Kleines Petschaft mit merkwürdigem Kreuz

Begonnen von St. Subrie, 19. November 2011, 21:58:40

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St. Subrie

Guten Abend,

heute auf einem Luzerne-Acker (Südwesteuropa) ein kleines Bronze-Petschaft gefunden. In der Mitte ein Kreuz,  oben gepfeilt und unten wie ein Runenzeichen für R endend. Rechts und links endet das Kreuz in Lilien. Eine solche Form des Kreuzes ist mir noch nie untergekommen, sie mutet jedenfalls eher "modern" an. Deshalb und der Lilien wegen würde ich einen Zusammenhang mit dem Pfadfinderwesen nicht ausschließen.
Die Umschrift kann ich nicht entziffern, es scheinen aber zweimal die Buchstaben ST (Sankt ?) vorzukommen, dann vielleicht ein religiöser Kontext? Die Umschrift könnte Lateinisch oder aber auch Französisch oder Spanisch sein.
Abdrücke  des Siegelbildes habe ich in Knetmasse gemacht.

Beste Grüße

stratocaster

Das Zeichen sieht mir sehr nach einer Hausmarke aus.
Hier mal ein Beispiel:
http://www.akpool.de/ansichtskarten/46559-ansichtskarte-postkarte-hiddensee-hausmarken-der-fischer-auf-hiddensee

Dass das Zeichen auf Deinem Fundstück nun von den Fischern aus Hiddensee stammt,
ist bei Deinem Fundgebiet doch sehr unwahrscheinlich  :dumdidum:

Ist ja nur ein Beispiel. Vielleicht findest Du bei Google mehr dazu.

Zum entziffern der Schrift wären besser aufgelöste und größere Fotos hilfreich  :glotz:

Gruß  :winke:

Ich bin mal gespannt, was Bert noch sagen wird  :belehr:
Instinktiv kommt mir die Petschaft etwas älter vor, vielleicht sogar Spätmittelalter
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

St. Subrie

Hausmarke ! Du könntest recht haben, Stratocaster. Jedenfalls springt die Ähnlichkeit der Hausmarken  mit dem Zeichen des Petschafts ins Auge, vielen Dank für Deinen Hinweis !
Werde erstmal feststellen, was "Hausmarke" in der Landessprache heißt, um dann weiter zu recherchieren. Bessere Fotos kriege ich mit meiner kleinen Kamera nicht hin, allerdings ist die Auflösung hier im Forum ja stark herabgesetzt. Wenn es der Sache dient, könnte ich die Fotos mit höherer Auflösung per Mail versenden, bei Interesse bitte PN.

Beste Grüße

St. Subrie

mc.leahcim

Hallo St.Subrie,
Ich habe auch als erstes an eine Hausmarke gedacht. Ich hab mal deine Bilder etwas größer reingesetzt.

Gruß

Michael

P.S. es ginge sogar noch größer. Siehe Kb unter den Bildern. Ich sag da nur IrfanView. Kostenlos im Internet.
Gum biodh ràth le do thurus. = Möge deine Suche erfolgreich sein (Keltisch/Gälisch)
Die soziale Kälte hilft nicht die globale Erwärmung aufzuhalten!!

Derfla

Ich sehe in diesem Teil eindeutig ein Siegel mit einem Monogramm. Derartige Monogramme kennen wir seit Karl dem Großen. Siehe auch Brunomonogramm von Würzburg. Die Schrift selber, weiterentwickelte karolingische Majuskelschrift, beginnt mit S.R. = Sigulum Regis ..... Wenn man die Schrift schärfer darstellen könnte, wäre sie sicherlich zu entziffern. Anbei möchte ich von mir einen Doppelknopf? darstellen aus Blei, 2.6 x 2.4 cm, mit einem ähnlichen Monogramm, mit dem ich überhaupt nicht weiterkomme.
Derfla  :winke:

stratocaster

Hier noch eine Bestimmungshilfe, wobei ich leider nicht mehr weiss,
woher ich die habe.
Instinktiv bleibe ich bei 15. - 16. JH

