Eine NANO - Pfeilspitze aus dem späten Neolithikum im Rheinland

Begonnen von thovalo, 19. Januar 2012, 19:16:05

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thovalo

  :-)


Dieses Artefakt konnte ich Gestern auflesen und möchte es Euch gerne zeigen, weil es zu den kuriosesten Projektilen gehört die ich jemals gefunden habe.


Es handelt sich um eine durch Pflugschlag (entlang der Mittelachse der dabei teilweise ausgebrochenen Dorsalpartie sind Rostspuren des Pflugkontakts erhalten geblieben) beschädigte rautenförmige


                                            NANO-Pfeilspitze (von griech. nannos/lat. nanus: ,,Zwerg")


aus einem Beilklingenabschlag (auf Bild a4jpg sind auf den erhaltenen Dorsalpartien der rechten Seite die beschliffenen Stellen noch gut zu erkennen)


Länge: 16 mm (genau der Durchmesser der 1 Cent-Münze)


Aus der Bewaffnung des Ackerschollenzwergenkönigs zur Jagd auf Maulwürfe ..... Großwildjagd eben!


Vom Platz gibt es bereits eine im Gegensatz zu diesem Geschoß dickmadige Kleinstform eines gleichfalls rautenförmigen Projektils
und von einem Fundplatz in Sichtweite noch eine ebenfalls KLEINSTFORMATIGE absolut geometrisch dreieckige Geschoßspitze.


glG tomas  :winke:



PS:

als "Schlußbild" die erwähnte dreieckige KLEINSTAUSGABE neben einer Pfeilschneide aus einem MAASEI auf meiner Pranke!
Noch auf der Fundstelle "geknipst"!

Diese Miniaturpfeilspitze ist gleichfalls 16 mm "lang"!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

DonBilbo

Ui  :glotz: wofür wurde sowas winziges benutzt? Zur Maulwurfjad???   :narr:  doch nicht im Ernst, oder?

Reichte eine Pfeilspitze in der Größe bereits aus um einen voll ausgewachsenen Pfeil zu bestücken?
Turning and turning in the widening gyre
The falcon cannot hear the falconer
Things fall apart, centre cannot hold
anarchy is loosed upon the world

thovalo

#2
Zitat von: DonBilbo in 19. Januar 2012, 19:27:05
Ui  :glotz: wofür wurde sowas winziges benutzt? Zur Maulwurfjad???   :narr:  doch nicht im Ernst, oder?

Reichte eine Pfeilspitze in der Größe bereits aus um einen voll ausgewachsenen Pfeil zu bestücken?


Frag mich was leichteres ....... bin da völlich ratlos!     :schaem:


Prinzipiell gilt: diese Feuersteinstück(chen) in die Herzgegend eineschossen und nicht nur der Tag war zu Ende .......


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

reese

Vielleicht für die Jagd auf Singvögel, die werden ja Heute noch in einigen Ländern gern gegessen.
Gruß, Reese

queque

Zur Vogeljagd werden und wurden vor allem Projektile mit einer Kolbenform benutzt. Der traumatische Schock war tödlich und das Fleisch wurde/wird geschont.
:winke:
Bastl

Siebenpapagei

Hallo zusammen,

interessante Spitzen!

Ich habe schon des öffteren von Überlegungen hinsichtlich Kinderbögen und Pfeile, sowie Spielbeile in der Steinzeit gehört.
Es stellt sich die Frage, ab welchen Alters Kinder an die Jagd und Arbeit herangeführt wurden.
Da die Lebenserwartung in der Steinzeit nicht so hoch war, kann vermutet werden, dass Kinder so früh wie möglich bei der Jagd und Arbeit mithalfen.

Es gibt meines Wissens, keinerlei Belege vom Leben und Wirken der Kinder in der Steinzeit.
Wurden eigentlich schonmal reine Kindergräber entdeckt, mit Grabbeigaben? :nixweiss:

Ich kann mir jedoch Kinder mit kleinen Bögen und Beilen in der Hand gut vorstellen.
Jetzt gibt es sicherlich hier wieder einen Aufschrei, dass das ja alles nur Spekulation sei und wissenschaftlich nicht belegt. Dem ist auch so!
Aber ich finde die Vorstellung einfach interessant und wollte diese Idee einfach mal einwerfen. :-)

Gruß

7P

Steinkopf

@ 7P!

