Klein und ganz besonders fein

Begonnen von thovalo, 16. März 2020, 21:07:07

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thovalo


Guten Abend!

Hier die Zusammenstellung eines Kerns zur Grundformherstellung von Lamellen mit einer als Mikrolith ausgearbeiteten Grundform einer Lamelle von einem solchen Kernstein mit außergewöhnlich fein ausgeführter Retuschierung von einem Fundplatz auf einer spätglazianeln Düne nahe Ratingen bei Düsseldorf.

Bei dem Mikrolithen (Länge 19 mm,Breite 5 mm) handelt es sich um ein graziles Rückenmesser mit einer fein ausgeprägten steilen Retuschierung der kräfteren Langseite und nach ventral gerichteten möglichen Gebrauchsspuren entlang der gegenüberliegenden Schneidenpartie. Zusätzlich sind auch die beiden kurzen Enden retuschiert worden.

Typologisch kann so eine grazile Kleinform hier dem RMS-Mesolithikum (Rhein-Maas-Schelde-Mesolithikum) zugeordnet werden.


Einfach auch nur schön anzusehen.


LG
Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

#1
Servus Thomas,

das Rückenmesserchen ist Klasse und sowas von eindeutig,
da wird sich der Martin Heinen aber freuen.
Im Floss Seite 611 sind Abbildungen dazu und der Beschrieb auf S. 613
Der Kern ist auch eine Schau, solch einen findet man nicht alle Tage!
Da hast ein feines Plätzchen aufgetan.

Wie sind denn da die Anteile Werkzeug - Abschlag - Splitter - Kerne?
Solche einfachen Statistiken sind oft sehr aussagekräftig um welche Art von Platz es sich handelt.
Weiter so und viel Spaß mit den Kleinen die einen Sucher richtig fordern. :-)

Grüße
Peter :winke:

Danske

Zitat von: thovalo in 16. März 2020, 21:07:07

Einfach auch nur schön anzusehen.


Hallo Thomas,

das kann ich nur bestätigen. Sowohl der Kern mit seinen gleichmäßigen Klingenbahnen als natürlich auch der Mikrolith mit den feinen Retuschen sind eine Augenweide. Aufgrund der kräftigen Retusche eindeutig ein Rückenmesser. :super:

Bist du der glückliche Finder?

LG
Holger

Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

thovalo

Zitat von: Furchenhäschen in 16. März 2020, 22:01:05
Servus Thomas,

das Rückenmesserchen ist Klasse und sowas von eindeutig,
da wird sich der Martin Heinen aber freuen.
Im Floss Seite 611 sind Abbildungen dazu und der Beschrieb auf S. 613
Der Kern ist auch eine Schau, solch einen findet man nicht alle Tage!
Da hast ein feines Plätzchen aufgetan.

Wie sind denn da die Anteile Werkzeug - Abschlag - Splitter - Kerne?
Solche einfachen Statistiken sind oft sehr aussagekräftig um welche Art von Platz es sich handelt.
Weiter so und viel Spaß mit den Kleinen die einen Sucher richtig fordern. :-)

Grüße
Peter :winke:

Lieber Peter!

Recht hast Du aber ich denke dass da noch keine großen Aussagen zustande kommen weil ..... als ich den Platz entdeckte fand sich gleich mit all den mesolithischen Funden auch das im Avatar befindliche große Federmesser und bald auch zwei Schiefergravuren. Das gab eine "Aufstand" und der Platz wurde umgehend aus der Bewirtschaftung heraus genommen und eine Blümchenwiese. Nach 12 Jahren ist der Platz dann wieder unter den Pflug genommen worden, aber der besch.... Mais mit seiner Wurzelfilzdecke behindert das Aufkommen von Artefakten. Das Rückenmesserchen habe ich nur mit Not und Mühe im Maisgefitzel erkennen können. Der Kern war da schon einfacher zu erkennen. Das ist sehr mühsam dort und ich bin sicher, dass die proportionalen Anteell von Funden dort deutlich von Zufällen geprägt sind.