Gruß  :winke:
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St. Subrie

@ McLeahcim, Irfanview kannte ich noch nicht, danke für die Vergrößerung
@Derfla, wenn Du da wirklich SR (Sigulum oder Sigillum? Regis) liest, was würde das bedeuten ? So ungefähr daß jemand in der "besiegelten" Gnade des Königs steht? Oder wie anders wäre eine solche  Bezugnahme auf das Königssiegel zu verstehen? Bin hier etwas verwirrt.
Was Deinen Doppelknopf betrifft, ist auf dem "Mittelkreis" evtl. noch ein H zu erkennen ? Dann hättest Du es mit einem Christus-Monogramm zu tun : IHS. Die Pfeile nach oben und unten könnten dann quasi alpha und omega symbolisieren, wobei letztere an sich aber auch schon Symbole sind. Zugegeben, da ist viel Phantasie.
@Stratocaster, etwas vergleichbares zu "Hausmarken" in der Landessprache habe ich hier noch nicht ausfindig machen können, was aber nicht viel heißen will. Denn wieviele Menschen hätte ich wohl in D bis zur richtigen  Antwort ohne Ergebnis fragen können ?

Beste Grüße

St. Subrie


Grafschaft Mark

Eindeutig eine Hausmarke  :winke: denke 16. Jahrhundert!

Goatman

Zitat von: Derfla in 20. November 2011, 17:29:48
Anbei möchte ich von mir einen Doppelknopf? darstellen aus Blei, 2.6 x 2.4 cm, mit einem ähnlichen Monogramm,
mit dem ich überhaupt nicht weiterkomme.
Derfla  :winke:

Hi,
ein wirklich sehr interessantes Stück.
Bleiknöpfe kenne ich ab dem MA, aber mit diesem Muster :kopfkratz:
Danke fürs zeigen.

St. Subrie

Guten Abend,

ein in Religionssymbolik bewandertes Mitglied unseres Kulturvereins, Sektion Geschichte und Historisches Erbe,  hat mir das merkwürdige Kreuz folgendermaßen zu erklären versucht :

Die Winkel am unteren Ende des Kreuzes symbolisieren den Berg Golgatha, darauf das Kreuz. Der himmelwärts gerichtete Pfeil am oberen Ende weist auf die Auferstehung hin. Die Lilien an den Enden des Querbalkens symbolisieren die Reinheit Mariens bzw. unbefleckte Empfängsnis.
Immerhin eine Deutung, die mindestens punktuell nicht ganz unwahrscheinlich erscheint.

Findet sich vielleicht doch noch jemand, der wenigstens einzelne Buchstaben oder sogar Worte der schwierigen Minuskelschrift deuten kann ?

Beste Grüße

St. Subrie

stratocaster

Zitat von: St. Subrie in 24. November 2011, 23:04:18
Findet sich vielleicht doch noch jemand, der wenigstens einzelne Buchstaben oder sogar Worte der schwierigen Minuskelschrift deuten kann ?


Ich meine, dass das eine Majuskelschrift ist (Grossbuchstaben)
zum Entziffern sind aber  - trotz der Versuche von mc.leahim - bessere und vor allem schärfere Bilder
mit hoher Auflösung notwendig, finde ich.

Die Wachsabdrücke mal irgendwo auf einen Scanner legen ?

Gruß  :winke:
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St. Subrie

Kann es sein, daß sowohl Majuskel als auch Minuskel in der Umschrift enthalten sind? Das Original-Petschaft ist zur Zeit nicht bei mir, habe mich nach Eueren Hinweisen dennoch mal in die Fotos und Abdrücke reingekniet und glaube folgendes zu lesen, beginnend bei 12 Uhr :

S.P.oRToLa..ST.D.CArCASONa

Ein Buchstabe (hinter oRToLa) bleibt übrig, also stimmt in jedem Fall etwas nicht.

Ortola ist ein in Okzitanien gebräuchlicher Familienname. Carcasona ist der früher übliche, wohl okzitanische Namen für Carcassonne ganz im Süden Frankreichs (römischer Name: Carcasum).
Ich bitte um Nachsicht, falls mir hier oder da die Gäule der Phantasie durchgegangen sind.