Es gibt in Schleswig im Schloss Gottorp eine Vitrine, in der dieses Thema
angesprochen wird:

Steinkopf

Meine kleinen Jäger bekamen keine Minispitzen sondern Korken auf die Pfeile gesteckt.
Schon wegen der Versicherung.

Extrem winzige Spitzen finden sich auch bei den Sahara Artefakten - publiziert wie auch
auf den diversen Mineral-Messen.

mfg
Jan

thovalo

Zitat von: Steinkopf in 20. Januar 2012, 22:29:57
@ 7P!

Es gibt in Schleswig im Schloss Gottorp eine Vitrine, in der dieses Thema
angesprochen wird:


DANKE
für die Bilder, hab ich noch nie gesehen!

Das sind ja Artefakte des Spät- oder Endneolithikums.
In dieser Zeit wurde der Mensch in den Bestattungstraditionen als Individuum deutlicher in den Vordergrund gestellt
und wurde Kindern im gelebten Alltag vielleicht auch mehr Aufmerksamkeit gewidmet.

Das Artefakt das ich hier als Bild mit anhänge ist bis in Details der Anlage von Retuschen in Nichts von einer spitznackigen Beilklinge zu unterscheiden. Es gibt im Rhein-Maasgebiet gerade mal eine Hand voll Fundnachweise von Miniaturbeilklingen aus Silex.
Dieser Fundbeleg datiert mit einiger Wahrscheinlichkeit in den Zeitabschnitt des Endneolithikums.

Reguläre neolithische Bestattungen von Babys sind wohl keine bekannt. Überreste von Kleinkindern finden sich aus dem älteren, mittleren und jüngeren Neolithikum in Europa kaum dokumentiert. Physische Überreste von Kinder und Jugendliche aus diesem weiten Zeitraum stammen, wenn überhaupt, aus Massengräbern.

Aus dem Spät- und vor allem dem Endneolithikum fanden sich Kinder gelegentlich zusammen mit Erwachsenen beigesetzt.
Im Fall des Fürsten von Leubingen erscheint der mit bestattet Körper eines Kindes eher schon als eine Form der Totenbeigabe.


Kindergräber mit regelrechter "Kinderbeigabenausstattung" aus Deutschland sind mir aus der Literatur nicht bekannt.


glG thomas  :winke:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

StoneMan

Moin,

@Jan, sehr interessant  :super:

Auch passend zum Thema NANO < (kleiner) 1 Cent :glotz:





Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Siebenpapagei

@Jan:

Vielen Dank für den Hinweis, ich muss wohl mal nach Schleswig fahren. :winke:

Steinkopf

Für alle, die sich für   S T E I N zeit begeistern können, ist Schloss Gottorf in Schleswig

                                                 http://www.schloss-gottorf.de/archaeologisches-landesmuseum
einen Besuch wert.
Im 2. und 3. Stock führt eine Fülle von Exponaten durch die Zeiten -
von ein bisschen Mousterien des Nordens über das Magdalenien, das Mesolithikum
und Neolithikum hin zu den Metallzeiten und den Wikingern.

Es ist noch ein Museum, welches (noch) nicht vom Zeitgeist entrümpelt und in die
architektonische Leere überführt wurde.

Ca. 2 km entfernt davon ist Haithabu. Ein Wikingermuseum mit einem Freiluftmuseum
wohin man allerdings einen beherzten Fussmarsch hinlegen muss.
                                                http://www.schloss-gottorf.de/haithabu/wikinger-haeuser

Allemal eine Reise wert!

Jan





thovalo

DANKE für die Bilder!

Dort war ich mal vor gefühlten 100 Jahren und hab nur noch die Moorleichen und das nahe gelegene Haithabu in Erinnerung!


glG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wutach

Hallo Jan,

schöne Bilder. Ich war auch schon zwei mal dort. Der Besuch lohnt sich immer. Man kann sich gar nicht satt sehen. Was da geboten wird, ist eigentlich zu viel für einen Besuch. Irgendwann ist die Aufnahmefähigkeit erschöft. Leider gibt es zu den vielen tollen Steinzeitfunden keine adäquaten bebilderten Bücher.

LG Marc.