Flächenretuschierte Spitze oder doch nur Stichel?

Begonnen von Kelten111, 11. Dezember 2009, 10:36:31

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Kelten111

Hallo Forum :winke:
Ohne wieder eine Diskusion wie beim letzten Thema zu verursachen bitte ich euch um Hilfe!
Material ist Kreidehornstein das Stück ist Flächenretuschiert und an beiden Lateralseiten abgestumpft worden :glotz:
An der Spitze denke ich ist ein Stichelschlag zu erkennen  :glotz:
Dieses Stück hat erstaunliche ähnlichkeit mit einer Blattspitzenart aus einer Sammlung von meinen Freund szeletien :-D
Freue mich auf jede Antwort :winke: :winke:

pre-art

#1
Nix für ungut:
Vielleicht hilft das weiter:

Nr. 1 Atypischer Stichel an Trümmerstück (3,3cm)  auch mit Stichelbahn (Pfeil), wenn hier auch etwas stärker eingezogene Spitze.
Nr. 3 Atypischer Bohrer an Cortexabschlag,distal gebrochen (2,3cm)

ist es Hornstein von der Hochfläche?

Abbildung und Text aus Sesselfelsgrotte IV Schicht E 3  Späte Micoquien-Inventare / Moustérien von 2008
E 3 Schicht datiert um 42000/40000 v.h  Spätes Mittelpaläolithikum unmittelbar vor dem 2. Kältemaximum der letzten Eiszeit.
Es besteht also möglicherweise eine gewisse zeitliche Nähe zum Frühen Aurignacien/Szeletien/Blattspitzengruppen-Komplex...
Den Buchtext kann ich Dir schicken nur leider ohne Artefakt Zeichnungen (noch!), arbeite daran!
Dein Teil ist leicht geädert aber der ockerfarbene Bereich entspricht farblich denen der Sesselfelsgrotte (Kreidehornstein)!
Gruß

Kelten111

Hallo und Danke für deine Antwort  :winke:
War gerade bei abbevile und er meinte es könnte eine vorarbeit einer Blattspitze sein!
Aber er meinte auch dev ein Gerät oder vorarbeit eines zweisetig bearbeiteten Gerätes :glotz:

Moonk

Hallo, zwei so ähnliche Steine habe ich auch schon gefunden u. als ich sie meiner Frau zeigte, meinte sie die sind ja schön, kann ich die für den Garten haben (zur Dekoration). :narr:
Was ich damit sagen will ist, ihn solchen Steinen sieht der eine ein schönes, halbfertiges Artefakt u. der andere nimmt sie nicht einmal vom Acker mit. :-)
Das Problem dabei ist wenn man nicht eindeutig erkennen kann um was es sich handelt ist eben der Fantasie Tür u. Tor geöffnet.
Für mich ist es ein interessanter Stein wobei ich mit meinem geringen Wissen nicht sagen könnte ist es ein Artefakt od. nur eine Laune der Natur. :irre:
LG Moonk
Das Leben ist wie eine Hühnerleiter man kommt vor lauter ..... nicht weiter. HG Moonk


steinsucher

Hallo Kelten (warum eigentlich 3-fach?)

was ich hier erkennen könnte ist ein total abgefuckter (abgearbeiteter) Restkern. Da keine größeren Verwitterungserscheinungen erkennbar sind, sollte er wohl auch nicht zu alt sein. Patina?

Nachdem ich deinen "Kreidehornstein" nun irgendwie verstanden habe, stelle ich ihn mal auf eine zeitliche Ebene mit unserem "Kreide-Feuerstein". Daraus ein Blattspitze zu fertigen ist sicher nicht einfach und hängt sicher auch davon ab, was ich eigentlich brauch. Als Sammler:"klar, ich brauch Blattspitze". Als fast verhungerter Steinzeitler? "Ist mir egal. Hauptsache es schneidet!" Also Blattspitze in diesem Fall ist schon eine gewagte Bezeichnung. Die Hersteller kannten diese sowieso nicht. Die haben sich nur Mühe gegeben und sich an Traditionen gehalten.