Beste Grüße
St. Subrie

St. Subrie

Muß mich korrigieren : Carcasona ist tatsächlich eine ältere Form des Namens der Stadt. Es gibt aber noch eine weitere, nämlich  Carcaso. Und die ist meines Erachtens auf dem Petschaft zu lesen. Das hatte ich durcheinander gebracht.

St. Subrie

St. Subrie

Guten Tag,

inzwischen habe ich neue, haltbarere Abdrücke mit einer Knetmasse gemacht, die an der Luft aushärtet. Gleichzeitig habe ich das
Petschaft einer nochmaligen. sorgfältigen Reinigung unterzogen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, die Umschrift ist deutlich klarer zu erkennen.
Jetzt bitte ich Euch nochmals um Kommentare, auch zu der Frage, ob die bisherige Datierung (16. Jh.) auch bei klarer erkennbarer Buchstabenform bestehen bleiben kann.

Beste Grüße

St. Subrie

andreasluecke

Der Buchstabenstil bleibt deutlich noch den spätmittelalterlichen Majuskeln verhaftet... (gotisch-(gebrochene)Form.) Dennoch sind einige Buchstaben schon sehr modern ausgeschnitten. Ich denke 15.- 16. Jhdt. dürfte wirklich sehr passend sein.

St. Subrie

Danke, Andreas. Werde jetzt noch die Möglichkeit ausloten, archivalische Spuren des Herrn Ortola oder ganz und gar dessen Nachfahren ausfindig zu machen. So übermäßig weit ist es ja nicht nach Carcaso.
Gruß
St. Subrie

andreasluecke

Viel Glück!

Die Recherche ist nicht immer leicht! Ich hatte einmal das Glück ein hochmittelalterliches Petschaft zuordnen zu können... war aber viel Arbeit und mit vielen Rückschlägen verbunden.

Aber es ist schon ein besonderes Gefühl, wenn man einen Fund einer Person zuordnen kann!

St. Subrie


Guten Abend,

ein Anliegen hinsichtlich der Umschrift, die jetzt gut lesbar ist, hätte ich noch :

S:P:ORTOLA:F(oder)PVST:CARCASO

Die ersten beiden Buchstaben S und P dürften sich auf die Vornamen beziehen, der Familienname (ORTOLA) scheint klar, der Ort (CARCASO) auch.
Wofür aber stehen die Buchstaben FVST oder PVST, die zwischen zwei Trennzeichen ( : ) stehen? Bei der verwendeten Sprache könnte es sich im Hinblick auf den Ort Carcaso um das Okzitanische, das Mittelfranzösische oder aber, was ich für gut möglich halte, das Lateinische handeln. Wir wissen ja, daß im Lateinischen der Abkürzungen Legion waren, denkt man z.B. an den Abkürzungsdschungel auf römischen Münzen.
Sind jemandem die Abkürzungen FVST oder PVST schon mal untergekommen? Oder kann sich jemand einen Reim darauf machen ? So könnte man zum Beispiel bei PV.. an Pater venerabilis... denken.

Wahrscheinlich werde ich wohl an das Stadtarchiv in Carcassonne schreiben müssen, ein solches wird es ja hoffentlich geben.

Beste Grüße

St. Subrie

stratocaster

Hallo

Das "S" am Anfang dürfte aber für sigillum stehen. Das war in der Heraldik so üblich.
P wäre dann für den Vornamen.
Ein Hinweis noch: Oft wurden ja aus Platzgründen Buchstaben weggelassen.
Mal ganz ins Unreine: FVST könnte für FURST stehen (bitte nicht lachen, rein hypothetisch,
ist ja auch schon später Abend).
Entweder : Abkürzung wie bei den Münzen
Oder: Etwas anderes mit weggelassenen Buchstaben