Frau Prof. Dr. Scharl hat die Schieferstücke jetzt aktuell in ein digitales Projekt der Univetsität Köln einbezogen um die älteren Analysen zu überprüfen. Prof- G. Bosinski hatte eine der Gravuren in sein Grundlagenwerk "Urgeschichte am Rhein", erschienen an der Universität Tübingen, aufgenommen. Das zweite Schieferstück fand sich etwas "zu spät" dafür. Mal sehen. Einige Kilometer weiter westlich  fand sich dann am Flüsschen Anger der erste am rechten Niederrhein entdeckte Lagerplatz der spätpaläolihischen Federmesserkultur. Die Plätze könnten sich aufeinander beziehen, zeigen zumindest aber die Begehung und einen längeren Aufenthalt in der Kleinregion in der Zeit des späten Paläolithikums an.

Mal sehen, da ist noch Einiges in Bewegung. Der Fundplatz von Kern und Rückenmesser lieg auf einem glazialen Dünenrücken und im direkten Nahbereich zu einer heute in wasserreichen Zeiten noch Oberflächenwasser führenden Stelle. Leider ist Steinzeit und Mesolithikum sowieso nicht von aktuellen besonderen Interesse. Damit beschäftigen sich hier nur sehr wenige Engagierte. Vom Platz gibt es noch einige Mikrolithen, darunter auch eine vergleichbar hochfein ausgearbeitete symmetrische Dreieckspitze mit dorsaler und ventraler Basisretusche. Auch ein "Sahnestück"(chen).

Das ist Alles zäh und anstrengend, nicht nur das Begehen sondern das weiter voran zu bringen   :nono:


lG Thomas

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#4
Zitat von: Danske in 16. März 2020, 22:13:15
Hallo Thomas,

das kann ich nur bestätigen. Sowohl der Kern mit seinen gleichmäßigen Klingenbahnen als natürlich auch der Mikrolith mit den feinen Retuschen sind eine Augenweide. Aufgrund der kräftigen Retusche eindeutig ein Rückenmesser. :super:

Bist du der glückliche Finder?

LG
Holger



Ja ich bin der Finder von Platz, Kern, Rückenmesser(chen) und allen anderen Funden der Fundstelle auch!
Hier sucht sonst Niemand und hat noch Niemand gesucht.

Es war immer die Rede von einem "fundleeren" Raum und da Alle das geglaubt haben und man in Köln, Xanten und sonstwo auf jedem Acker immer alles auf dem Tablett serviert bekommt, hat sich hier auch Niemand die Mühe gemacht. Denn hier muss man sich Alles selber erst einmal erwandern und erarbeiten.
Inzwischen ist das nach 25 Jahren "ackern" einer der fundreichsten Regionen am rechten Niederrhein überhaupt.


lG Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Neos

Moin, Thomas,

zwei feine Fundstücke päsentierst du uns da.  :super:

Was ich ebenfalls äußerst spannend finde ist das:

Zitat von: thovalo in 17. März 2020, 00:42:57
... fand sich gleich mit all den mesolithischen Funden auch das im Avatar befindliche große Federmesser und bald auch zwei Schiefergravuren.

Vielleicht magst du diese Stücke auch einmal vorstellen? Ich fänd's super!

Beste Grüße & bleibt alle gesund

Frank

thovalo

Zitat von: Neos in 17. März 2020, 18:59:27
Moin, Thomas,

zwei feine Fundstücke päsentierst du uns da.  :super:

Was ich ebenfalls äußerst spannend finde ist das:

Vielleicht magst du diese Stücke auch einmal vorstellen? Ich fänd's super!

Beste Grüße & bleibt alle gesund

Frank

Nach ihrer Entdeckung gingen die Gravuren jeweils zeitversetzt nach Monrepos an Prof. Dr Bosinski. Die kleinere wurde in  Bosinskis "Urgeschichte am Rhein" (Tübingen) publiziert, die zweite fand sich später. Aktuell befinden sich beide Stücke zu einem umfassenderen Projekt an der urgeschichtlichen Fakultät der Universität in Köln. Wenn das beendet ist stelle ich hier gerne die Ergebnissen vor. ich hiffe das ist so o.k. Von der Bestimmung war ich selber ganz ausgeschlossen und ich bin selber sehr gespannt was diese zweite Aufnahme ergeben wird.

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Neos

Zitat von: thovalo in 17. März 2020, 20:10:34
Aktuell befinden sich beide Stücke zu einem umfassenderen Projekt an der urgeschichtlichen Fakultät der Universität in Köln. Wenn das beendet ist stelle ich hier gerne die Ergebnissen vor. ich hiffe das ist so o.k.

Das ist nachvollziehbar und ...  :super:

Viele Grüße

Frank