die zweite These für die es aus der Fundperspektive der hier vorliegenden vielen Debitagebelege inzwischen allerdings zunehmend ungünstig aussieht. Die Idee war: man zerlegte am Ort des Vorkommens die bergmännisch gewonnenen Rohstücke zu Grundformen und nahm die gut gelungenen Grundformen mit so viel man eben mit sich führen konnte um eine Materialreserve zu besitzen. Diese These entstand, weil es der Facharchäologie offenbar unglaublich schwer fällt anzunehmen, das zumindest an diesem einen, weit von den Lagerstätten entfernten Ort, der Zufluss von geeigneten Rohsilices derart extrem stark abgesichert war, das selbst kaum genutzte Werkzeuge unbeschädigt überliefert werden konnten, nicht hin und wieder, sondern in exorbitant hohen Stückzahlen.


lG Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinkopf

Vielen Dank Thomas für den Bericht über den Hintergrund der beiden Fundstücke.

Wenn ich von dieser Fundfülle höre, dann wird mir die 'homöopathisch'  dünne Fundstreuung
in meiner engeren Suchumgebung deutlich. Egel, jede Region hat ihren Fingerabdruck.

Neben der Artefaktmorphologie finde ich die Silexvarietäten sehr interessant. Da ist ja der
'Mittlere Westen' ein interessantes Gebiet. Ich bin mal gespannt, ob etwas davon im Herbst
bei unseren Niederländischen Nachbarn in Assen, Groningen und Leeuwarden in den Ausstellungen
im Rahmen des Projektes 'Land der Entdeckungen' auftauchen wird.

Schöne Grüße

Jan