Gruß  :winke:
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St. Subrie

Ich denke. Du bist auf der richtigen Spur, Stratocaster :
PVST = prevost = altfranzösisch für "der Vogt" (heute : prevot) ?
Okzitanisch muß ich noch recherchieren.
Gruß
St. Subrie

stratocaster

Zitat von: St. Subrie in 09. Dezember 2011, 08:25:01
Ich denke. Du bist auf der richtigen Spur, Stratocaster :
PVST = prevost = altfranzösisch für "der Vogt" (heute : prevot) ?
Okzitanisch muß ich noch recherchieren.
Gruß
St. Subrie

Das klingt doch gut:
P. Ortola, Vogt in Carcassonne im ca. 16. JH

Gruß  :winke:
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stratocaster

#21
Ganz schön alt der Beitrag  :zwinker:
St. Subrie hat mir kürzlich das Petschaft zum Reinigen zugeschickt (schreib mal was dazu  :-))
Interessant ist noch die Marke auf der Handhabenseite; war vorher nicht zu sehen.

Die Umschrift lautet genau:
+S:P:ORTOLA:PVST:D:CARCASO+

S steht für SIGILLUM
Ob das P nach dem S zum Vornamen gehört oder eine andere Bedeutung hat?
ORTOLA scheint der Name des Inhabers zu sein.
PVST ist - wie oben zu lesen - wohl Prevost = Vogt
D steht vielleicht für "de" d.h. "von"
CARCASO ist eindeutig die Stadt Carcassonne

Da das Petschaft sehr klein ist und oben auch eine Öse hat, vermute ich, dass es sich um ein "Reise-Petschaft" handelt,
denn so ein Vogt war sicher oft unterwegs und musste dabei auch Dokumente siegeln.

Ansonsten ist das Petschaft geradezu phantastisch erhalten  :super:

Gruß  :winke:
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St. Subrie

Wieder mal eine wunderbare Arbeit, lieber Strato ! Ich glaube, wir kommen jetzt peu a peu weiter mit dem Fund, die Umschrift ist jetzt gut zu lesen :
S : lat. sigillum oder altokzitanisch sageth
P : okzit. Peire oder Pau. /Peter oder Paul
ORTOLA scheint klar, Familienname
PVST : okzit. prevost /franz. prevôt
D : Domini, des Herren,  vgl.  A.D., Anno Domini
CARCASO : okzit. Carcassonne
Die Umschrift würde ausgeschrieben im Deutschen also lauten :
Siegel des Peter/Paul Ortola, Vogt des Herren in Carcassonne. Mit Herr ist zweifellos der König gemeint.

Ich komme morgen nochmal auf die Sache zurück, will noch einiges zum Fundort recherchieren (Beifunde) und habe Gedanken zur Frage, wie dieses Petschaft in ein Dörfchen im Vorland der Pyrenäen gekommen sein könnte.
Die Sache könnte  also spannend bleiben.

Vielen Dank jedenfalls für Deine Hilfe !

Mit allseitigen Gruß
St. Subrie (okzitanisch für St. Cyprian, Name einer untergegangenen Kapelle oberhalb unseres Dörfchens)

Fabulas

 :winke:

Was fÜr ein Beitrag! Bin schwer beeindruckt - macht Spaß so etwas zu lesen und zu sehen.

Viele Grüße
Anita

stratocaster

Zitat von: St. Subrie in 24. Juli 2022, 21:30:12

Ich komme morgen nochmal auf die Sache zurück, will noch einiges zum Fundort recherchieren (Beifunde)
und habe Gedanken zur Frage, wie dieses Petschaft in ein Dörfchen im Vorland der Pyrenäen gekommen sein könnte.


Ich denke, dass ein Vogt, der ungefähr die Funktion eines Notars hatte, nicht nur in seinem "Büro" residiert hat,
sondern auch oft weit herumgekommen ist, um z.B. vor Ort Besitzverhältnisse zu beurkunden.
Vielleicht ist im Archiv einer nahegelegenen Kreisstadt noch etwas vorhanden, mit dem Siegel des Vogtes.
Und im Archiv der Stadt Carcassonne dürfte der Vogt Ortola mit großer Sicherheit dokumentiert sein.
(Aus dem Berufsleben weiss ich, dass die Franzosen ebenso gründliche Bürokraten sind wie wir Deutschen.  :dumdidum:
Die tun nur so lässig.)