Was ich nicht sehe, ist die Flächenretusche. Die sieht anders aus.

@pre-art "Nr. 1 Atypischer Stichel an Trümmerstück" : Glückwunsch. Sagt eigentlich: "Nichts (Weil es ja kein typischer Stichel ist)  an Zerstörtem".

Gruß Forum,

der Steinsucher.



pre-art

Zerstört bezieht sich auf Trümmer-Abschlag   atypisch auf Untergruppe

Silex

Wieder Grenzgang, Kelten.
Die Zeichnung von dem Stück aus der Sesselfeldgrotte (die pre-art dankenswerterweise geliefert hat)  weist Parallelen auf    und ich glaube dass das Ding alt ist und auch dass es von Menschen  geschlagen wurde.
Den Begriff Blattspitze oder Stichel würde ich aber nicht verwenden.
In jedem Fall waren da bei Dir atypische Leute....oder es ist ein dergestaltiger Platz mit Sonder"bedingungen".
Viel  (nicht nur) Sucherglück und Eindeutigeres wünscht Dir
Edi.
Ich hätte es auch mitgenommen.
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

pre-art

Denke ist so weitgehend auch ok  das Material ist recht zäh und lässt sich nicht mit Feuerstein vergleichen.  da ein teil rauszuhauen ist verdammt schwer, er zerspringt an den Adern, bekommt Treppenfrakturen und wird ganz schnell atypisch...
Sollte auch nur eine Angleichung sein.

steinsucher

Hallo Pre-Art,

Also ein Untergruppe vom Trümmerabschlag.

:heul:

Wir wissen alle, dass es von Ort zu Ort Unterschiede gibt, wenn es um die Vergangenheit geht. Da wo ich wohne ist es bestimmt anders als bei Dir. Dabei kenne ich es nicht anders, als das man einen gewissen Grad an Realität behält. Selbst beim Aufsammeln von Oberflächenfunden sollte man wissen, was man tut.

Deine Sicht (ich lese ja Deine Website) scheint da etwas anders. Bei Dir reicht es aus in ein Schema zu passen. Scharfe Kante (klar, tut weh), Spitze, und dann hart (wie dieses Zeug eben ist). Und wenn dann noch viel abgestossen ist, ist es "echt Paläo". Und dann noch diese Fachausdrücke wie "Levalloise"; Beeindruckend.

Ist das, was wir finden, nicht aufregend genug? Und das gute dabei ist, dass wir auch sehen, was wir finden.

Kelten111 zeigt ja auch immer wieder schöne Teile.

Du hast aber noch nicht ein einziges überzeugendes gezeigt.



pre-art

Ne eine Untergruppe von Stichel!!!!
Und ansonsten kannst Du das halten wie Du willst, freies Land, freie Meinung, Levallois ist jetzt auch keine Seltenheit und vielleicht ist Paläo (auch lithikum) nicht ausgrenzbar, sicherlich etwas schwerer einzuordnen, bleib locker!!!
Un zum Material: es ist zur Sesselfelsgrotte so gut wie kein unterschied...
Und ich besteh nicht nur aus meiner Seite...
Allles Gute Nachtschwärmer...

pre-art

Und selbstverständlich hat die Seite viel Gutes, kritikfähigkeit ist bei Forschung immer gefragt ob so oder andersrum!
Streit ist kreativ!!!!   (ohne ausfallend zu werden)...


SCIENCE IS NOT A HEARTLESS PURSUIT OF OBJEKTIVE INFORMATION
IT´S CREATIVE HUMAN ACTIVITY, IT´S GENIUSES ACTING MORE AS ARTISTS THAN AS IN INFORMATION PROCESSORS

(STEPHAN J. GOULD)

in diesem Sinne
Gruß

Silex

Aber wir interessieren uns doch für das "Selbe". Und weil es  teilweise so seltsam überliefert ist "müssen Grenzen sein" sonst irrwischen wir unterhalb der gewissen Grenze.
Leider wird es wohl Fälle geben  in denen ein vollkommen abgerolltes , glattes Superei einen ehemals perfekten Faustkeil auswucherte.

Die Grenze ist die gesicherte, nachweisliche Herkunft aus einem  Kulturhorizont.....dies geschieht  idealerweise durch Grabung oder eindeutige (korrellierende)  Merkmalseigenschaften.
Wir haben hier nicht zu streiten  ...jeder hat seine Erfahrungen.... meistens trau ich denen....wir waren hier sehr eisfrei, in der letzten Eiszeit......drum hab ich ähnliches Gefühl wie Kelten.... aber das meiste stammt eben nicht von einer normalen Hinterlassenschaft der Paläolithiker.
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

steinsucher

#13
Dieser Kommentar kam nach "Silex" Beitrag!


Ja super Pre-Art,

ich hoffe, du verstehst alles, was du da so zum besten gibst.

Life is a Beast.

arriba

#14
Hi  :-)


Ich glaube nicht, dass man Steine/ Artefakte ... oder Steinartefakte  :-) aus Höhlen/ Grotten, mit an der Ackeroberfläche liegende "Funde" zu sehr vergleichen sollte.... In den Höhlen haben die Funde die Zeit überdauert, und man hat organisches Material zum datieren gefunden....
Die Bilzingslebener Funde, die wir in Halle gesehen haben, wären niemals in die Tüte gekommen, wenn ich sie auf dem Acker gefunden hätte...... An der Oberfläche, gibt es  zu viele andere Gewalten, die auch Artefaktähnliches produzieren können...  

:winke: Rikke

chmoellmann

Und genau da ist die Grenze so schwer zu ziehen. Es gab mal über einige Jahre eine augezeichnete Fundchronik von Westfalen-Lippe. Da und in anderen Grabungsdokumentierungen sind einige Stücke drin abgebildet, die bei mir gnadenlos in der "istnicht-Kiste" gelandet wären - und es auch tun. Aber diese Kiste schaue ich auch immer mal wieder ndurch und entdecke Teile, die von meinem aktuellen Gesichtspunkt aus doch den Blick eines Fachmanns (oder Frau) verdienen. Und dann werden die in die andere Kiste umgelagert, die mein Fundansprechpartner zuerst zu sehen kriegt. Der umgekehrte Weg ist ürigens auch möglich. So wie ich selbst immer weiter lerne, tut es übrigens auch die Archäologie und die Grenze wird immer weiter verschoben. Gut möglich, dass Teile, die heute hier lange Diskussionen verursachen in 10, 20 Jahren mit ein, zwei zustimmen Beiträgen abgehandelt werden, weil es ausreichend bestimmte Vergleichsstücke gibt.
Solange müssen wir wohl die Diskussionen auf Glaubensebene ertragen.

pre-art

Ich denke manchmal ist es doch auch schön mit den Fragen zu leben, auch Fragen zu entwickeln etc...
Die Fragen sind es doch die das Thema so spannend machen....


arriba

- für mich sind die Fragen, "wozu" und "von wann" eher die spannenden, nicht die "ob" es ein Artefakt ist.....  Dafür finde ich hier viel zu viele gute Stücke, um auch noch eine "ob" Kiste stehen zu haben....  :-) Der Müll fliegt raus, hat eine Weile gedauert bis ich so weit war, aber es ist jetzt so  :zwinker:
Ich Träume auch davon noch ältere Sachen zu finden, aber nicht hier an der Ackeroberfläche.... Wenn es eindeutig ist, ok, würde ich mich freuen.... aber wann ist dass schon der Fall....