Bei "meinem" Reichsritter Engelbrecht aus Nassau, ist ja auch völlig ungeklärt geblieben, wie dessen Petschaft
völlig unversehrt nach Freinsheim in der Vorderpfalz gelangt ist. Im ausgehenden Mittelalter waren ja die Besitzverhältnisse
örtlich über große Entfernungen weit verstreut. Freinsheim hatte damals eine Wasserburg (die Reste des Burggrabens
sieht man in Maps und in der Realität bis heute), und solche Wasserburgen waren eine beliebte Übernachtungsmöglichkeit
für befreundete Sippen, die auf Reisen waren.

Ich bin mal gespannt, was bei Deinen Recherchen herauskommt, und von wann das Petschaft ist.
Ich schätze mal - wie oben schon vermutet - ca. 1500 - 1600

Gruß und viel Erfolg  :winke:
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

St. Subrie

Wie angekündigt möchte ich Euch den Fundkontext etwas näher vorstellen, in dem das Petschaft Ortola zutage kam :
Unser Dörfchen liegt auf einem kleinen Felsplateau, das nach Norden hin steil , nach Süden aber sanfter abfällt. Zentrum ist die uralte kleine Kirche, die hinsichtlich des integrierten Adelsturms (tour seigneural) bis in das 10 Jh. datiert wird. Der Steilhang  nach Norden hin geht schnell in einen sanften Hang über, an dem sich bis zum zentralen Flüßchen Weingärten, Felder und Wiesen samt kleiner Bachläufen hinziehen.
An einem solchen Bachlauf liegt die Fundstelle des Petschafts, zur Zeit des Fundes ein Luzerneacker mit vielen Metallfunden (solange die Luzerne nach dem Mähen noch kurz ist). Aber naturgemäß kaum eine Chance auf Keramikfunde.
Metall kam auf dem  kleinen Acker und auch auf benachbarten in den Jahren bis ca. 2016 eher reichlich zutage :

Schnallenbeschlag mit Restvergoldung, 13./14 Jh.
Beschlag in Form eines Krokodils, Restvergoldung, spätantik, 400 – 600 u.Z.
Schildbeschlag wie sie in Bändern auf Schilden vorkamen, mittelalterlich
Schnallenbeschlag mit Dekor und Restvergoldung, 15./16. Jh.
Bronzener Schlüsselanhänger mit Kreuzdekor durchbrochen gearbeitet, 15./16. Jh.
Zwei runde bronzene Kronenbohrer für Arbeiten in Holz, Spätmittelalter
Silbermünze Charles VII. ( 1422 – 1461)
Silbermünze Charles X., König der Liga (1589 – 1590)
Unbestimmtes kleines Bronzeobjekt, dem Anschein nach spätmittelalterlich
Fragment eines bronzenen Dekorelements, Rückseite flach, mittelalterlich ?
Und eben auch das Petschaft Ortola.
Fast alle diese Objekte habe ich im Laufe der Jahre hier im Forum vorgestellt. Sie deuten, so scheint es mir, auf die Existenz eines nicht gerade ärmlichen Bauernhofs im späten Mittelalter auf diesem Gelände hin.

Im Jahr 2016 hat sich für meine Arbeit mit der Sonde die Situation völlig verändert, denn ein junges Ehepaar hat genau auf diesen Grundstücken eine ökologisch betriebene Geflügelfarm begründet, die auch heute noch besteht und offenbar auch wirtschaftlich erfolgreich ist. Ich habe danach natürlich alle Prospektionsarbeiten auf dem Gelände eingestellt.

Was  das Petschaft Ortola betrifft, habe ich folgende Gedanken, die mir einigermaßen schlüssig erscheinen:
P. Ortola, der Vogt des Königs in Carcassonne (und Umland) wird die Abgaben der  Bauern, seinerzeit wohl auch Naturalabgaben, kaum persönlich bei jedem Bauern eingetrieben haben, er hat sich mit Sicherheit einiger Agenten bedient, die den Empfang der Abgaben in den Dörfern quittieren mußten. Und dabei dürfte das Petschaft oder die Petschaften des Vogts eine wichtige Rolle gespielt haben. Und wenn dabei auch einmal ein solches Petschaft verloren ging, wen wundert es ?