:winke: Rikke 

chmoellmann

Zitatfür mich sind die Fragen, "wozu" und "von wann" eher die spannenden
Vor der Frage "wozu" steht ja die Frage "ob".
Ich habe schon erlebt, dass aus meiner aussortierten Kiste vom Archäologen Stücke rausgeholt wurden - z. B. ein Steinbeil, was ich einfach nicht gesehen hatte!
Beim "ob" bin ich deshalb sehr vorsichtig. Und klar: die anschließenden Fragen sind viel spannender.  Aber auch nur, weil da viel mehr Phantasie gefragt ist, oder?

Khamsin

Moin!

Zitat Pre-Art: "Es besteht also möglicherweise eine gewisse zeitliche Nähe zum Frühen Aurignacien/Szeletien/Blattspitzengruppen-Komplex...".

Zitat Steinsucher: "Ja super Pre-Art, ich hoffe, du verstehst alles, was du da so zum besten gibst."

Meine Meinung: Dem ist nichts hinzuzufügen!
Im übrigen ist das nichts anderes als ein abgenudelter Kern, so wie Fritz es schon geschrieben hat.
Aber wenn man um´s Verrecken z.B. eine Blattspitzenvorarbeit haben will, dann denkt man sich auch einen Bierfilz passend. Na dann, viel Spass!

Gruss KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Kelten111

Hallo Leute  :winke:
Hier ein Paar Bilder aus dem Sonderdruck  ,,Bayerische Vorgeschichtsblätter" 64 ( 1999)
Da habe ich etwas entdeckt das meiner Spitze sehr sehr ähnelt :glotz: :glotz:
Sie wird auch als Blattspitze bezeichnet :engel:

steinsucher

Zitat von: Kelten111 in 01. Januar 2010, 18:00:45
Hallo Leute  :winke:
Hier ein Paar Bilder aus dem Sonderdruck  ,,Bayerische Vorgeschichtsblätter" 64 ( 1999)
Da habe ich etwas entdeckt das meiner Spitze sehr sehr ähnelt :glotz: :glotz:
Sie wird auch als Blattspitze bezeichnet :engel:

Hallo Manfred, erst mal ein frohes neues Jahr.

Du hast recht, das Teil ähnelt deiner "Blattspitze" sehr. Aber was heißt das?

Ich will natürlich den "Bayerischen Vorgeschichtsblättern" nichts unterstellen. Das steht mir sicher nicht zu. Aber Fehler passieren in den besten Familien. Wenn ich mir den Querschnitt auf der Zeichnung unten ansehe, fällt mir beim besten Willen kein Vergleich zu einem Blatt ein. Und wenn ich die Zeichnung sehe, kann ich nichts erkennen, was auf eine intelligente menschliche Behandlung hindeutet. Das war aber doch wohl der Grund der Namensgebung. Es wäre mal interessant zu erfahren, wie weit diese und vergleichbare Stücke von gepflasterten Wegen/Straßen entfernt im Acker lagen. Ich finde die nämlich immer so bis zu 2m - 3m entfernt von den (auch Basalt-) Schotterbetten der künstlich angelegten Wege. Danach wird der Boden "sauber".

Ein Tipp von mir, versuch deine Teile zu verstehen und press ihnen nicht immer einen Zweck oder eine Funktion auf, die du dir gerade wünscht. Natürlich gibt es auch Bücher, die von Autoren veröffentlicht wurden, die genau das gleich Problem hatten. Hier findest du auch Vergleichsmaterial für deine Teile. Aber sind die Referenztauglich? Gerade in diesem Fall versuch dir doch nur mal vorzustellen, welche Gemeinsamkeiten das edle Stück mit einem Blatt hat.

Ansonsten steht immer noch meine Einschätzung als Restkern. Allemal ein Artefakt aus längst vergangener Zeit.

Gruß aus dem Rheinland,

der Steinsucher.