Ich gebe gerne zu, daß meine Schlußfolgerungen hinsichtlich des Petschafts keinen Anspruch auf Gewissheit erheben können.

Mit Grüßen in die Runde
St. Subrie


Fabulas

Zitat von: St. Subrie in 25. Juli 2022, 16:14:43
Wie angekündigt möchte ich Euch den Fundkontext etwas näher vorstellen, in dem das Petschaft Ortola zutage kam :
Unser Dörfchen liegt auf einem kleinen Felsplateau, das nach Norden hin steil , nach Süden aber sanfter abfällt. Zentrum ist die uralte kleine Kirche, die hinsichtlich des integrierten Adelsturms (tour seigneural) bis in das 10 Jh. datiert wird. Der Steilhang  nach Norden hin geht schnell in einen sanften Hang über, an dem sich bis zum zentralen Flüßchen Weingärten, Felder und Wiesen samt kleiner Bachläufen hinziehen.
An einem solchen Bachlauf liegt die Fundstelle des Petschafts, zur Zeit des Fundes ein Luzerneacker mit vielen Metallfunden (solange die Luzerne nach dem Mähen noch kurz ist). Aber naturgemäß kaum eine Chance auf Keramikfunde.
Metall kam auf dem  kleinen Acker und auch auf benachbarten in den Jahren bis ca. 2016 eher reichlich zutage :

Schnallenbeschlag mit Restvergoldung, 13./14 Jh.
Beschlag in Form eines Krokodils, Restvergoldung, spätantik, 400 – 600 u.Z.
Schildbeschlag wie sie in Bändern auf Schilden vorkamen, mittelalterlich
Schnallenbeschlag mit Dekor und Restvergoldung, 15./16. Jh.
Bronzener Schlüsselanhänger mit Kreuzdekor durchbrochen gearbeitet, 15./16. Jh.
Zwei runde bronzene Kronenbohrer für Arbeiten in Holz, Spätmittelalter
Silbermünze Charles VII. ( 1422 – 1461)
Silbermünze Charles X., König der Liga (1589 – 1590)
Unbestimmtes kleines Bronzeobjekt, dem Anschein nach spätmittelalterlich
Fragment eines bronzenen Dekorelements, Rückseite flach, mittelalterlich ?
Und eben auch das Petschaft Ortola.
Fast alle diese Objekte habe ich im Laufe der Jahre hier im Forum vorgestellt. Sie deuten, so scheint es mir, auf die Existenz eines nicht gerade ärmlichen Bauernhofs im späten Mittelalter auf diesem Gelände hin.

Im Jahr 2016 hat sich für meine Arbeit mit der Sonde die Situation völlig verändert, denn ein junges Ehepaar hat genau auf diesen Grundstücken eine ökologisch betriebene Geflügelfarm begründet, die auch heute noch besteht und offenbar auch wirtschaftlich erfolgreich ist. Ich habe danach natürlich alle Prospektionsarbeiten auf dem Gelände eingestellt.

Was  das Petschaft Ortola betrifft, habe ich folgende Gedanken, die mir einigermaßen schlüssig erscheinen:
P. Ortola, der Vogt des Königs in Carcassonne (und Umland) wird die Abgaben der  Bauern, seinerzeit wohl auch Naturalabgaben, kaum persönlich bei jedem Bauern eingetrieben haben, er hat sich mit Sicherheit einiger Agenten bedient, die den Empfang der Abgaben in den Dörfern quittieren mußten. Und dabei dürfte das Petschaft oder die Petschaften des Vogts eine wichtige Rolle gespielt haben. Und wenn dabei auch einmal ein solches Petschaft verloren ging, wen wundert es ?

Ich gebe gerne zu, daß meine Schlußfolgerungen hinsichtlich des Petschafts keinen Anspruch auf Gewissheit erheben können.

Mit Grüßen in die Runde
St. Subrie



Aber sehr schöne Geschichte. Könnte schon so gewesen sein.